Redakteurin verklagt Kabarettisten WDR wehrt sich gegen weiteren Somuncu-Vorwurf

Köln · Eine WDR-Journalistin hat den Kabarettisten Serdar Somuncu verklagt, weil er sie beleidigt haben soll. Der Comedian kritisiert nun vermeintliche Zensur im deutschen Fernsehen.

 Der Kabarettist Serdar Somuncu.

Der Kabarettist Serdar Somuncu.

Foto: Wortart

Der Tag, an dem ein Serdar Somuncu klein beigibt, ist noch nicht gekommen. Eine WDR-Redakteurin hatte gegen den 48-jährigen Kabarettisten einen Anspruch auf Unterlassung abgegeben, weil dieser sie auf einer Veranstaltung im November 2015 "Arschloch" und "Keimzelle des Faschismus" genannt und ihr Zensur vorgeworfen haben soll. Somuncu selbst machte daraufhin den juristischen Vorgang auf seinem Facebook-Account überhaupt erst bekannt. Knapp einen halben Tag prangte daraufhin ein "Zensiert" über seinem Facebook-Account.

Der WDR stellte sich an die Seite seiner Redakteurin. "Wir unterstützen sie dabei, da wir nicht dulden, dass unsere Mitarbeiterin öffentlich als ,Keimzelle des Faschismus‘ oder ,Arschloch‘ bezeichnet wird." Somuncu warf daraufhin dem WDR vor, seine Zitate sinnentstellt wiedergegeben zu haben, "um den eigentlichen Vorwurf der Zensur zu vertuschen."

Durch den Vorgang bekommt nun auch das Video der Veranstaltung eine Aufmerksamkeit, die es vorher nicht hatte. Dieses zeigt, dass es Somuncu um viel mehr ging als eine WDR-Redakteurin. Im November 2015 hatte Somuncu sich vor Publikum zwei Stunden von der Journalistin Mely Kiyak interviewen lassen. Dort sagte er, dass fast alle seine Fernsehauftritte geschnitten worden seien: "Da ist der Rotstift gezückt wie eine Waffe in der Tasche." Am Ende nennt er Namen, darunter Thomas Hermanns vom "Quatsch Comedy Club" (ProSieben) und die WDR-Redakteurin. "Diese Arschlöcher nehmen sich raus, uns im Namen der Gebührenzahler zu zensieren. Und das war für mich die Keimzelle des Faschismus."

In seinem Buch "Der Adolf in mir" konkretisiert Somuncu die Zensur-Vorwürfe. Über eine WDR-Sendung schreibt er, die zuständige Redakteurin habe nach seinem Auftritt verkündet, "ich stünde ab sofort auf der roten Liste für unerwünschte Gäste". Der WDR bestreitet das. "Dieser Satz ist so nie gefallen", sagte eine Sprecherin. "Herr Somuncu hatte zudem nach der Sendung Auftritte in weiteren von der Redakteurin verantworteten Sendungen."

"Fast in jeder Sendung wurde nachträglich gestrichen"

Über die Ausstrahlung seines Auftritts im "Quatsch Comedy Club" schreibt er: "Das Ding war vollkommen verstümmelt." Nach eigenem Bekunden war das geschehen, weil den Verantwortlichen der Humor nicht geschmeckt habe, der sich auch ironisch gegen die Sendung selbst gerichtet habe. Somuncus Fazit: "Fast in jeder Sendung, in der ich in den letzten 20 Jahren aufgetreten bin, wurde nachträglich gestrichen. Mal, weil es den Werbepartnern nicht passte, mal, weil es der Redakteur zu heikel fand."

Sein Kollege Martin Sonneborn (Die Partei, Titanic) pflichtet Somuncu bei: "Zensur wird natürlich in vielen Medien in allerlei Formen betrieben. Wenn es nicht so wäre, würden wir auch die intelligenteren Gesellschaftskritiker wie Lisa Politt und Georg Schramm öfter sehen. Nachdem meine Wortbeiträge in einer Markus-Lanz-Sendung im Schnitt mal fast bis auf Begrüßung und Verabschiedung reduziert wurden, habe ich mich entschlossen, nur noch in Live-Sendungen zu gehen."

Der "Quatsch Comedy Club" ließ eine Anfrage unserer Redaktion unbeantwortet.

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