Düsseldorfer Berater Helge Achenbach in U-Haft Das undurchschaubare Geschäft mit der Kunst

Düsseldorf · Der Fall des wegen Betrugsverdachts in U-Haft sitzenden Düsseldorfer Kunstberaters Helge Achenbach wirft viele Fragen auf. Wie ist die Kunstszene aufgebaut? Und welche Rolle spielen die dort tätigen Berater?

Kunstberater und Ex-Fortuna-Präsident: Das ist Helge Achenbach
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Kunstberater und Ex-Fortuna-Präsident: Das ist Helge Achenbach

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Foto: Endermann, Andreas

Für Außenstehende ist der Kunstmarkt schwer durchschaubar. Insider dagegen durchschauen ihn so gut, dass sie sich oft auch in seinen rechtlichen Grauzonen souverän zu bewegen wissen. Die Verhältnisse sind dabei häufig so kompliziert, dass der Übergang von Recht zu Unrecht fließend erscheint. Der Düsseldorfer Kunstberater Helge Achenbach, der zurzeit wegen Betrugsverdachts in Untersuchungshaft sitzt, könnte sich in dieser Zone bewegt haben. Doch noch gilt die Unschuldsvermutung. Wie der Kunstmarkt allgemein funktioniert, darauf richten wir im Folgenden einige Schlaglichter.

Warum die Welt Kunst-Agenten braucht Die Bezeichnung lautet "Art Consultant". Doch in Wirklichkeit bieten diejenigen, die diesen Beruf ausüben, meist weitaus mehr als Kunstberatung im Dienste eines Kunden, der sich eine Sammlung zulegen oder eine vorhandene erweitern will. Kunst-Agenten pflegen Kontakte zu Künstlern - woran die Sammler selbst oft nicht interessiert sind. Vielen geht es vor allem um eine Geldanlage, wenn sie Kunst erwerben. Vor der bohemienhaften Welt der Künstler und ihren Gepflogenheiten scheuen sie als Angehörige eines meist großbürgerlichen Milieus zurück. Der Sammler Peter Ludwig (1925-1996) zum Beispiel hatte zwar seine kunsthistorische Dissertation über Picasso verfasst und eine ansehnliche Kollektion von Werken des Spaniers erworben, doch den persönlichen Kontakt zu ihm hat er nicht gesucht.

Clevere Agenten umsorgen ihre Auftraggeber dermaßen, dass sie sich unter Umständen nicht nur um den Aufbau ihrer Kunstsammlung kümmern, sondern auch um ihre Gesundheit, um das Wohl der Familie und manches mehr. Viele Sammler wenden sich an einen Agenten, weil sie mehr als nur Kunst kaufen wollen: ein Konzept zur Ausgestaltung von Räumen zum Beispiel. Wer sich mit solch einem Ansinnen an einen Galeristen wendet, muss damit rechnen, dass der immer nur die von ihm vertretenen Künstler ins Spiel bringt. Selbstverständlich haben auch Agenten ihre Spezis unter den Künstlern, doch wenn die dem Auftraggeber nicht gefallen, können die Berater auch andere Namen in die Diskussion werfen.

Was die Kunstberater verdienen Ein Kunstberater ist zunächst beratend tätig. Er kann aber auch im Namen seines Auftraggebers Werke ersteigern oder kaufen, dann stellt er einen Mischtyp im Kunsthandel dar. Für seine Beratung erhält der Berater ein Honorar, das frei verhandelbar ist, während Galeristen durchschnittlich eine Marge von etwa 30 bis 50 Prozent des Verkaufspreises haben. Felix Ganteführer, Steueranwalt in Düsseldorf, erklärt, dass es verschiedene Modelle gibt. Es können Honorare auf Zeitbasis vereinbart werden, Pauschalen oder auch kaufbezogene prozentuale Beteiligungen, die je nach Wert des Objekts ausgehandelt werden. Das kann bei einem sehr hohen Preis bei drei Prozent liegen, bei einem geringen 15 Prozent oder mehr betragen - auf Verhandlungsbasis. In jedem Fall gibt es eine Verabredung zwischen Kunstberater und Auftraggeber, der erwarten kann, dass der Berater mit seinem internationalen Marktüberblick Kunst oder Objekte von hoher Qualität zum bestmöglichen Preis einkauft. Im Fall des verstorbenen Berthold Albrecht, an den Achenbach auch Oldtimer verkauft haben soll, wird dem Kunstberater der Bruch einer solchen Verabredung vorgeworfen, weswegen es zur Anzeige der Albrecht-Witwe Babette und zur Festnahme Achenbachs kam. Sein Honorar muss der Kunstberater versteuern. Dass die Durchsuchung des Achenbach-Hauses in Düsseldorf steuerrechtliche Hintergründe hat, schließt Ganteführer aus.

