Jugendämter in NRW 12.259 Kinder aus Familien geholt

Düsseldorf · Die Jugendämter in NRW ergreifen häufiger Schutzmaßnahmen für Minderjährige. Dabei handelt es sich vor allem um zeitlich befristete "Inobhutnahmen". Die können bis zu 80.000 Euro pro Jahr kosten.

Jugendämter in NRW: 12.259 Kinder aus Familien geholt
Foto: AP, AP

In Nordrhein-Westfalen ist im vergangenen Jahr die Zahl der Schutzmaßnahmen für Minderjährige um 6,8 Prozent gestiegen: 12.259 Mal wurden Kinder und Jugendliche von den Jugendämtern aus ihren Familien geholt. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes waren im Jahr zuvor insgesamt 11.475 Fälle registriert worden.

Bei der Mehrzahl der Schutzmaßnahmen handelt es sich um sogenannte Inobhutnahmen, mit denen die Kinder und Jugendlichen zeitweise in Jugendhilfe-Einrichtungen oder bei Pflegefamilien untergebracht werden, die dafür Geld aus öffentlichen Kassen bekommen. In 364 Fällen wurden die jungen Menschen sogar dauerhaft aus ihren zerrütteten Familien geholt. Nach Angaben des Finanzministeriums kostet in Köln die Inobhutnahme eines Kindes bis zu 80 000 Euro im Jahr.

Bei rund einem Drittel (4057) der betroffenen Kinder und Jugendlichen handelt es sich um Ausländer. Erfasst sind in dieser Zahl aber auch 1519 Fälle von unbegleitetem Einreisen aus dem Ausland. Dies gelte insbesondere für südosteuropäische Staaten, sagte der Kommunalexperte der Bertelsmann-Stiftung, Karl Janssen, unserer Zeitung.

Im Gegensatz zu früheren Jahren sind in Nordrhein-Westfalen 2013 deutlich mehr Jungen (6166) als Mädchen (5726) zu ihrem eigenen Schutz aus dem Elternhaus geholt worden. In 2831 Fällen geschah dies auf ihren eigenen Wunsch; in 1006 Fällen hatten die Eltern dies gefordert. In der überwiegenden Zahl der Fälle (9064) schritten die Behörden jedoch ein, nachdem sie aus der Nachbarschaft oder von Verwandten, Schulen oder der Polizei Hinweise auf besorgniserregende oder chaotische Zustände bekommen hatten. Daten darüber, wie viele Eltern sich gegen die Herausnahme ihrer Kinder juristisch zur Wehr gesetzt haben, liegen aber weder dem Statistischen Landesamt noch dem zuständigen Landesfamilienministerium vor.

Familienministerin Ute Schäfer (SPD) verwies gestern bei der Ankündigung eines NRW-Familienberichts für 2015 auf das vor zwei Jahren gestartete Modellprojekt "Kein Kind zurücklassen - Kommunen in NRW beugen vor", an dem sich 18 Städte und Kreise beteiligen. Mit gezielten Präventionsmaßnahmen sollen Fehlentwicklungen verhindert oder so früh wie möglich erkannt und behoben werden. Den Familien soll ein umfassendes Beratungsangebot gemacht werden. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) will dazu Ende des Monats eine Zwischenbilanz vorlegen.

Mit dem Familienbericht - der bisher letzte ist vor 25 Jahren erschienen - geht NRW laut Schäfer neue Wege. Es würden darin nicht nur Statistiken und Studien ausgewertet und Handlungsoptionen für die Familienpolitik aufgezeigt, sondern auch Familien sollen in dem Bericht mit ihren Einschätzungen und Wünschen zu Wort kommen.

(RP)
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