Krefeld "Don Giovanni" in Schwarz-Weiß

Krefeld · Kobie van Rensburg verlegt die Oper ins New York der 20er Jahre.

 Frauen umschwärmen ihn - und er sagt niemals nein: Don Giovanni.

Frauen umschwärmen ihn - und er sagt niemals nein: Don Giovanni.

Foto: Matthias Stutte

Die Hölle bleibt Don Giovanni nicht erspart: Er muss büßen für den Mord am Komtur. Doch das Lynchkommando, das ihn ins ewige Feuer schicken will, sinnt nicht nur auf Rache für das Verbrechen. Der Mann im eleganten Anzug soll für alles bezahlen, was er verkörpert: Er ist ein Unbezähmbarer, ein Frauenheld, ein offenbar vom Glück Begünstigter. Wer sich über die Gesetze der Gesellschaft erhebt, erntet zunächst Bewunderung, später nur noch blanken Hass. So geht es Don Giovanni. Er ist ein Outlaw, faszinierend und unnahbar.

Der Südafrikaner Kobie van Rensburg hat Mozarts 1787 uraufgeführte Oper "Don Giovanni" in Krefeld in der Ästhetik eines "film noir" inszeniert. In fast schwarz-weißer Optik schafft er die unterkühlte Atmosphäre eines Genres, in dem die Ausweglosigkeit für den Helden Programm ist. Video-Elemente verwandeln die Bühne in das New York der Wilden 20er Jahre und erlauben rasend schnelle Schnitte und wechselnde Bilder. Durch Regen und Nebel flüchtet Giovanni vor seinen Verfolgern durch den nächtlichen Großstadtdschungel. Der Untergang eines Mannes, der von einem Erfolgserlebnis zur nächsten Bestätigung hetzt, hält das Publikum in Schach. Über mehr als drei Stunden ist auf der Bühne pausenlos etwas los. Elemente aus Film und Show brechen die melancholische Schwere auf. Sogar die humorvolle deutsche Neuübersetzung der italienischen Texte hüpft durch die Kulisse, in turbulenten Szenen purzeln die Buchstaben durcheinander. Van Rensburg spielt mit allen Möglichkeiten und zahllosen symbolträchtigen Details. Aber er verzettelt sich nie, sondern pumpt jede Figur mit Leben voll. Deshalb funktioniert das optische Gewitter.

Kapellmeister Alexander Steinitz hat im Graben viel zu tun, um die Niederrheinischen Sinfoniker und das Bühnengeschehen abzustimmen. Die Crew spielt voller Feuer: Martin-Jan Nijhof ist weniger testosterongesteuerter Schürzenjäger als charmanter Verführer, der seine Auserwählten umkreist wie ein Jäger seine Beute. Elegant fängt er jede mit dem richtigen Köder und hat stimmlich eine große Palette zu bieten - von der kühlen Tiefe bis in warme, alles verheißende Höhen. Wundervoll sind seine Dispute mit Leporello (Andrew Nolen glänzt stimmlich und komödiantisch). Elena Sancho Pereg bietet ihm als Donna Anna mit hochtourigem Sopran die Stirn, kraftvoll und in den Spitzen wie blitzender Stahl: eine versierte Spielerin mit dem Feuer. Auch Zerlina (Sophie Witte mit der schönsten Frauenstimme) und Elvira (Debra Hays) wollen verführen - wie Giovanni. Aber sie landen hart in der Wirklichkeit, statt im Höllenfeuer.

Kartentelefon 02151 805125

(RP)
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