Kunstmuseum Solingen macht Oscar Zügel bekannt

Solingen · Immer wieder stellen Museen und Galerien Werke von Künstlern vor, die aus ihrer Sicht zu Unrecht vergessen oder noch nicht entdeckt worden sind. Schaut man sich die Bilder dann an, gelangt man in 90 Prozent der Fälle zu der Überzeugung, dass der Fülle der Sammler, Kritiker und Museumsdirektoren letztlich doch nichts entgangen ist. Meistens hat es seinen Grund, dass ein Künstler, eine Künstlerin nicht zu denjenigen zählt, deren Namen jeder kennt. Angesichts Hunderttausender von Künstlern ist das auch keine Schande.

 Museumsdirektor Rolf Jessewitsch spricht im Kunstmuseum Solingen über das Bild "Sieg der Gerechtigkeit" des Künstlers Oscar Zügel.

Museumsdirektor Rolf Jessewitsch spricht im Kunstmuseum Solingen über das Bild "Sieg der Gerechtigkeit" des Künstlers Oscar Zügel.

Foto: dpa, bt

In Solingen bietet sich jetzt wieder einmal eine Gelegenheit zu erkunden, ob ein unbekannter Künstler zu Unrecht unbekannt geblieben ist. Das Kunstmuseum stellt Oscar Zügel vor, einen 1882 bei Stuttgart geborenen, 1968 in Spanien gestorbenen Maler, der mit einem Teil seines Werks der Neuen Sachlichkeit angehört. Hier lautet die Frage: Wäre Zügel heute so bekannt wie etwa Willi Baumeister und Paul Klee — mit denen er befreundet war —, wenn die Nationalsozialisten ihm nicht in Deutschland die Lebensgrundlage entzogen und ihn ins spanische Exil getrieben hätten?

Wer die Solinger Schau durchstreift, findet rasch den Grund für den geringen Bekanntheitsgrad des Künstlers: Seine eigenständigste Periode endete bereits 1933, 1934. Damals malte er Bilder im Stile Fernand Légers und anderer Kubisten — keineswegs Imitationen, sondern Weiterentwicklungen. Das verkaufte sich bis 1933 gut. Die Serie der frühen Bilder gipfelt in der 1933 entstandenen Komposition "Der Propagandaminister", einem monströsen Porträt Joseph Goebbels', der hier mit zwei riesigen Genitalien erscheint. Das Bild steckt auch sonst voller Anspielungen und Symbole und zeugt damit von einer starken Inhaltsbezogenheit des Zügelschen Werks. Jedes Detail scheint mit Bedeutung befrachtet zu sein — und so etwas wird der Kunst leicht zum Verhängnis. Da vermisst man etwas, das große Kunst auch ausmacht: ein Geheimnis.

Die Ausstellung zeichnet nach, wie Zügel zum Kubismus kam und wie er danach in flammenden Kompositionen zwischen Figürlichkeit und Abstraktion von Spanien aus Hitler-Deutschland geißelte. In der Künstlerkolonie "Tossa de Mar" lernte er unter anderem Chagall kennen. Vor der Franco-Hitler-Allianz floh er nach Argentinien, später kehrte er nach Spanien zurück. In den 50er und 60er Jahren malte er Landschaften, Tiere, auch Clowns. Nach wie vor zählten ebenso Krieg und die Diktatur des Nationalsozialismus zu seinen Themen.

1951 stellte Zügel fest, dass ein Teil seiner Werke die Hitler-Zeit unbeschadet in einem Keller der Stuttgarter Staatsgalerie überstanden hatte. Sie sind jetzt in Solingen zu sehen.

Ist Zügel nun zu Unrecht vergessen? Unbestritten sind seine Werke bedeutende Zeugnisse ihrer Zeit, auch eines mutigen Widerstands. Doch an Baumeister oder Chagall reicht Zügel nicht heran. Dazu war er ästhetisch nicht kühn genug. Auch das zeigt die Solinger Schau.

Kunstmuseum Solingen, Wuppertaler Straße 160, bis 11. Mai; Di.—So. 10—17 Uhr; Eintritt: 6 Euro, ermäßigt 3 Euro

(RP)
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