AfD-Wahlerfolg in Berlin Wird das Ruhrgebiet zum Marzahn NRWs?

Düsseldorf/Berlin · In keinem anderen Berliner Stadtteil kam die AfD bei den Wählern so gut an wie im Problembezirk Marzahn-Hellersdorf. Einige vermuten nun, dass sich das Ruhrgebiet wegen ähnlicher Voraussetzungen auch zu einer AfD-Hochburg entwickeln könnte.

 Die AfD kam bei der Berlin-Wahl am Sonntag insgesamt auf 14,2 Prozent der Stimmen. Zur Feier des Tages gab es Mett.

Die AfD kam bei der Berlin-Wahl am Sonntag insgesamt auf 14,2 Prozent der Stimmen. Zur Feier des Tages gab es Mett.

Foto: dpa, axs

23,6 Prozent - so viel Zustimmung erhielt die Alternative für Deutschland (AfD) bei der Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses am Sonntag im Stadtteil Marzahn-Hellersdorf. In keinem anderen Berliner Bezirk war die AfD erfolgreicher, die insgesamt auf 14,2 Prozent der Wählerstimmen kam. Dass die 2013 gegründete Partei vor allem in den Problembezirken im Osten Berlins abräumte, in denen die Arbeitslosigkeit besonders hoch ist, ist ein Trend, der zuvor schon bei anderen Wahlen zu beobachten war.

Auch im Ruhrgebiet gibt es ähnlich wie in Marzahn viele strukturelle Probleme und Menschen ohne Arbeit. Könnte sich auch der Ballungsraum mit seinen fünf Millionen Einwohnern zu einer AfD-Hochburg entwickeln? So schreibt etwa das Blog "Ruhrbarone":

Doch sind die Sorgen auch berechtigt? Ulrich von Alemann ist emeritierter Professor für Politikwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Er sagt: "Dass sich das Ruhrgebiet zu einer AfD-Hochburg entwickeln wird, würde ich aktuell nicht sagen. Aber dass die Partei auch dort deutlich Stimmen abschlägt, ist sehr wahrscheinlich."

"AfD wird Märtyrerstatus verlieren"

Für die NRW-Landtagswahl sei die AfD gesetzt, sagt von Alemann. Doch die Berlin-Wahl habe auch gezeigt, dass sich die Sensationserfolge der AfD bei den vergangenen Landtagswahlen nicht beliebig wiederholen lassen. "Den Nimbus bzw. Märtyrerstatus wird die AfD verlieren. Sie werden sich in den Parlamenten etablieren und in den Bezirksvertretungen künftig auch Verwaltungsaufgaben übernehmen müssen."

Die AfD müsse zudem aufpassen, sich nicht nicht von der Pegida-Fraktion innerhalb der Partei vereinnahmen zu lassen. "Das würde zu einer deutlichen Abschwächung der AfD führen", vermutet von Alemann.

Marzahn und das Ruhrgebiet ließen sich in den Augen des Politologen durchaus miteinander vergleichen. "In beiden Gebieten ist die Zahl der Arbeitslosen hoch, ebenso groß die Politikferne der Bevölkerung. Das könnte bei vielen Menschen dazu führen, eine Protestpartei wie die AfD zu wählen."

Wegen der zu erwartenden Erfolge der AfD bei der Landtagswahl am 14. Mai in Nordrhein-Westfalen rechnet von Alemann zudem mit Schwierigkeiten bei der Koalitionsbildung. "Mit der AfD im Düsseldorfer Landtag wird es in NRW wohl weder für Schwarz-Grün noch Rot-Grün reichen", sagt von Alemann. Deswegen rechnet er mit einer großen Koalition.

"Ruhrgebiet und Marzahn sind zwei paar Schuhe"

Alexander Häusler ist Sozialwissenschaftler und AfD-Experte. Im Gegensatz zu von Alemann glaubt er nicht, dass ein Vergleich zwischen Marzahn und dem Ruhrgebiet zulässig ist. "Das sind zwei paar Schuhe. Es gibt keinen Automatismus, der besagt, dass im Mai die NRW-Bürger in Essen-Nord oder in bestimmten Stadtteilen in Duisburg die AfD wählen, nur weil sie in Marzahn eine besonders hohe Zustimmung bekommen hat. Berlin ist speziell - ein politisches Ost-West-Gefälle gibt es im Ruhrgebiet einfach nicht", erklärt der Mitarbeiter vom Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus und Neonazismus der Fachhochschule Düsseldorf.

Zwar gebe es die Tendenz, dass die AfD besonders bei der prekarisierten Wählerschicht - den Arbeitern und Erwerbslosen - punkten kann. "Doch die Berliner Ergebnisse lassen nicht zwingend auf die NRW-Wahl schließen."

Häusler vergleicht AfD mit FPÖ

Dennoch geht auch Häusler davon aus, dass die AfD in den Landtag einziehen wird. "Seit der Abwahl von Bernd Lucke gibt es bestimmte Entwicklungen innerhalb der AfD von einer nationalistischen Partei hin zu einer selbsternannten deutschen Arbeiterpartei, ähnlich wie bei der FPÖ in Österreich. Aber ob das Ergebnis ähnlich krass ausfallen wird wie in Berlin, wird sich erst noch zeigen müssen", sagt er.

Ein wichtiger Faktor sei zudem, inwiefern sich die im Ruhrgebiet traditionell starke SPD im Wahlkampf als "Kümmererpartei" positionieren kann.

Anmerkung der Redaktion: Das Blog "Ruhrbarone" hatte als erstes über den Vergleich Marzahns mit dem Ruhrgebiet berichtet. Wir haben im Text deshalb einen Link auf die Berichterstattung der Kollegen ergänzt.

(sb)
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