New-Fall-Festival in Düsseldorf Sébastien Tellier im Tanzhaus NRW

Düsseldorf · Es war ein grandioser Abschluss des New-Fall-Festivals in Düsseldorf mit Sébastien Tellier im Tanzhaus. Mit über 10.000 Besuchern wurde eine neue Rekordmarke des Festivals erreicht. 2015 soll es eine Neuauflage geben.

Kaiser Chiefs und Sébastien Tellier beim New Fall Festival
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Kaiser Chiefs und Sébastien Tellier beim New Fall Festival

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Für viele im fast ausverkauften Tanzhaus NRW in Düsseldorf war es die Erfüllung eines Traumes. Sébastien Tellier aus Paris live erleben, das konnte man in Deutschland bisher kaum. Ein schöner Coup von den Veranstaltern des vierten New-Fall-Festivals, ihn am Abschlussabend auf der großen Bühne des Tanzhauses zu präsentieren, der Spielstätte für zeitgenössischen Tanz.

Tellier gilt als enfant terrible und verteidigte diesen Ruf. Bärtig, zauselig und mit Sonnenbrille betritt er die mit viel Aufwand gestaltete Bühne, einen Unterwassergarten. Mit der schwarzen Kappe wirkt Tellier wie ein derangierter Motorradheld, und seine Vorliebe für ausufernden, teils klassisch versetzen Rock kommt nicht von ungefähr. Telliers Vater spielte in der französischen Prog-Rock-Band Magma.

Wer sich dazu die sensible Chansonkunst eines Serge Gainsbourg und die kühl-romantischen Melodiebögen von Air vorstellt, hat die Welt des Künstlers einigermaßen vermessen. Stilistische Scheu kennt er nicht. Das ist immer spannend, aber nicht immer schön. Tellier kann das musikalische Universum seiner Zuhörer erschüttern. Da geht es vom treibenden Instrumental "La Ritournelle" über psychedelischen Rock bis zu Samba- und Reggae-Anleihen. Dass dabei der Keyboarder zuweilen die Oberhand gewinnt, darf als leichter Wermutstropfen gelten. Eine exakt getimte Lichtshow mit flackernden Stroboskop-Effekten versetzt einen in Zeiten, an die man sich kaum erinnern kann.

Als Gegensatz zu all der Perfektion, vor allem auch der Rhythmus-Sektion, gibt sich Tellier das ein oder andere Mal als leicht verpeilter Conferencier, der schlechte Witze macht und ziemliche Mengen an Pils in sich hineinschüttet, bis er fast die Fassung verliert. Dann fängt er an zu jammern, wie schwer es doch sei, so ein zweistündiges Konzert durchzustehen.

Und dann doch wieder diese Präzision. Dass er sich zwischendurch als "Genie" bezeichnet, scheint keine falsche Einschätzung. Der Abend beweist, dass französische Popmusik keine Grenzen kennt, sich gerne überall bedient und gerade im Fall des Diebstahls am interessantesten wirkt.

Ein exzellenter Sound machte den letzten Abend des diesjährigen New-Fall-Festivals zu einem besonderen. Mit über 10.000 Besuchern wurde eine neue Rekordmarke erreicht, die Konzerte von Erlend Øye, Mulatu Astatke und Sébastien Tellier zählen bereits zu den Höhepunkten des Jahres. Die Konsequenz - vom 29. Oktober bis 1. November 2015 findet das nächste New-Fall-Festival statt.

(RP)
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