Ruhrfestspiele in Recklinghausen Ute Lempers neuer Liederabend umjubelt

Recklinghausen · Erst vor einem Jahr war Ute Lemper mit ihrer Vertonung von Neruda-Liebesgedichten unterwegs. Jetzt hat sie sich in die Texte eines weiteren Südamerikaners vertieft: Paulo Coelho. Das Publikum war von der Uraufführung bei den Ruhrfestspielen begeistert.

 Schon bei der Programmvorstellung hatten die Ruhrfestspiele Ute Lemper dabei.

Schon bei der Programmvorstellung hatten die Ruhrfestspiele Ute Lemper dabei.

Foto: dpa, fdt

Schon bei der Programmvorstellung im Januar hatten die Ruhrfestspiele Ute Lemper dabei. Am Samstagabend betrat der aus Münster stammende Musical- und Chansonstar nun selbst die Bühne - mit einer Uraufführung. 100 Minuten dauerte die Show, in der die 51-Jährige Texte des brasilianischen Schriftstellers Paulo Coelho interpretierte. Nach wenig Szenenapplaus fiel der Schlussjubel des Publikums für Lempers "Die Schriften von Accra - 9 Geheimnisse" umso größer aus.

Ute Lemper tritt nicht nur selbst auf, sie hat auch die Idee, das Konzept und die Musik für ihren neuen Abend beigesteuert. Die Texte hat sie dem Coelho-Buch "Die Schriften von Accra" entnommen und noch einen Helfer mit klingendem Namen gewonnen: Für die "Cinematische Einrichtung" zeichnet Filmregisseur Volker Schlöndorff verantwortlich. Die Ruhrfestspiele firmieren als Produzent - deshalb ging auch die Premiere am Samstag über die Bühne des Großen Festspielhauses in Recklinghausen.

Wenn das Publikum in den Zuschauerraum kommt, ist der Vorhang bereits offen. Links steht ein Flügel, rechts hockt ein Musiker mit einer arabischen Gitarre auf einem Podium. Ute Lemper lässt ihr ungeduldig werdendes Publikum warten, dann kommt der Rest des sechsköpfigen Orchesters, das wegen der arabischen Gitarren, aber auch wegen des Bandoneons oft exotisch klingt.

Auf den weißen Rundhorizont wird eine südliche Landschaft mit Ruinen projiziert, ein Tag vergeht, vom Morgen über Mittag und Abend zur Nacht, und Ute Lemper ist die ganze Zeit auf der Bühne. Sie ist in blendender Form. Den 100-Minuten-Auftritt meistert sie ohne sichtbaren Kraftverlust. Ihre Stimme schafft mühelos den Übergang vom Sprechen zum Gesang, vom Chanson zum Jazz. Sie trägt eine lange blaue Robe, die ihre schlanke Gestalt und ihre tänzerischen Bewegungen unterstreicht. Nur wenn die Lemper dem Publikum ihren Rücken zuwendet und die Hüften schwingt, streift sie das Unfreiwillig-Komische.

Die Themen sind vielfältig. Von "Schönheit" geht es über "Liebe" und "Solitude" (Einsamkeit) bis zu "Hingabe, Sex". Einer der interessanteren Texte setzt sich mit "Erfolg" auseinander: "Menschen, die nur Erfolg suchen, werden ihn selten finden, denn er ist kein Ziel an sich, sondern die Folge von etwas." - Diese etwas wolkige Einsicht kehrt sich gegen ihre Urheberin - allzu offensichtlich sucht die in New York lebende Ute Lemper mit ihrem neuen Abend den Erfolg.
Die Figur des Stars, der polyglott durch die Welt streift und Weisheiten hinter sich lässt, soll imponieren.

Doch die Texte, die gern die Form des Aphorismus annehmen möchten oder vor Imperativen strotzen, halten näherer Betrachtung häufig kaum Stand und erscheinen eher banal. Auch schaut Ute Lemper allzu oft in den Bühnenhimmel, als sei sie entrückt. Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihre Figur für manchen zu wenig Substanz hat. Mit Marlene Dietrich beispielsweise kann sich Ute Lemper nicht messen, keines ihrer Chansons erreicht die Treffsicherheit von "Sag mir, wo die Blumen sind".

Nur einmal gelingt es der Darstellerin, ihre Zuschauer zu Szenenapplaus zu animieren. Das Uraufführungspublikum spart aber nicht mit Schlussbeifall. Es steigert sich, bis ein großer Teil der Zuschauer sich erhebt und schließlich stehend applaudiert. Lemper wirkt wie erlöst.

(dpa)
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