70 Jahre CDU-Fraktion Ein Ansporn von der Kanzlerin

Düsseldorf · Zu ihrem 70. Geburtstag bekam die CDU-Fraktion im Landtag Besuch von Angela Merkel. Die Parteichefin gratulierte und richtete den Blick nach vorn. Streit sei wichtig, sagte Merkel. Damit hat die NRW-CDU Erfahrung.

 Angela Merkel, Fraktionschef Armin Laschet (l.) und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe am Freitag vor der Feierstunde.

Angela Merkel, Fraktionschef Armin Laschet (l.) und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe am Freitag vor der Feierstunde.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Als die CDU-Fraktion am Freitag im Landtag ihr 70-jähriges Bestehen feierte, würdigte Bundeskanzlerin Angela Merkel natürlich erst einmal die Verdienste ihrer Parteifreunde. "In der Anfangszeit dieses Bundeslandes stellte die CDU die Weichen, und die Bundesrepublik blühte auf", sagte die Kanzlerin im Rückblick auf Größen der nordrhein-westfälischen Nachkriegs-CDU wie den früheren Ministerpräsidenten Karl Arnold (1947-1956).

Aber sie beschränkte sich nicht auf Komplimente. "70 Jahre sind ein guter Anfang", rief sie halb fordernd, halb im Scherz in den Plenarsaal, wo rund 300 Jubiläumsgäste aus Kirche, Politik, Kunst und Sport Platz genommen hatten. Der kräftige Applaus, mit dem die Prominenz die Kanzlerin begrüßte, wirkte fast schon wie eine Solidaritätsnote an Merkel, die wegen ihrer Flüchtlingspolitik auch in der eigenen Partei in der Kritik steht.

Die Kanzlerin widerstand der Versuchung, die Geschichte der NRW-Fraktion harmonisch zu verklären. Angesichts der Rivalitäten, die sich bis heute durch die Fraktion ziehen, sagte Merkel: "Man ahnt, dass es auch in der Frühphase schon hoch herging." Aber "der Streit ist wichtig", sagte Merkel, "weil in der heutigen Zeit keiner die perfekte Antwort hat auf das, was wir in den nächsten 20 Jahren tun sollen". Zu schnell werde der fruchtbare Disput heute als negativ abgetan: "Wir sollten in diesen Tagen alles daran setzen, eine gute Streitkultur zu entwickeln." Auch Fraktionschef Armin Laschet bekannte sich zur Auseinandersetzung: Schon weil "Populisten versuchen, dieses Haus als Meinungskartell zu diffamieren", sei Streit wichtig. Laschet war in der Fraktion selbst lange umstritten.

 Parteifreunde und Rivalen im jungen Nordrhein-Westfalen: Konrad Adenauer (l.) und Karl Arnold.

Parteifreunde und Rivalen im jungen Nordrhein-Westfalen: Konrad Adenauer (l.) und Karl Arnold.

Foto: RP-Archiv

Streitlust ist kein Alleinstellungsmerkmal der aktuellen CDU-Fraktion. Das begann schon mit dem ersten Fraktionschef, dem späteren Kanzler Konrad Adenauer: Mit Argwohn verfolgte er den Linkskurs seines Fraktionsfreundes Karl Arnold. Vergebens versuchte Adenauer, Arnolds Aufstieg zum Ministerpräsidenten zu bremsen. Auch Regierungschef Franz Meyers (1958-1966) bekam den Widerstand der eigenen Fraktion zu spüren, etwa bei seinem Bemühen, mit staatlichen Symbolen das Landesbewusstsein zu beflügeln. 1966 wurde er durch ein Bündnis aus SPD und FDP gestürzt.

Zur Landtagswahl 1970 bewarb sich der so betuliche wie schlitzohrige CDU-Fraktionschef Wilhelm Lenz um die Spitzenkandidatur, doch auch Meyers signalisierte Interesse. In dem Gerangel setzte sich ein "Seiteneinsteiger" aus der Bundespolitik durch: Heinrich Köppler. Mit ihrem neuen Hoffnungsträger erreichte die NRW-CDU zwar 46,3 Prozent, aber gegen das sozialliberale Bündnis unter Heinz Kühn war nichts auszurichten.

Nach der Wahl 1980, bei der die SPD erstmals die absolute Mehrheit holte (und die FDP mit 4,98 Prozent aus dem Landtag flog), führte Kurt Biedenkopf, ein brillanter Analytiker, die Landtagsfraktion an. Seine professorale Attitüde lag indes nicht jedem. Seine Nachfolger waren sein Rivale Bernhard Worms und Helmut Linssen. Der spätere Finanzminister galt als Statthalter von CDU-Landeschef Norbert Blüm, der kein Landtagsmandat besaß.

Bundesarbeitsminister Blüm, Herausforderer von Johannes Rau, gab im Landtagswahlkampf 1990 indes zu verstehen, dass er im Fall einer Wahlniederlage nicht die Kärrnerarbeit als Oppositionsführer in Düsseldorf übernehmen werde. Das rächte sich am Wahltag. Umso unverständlicher, dass sich 2012 Spitzenkandidat und Bundesumweltminister Norbert Röttgen beharrlich weigerte, sich klar zu Düsseldorf zu bekennen. Röttgen kassierte dafür das für die Landespartei schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten.

Seit 2013 ist Armin Laschet Fraktionschef. Nach aktuellen Umfragen liegt die CDU knapp unter, die SPD knapp über 30 Prozent. Was die Bundeskanzlerin so kommentierte: "Die Opposition von heute ist immer die Regierung von morgen."

(RP)
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