Einige Vermittler und Auktionshäuser forderten Gebühren sowohl vom Käufer als auch vom Künstler, sagt Rechtsanwältin Eva N. Dzepina. Diese Konditionen würden in der Regel vorher vereinbart. "Möglich, dass es da nun zu unterschiedlichen rechtlichen Bewertungen zwischen den Parteien gekommen ist", sagt die Expertin für Kunstrecht. "Bei einem so erfahrenen Experten wie Herrn Achenbach wären grobe Fehler oder vorsätzlicher Betrug sehr überraschend."

Wie der Kunstberater die Sammlung Rheingold aufbaute Vor zwölf Jahren wurde die niederrheinisch geprägte Sammlung Rheingold gegründet, ein Zusammenschluss vermögender Menschen aus der Region mit dem Kunstberater Achenbach. 2010 enthielt die Sammlung schon rund 1000 Werke inklusive der 300 Objekte umfassenden, im Jahr 2008 vom Kölner Sammler Reiner Speck auf Zeit hinzugegebenen Teilsammlung. Die Idee zu Rheingold hatte Achenbach, der Ansprechpartner, Geschäftsführer und Mitgesellschafter ist. Rheingold sammelt schwerpunktmäßig zeitgenössische Kunst und stellt sie in Kooperation mit großen Museen aus. Und man erhofft sich eine Wertsteigerung der neu entdeckten wie auch der bewährten Künstler. Ein Beirat mit Museumsfachleuten ist gemeinsam mit Achenbach für die Künstlerauswahl zuständig. Die Viehof-Brüder Eugen, Michael, Klaus und Bernd aus Mönchengladbach (ehemals "Allkauf"-Gruppe) und Hedda im Brahm-Droege sind die Hauptgesellschafter, die am langen Ende durch die Wertanlage in Kunst Erbschaftssteuervorteile genießen werden. Für die Sammlung Rheingold sagte gestern Eugen Viehof: "Wir kommentieren das nicht, denn es ist ein schwebendes Verfahren. Wir wissen relativ wenig. Achenbach hat sich selbst beschädigt." Nach wie vor, so Viehof, sei die Rheingold-Idee fantastisch, man wolle an der Grundidee festhalten. Mit seinen Gesellschaftern will er sich in Ruhe beraten, wie es weitergeht, wenn weitere Fakten feststehen. Viehof: "Die Kunstwelt ist sprachlos!"

Warum immer mehr Reiche in Kunst investieren Es ist nicht allein die bewundernde Liebe zu den schönen Künsten, sondern auch die erhoffte Wertsteigerung, die Menschen dazu verführt, Kapital in Kunst anzulegen. Angesichts von schmelzenden Zinsen für Geldanlagen erscheint das verlockend, ebenso der persönliche Imagegewinn. Wer heute etwas darstellen will, schmückt sich gern mit Kunst.

Wo in Deutschland die Kunst versammelt ist

Zu den großen Sammlern zeitgenössischer Kunst zählen Christian Boros, Frieder Burda, Friedrich Christian Flick, Ingvild Goetz, Julia Stoschek und Reinhold Würth. Doch die eigentlichen Stars sind die Künstler. Ihre Ateliers sind die Quelle des quirligen Kunstbetriebs.

(RP)
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