Ausschüsse im Landesparlament Wenn der Landtag auf Reisen geht

Düsseldorf · Mit teilweise skurrilen Begründungen verursachten die Ausschüsse Reisespesen von einer halben Million Euro. Da ging es etwa um schottische Ombudsmänner oder israelischen Jugendstrafvollzug.

 Der Plenarsaal des Düsseldorfer Landtags.

Der Plenarsaal des Düsseldorfer Landtags.

Foto: dpa, mb htf fpt

Die Fachausschüsse des Landtages gehen regelmäßig auf Reisen. In der vergangenen Legislaturperiode (2012 bis 2017) finanzierte der Steuerzahler den Parlamentariern 85 Dienstreisen zum Beispiel nach Kanada, Finnland oder Israel zu Gesamtkosten von 587.437,79 Euro. Während der schwarz-gelben Regierungsperiode von 2005 bis 2010 lagen die Gesamtkosten der Ausschuss-Reisen mit 516.715,68 Euro auf vergleichbarem Niveau. Das geht aus einer Kostenübersicht hervor, die das Landtagspräsidium auf Anfrage unserer Redaktion zusammengestellt hat.

Eigentlich keine skandalösen oder auch nur spektakulären Summen angesichts des Landesetats von rund 70 Milliarden Euro. Umso erstaunlicher ist, wie ungern die Parlamentarier in der Öffentlichkeit über die Ausschussreisen sprechen.

Wenn überhaupt, äußern sich nur ausgeschiedene Parlamentarier dazu - und selbst die wollen anonym bleiben. "Das gilt als Tabu", sagt einer von ihnen, "mit dem Thema macht man sich unbeliebt."

Bereitwillig Auskunft gibt lediglich der neue Landtagspräsident André Kuper (CDU). Aber auch nur bis zu einem gewissen Punkt: Das Landtagspräsidium muss alle Ausschuss-Reisen genehmigen. Die entsprechenden Anträge, mit denen die Ausschüsse den Sinn und Zweck ihrer Reisen begründet haben, rückt auch Kuper nicht heraus. Begründung: Es handele sich um Dokumente aus nicht-öffentlichen Sitzungen. Kuper ist lediglich bereit, die formalen Anlässe der jeweiligen Reisen zu nennen - und es braucht nicht viel Fantasie, um daraus ablesen zu können, warum die Parlamentarier über das Thema nicht gerne sprechen.

So verursachte in der jüngsten Legislaturperiode ausgerechnet der Petitionsausschuss von allen Gremien des Landtags die höchsten Reisekosten: Mit 50.000 Euro schlugen seine vier Reisen unter anderem nach Schweden und Frankreich zu Buche. Der Petitionsausschuss gilt als vergleichsweise bedeutungsloses Gremium. Er ist eine Art Meckerkasten, an den Bürger sich wenden können, die sich über Behörden beschweren wollen.

Seine teuerste Reise führte 24 Ausschussmitglieder ins schottische Edinburgh. Kostenpunkt: 30.777,71 Euro. Anlass laut Landtagspräsidium: "Information über das schottische Petitions- und Ombudsmannwesen". Für einen Bruchteil der Reisekosten hätte der Ausschuss auch drei der weltbesten Experten für Fachvorträge nach Düsseldorf einladen können.

Die teuerste Reise der vergangenen Legislaturperiode führte 18 Mitglieder des Rechtsausschusses für 37.833,99 Euro nach Israel. Anlass: "Information über den Jugendstrafvollzug in Israel, die dortigen Rechte im Strafverfahren und die dortigen Besetzungsverfahren von Gerichten".

Besonders kurios mutet die Begründung einer Reise des Ausschusses für Frauen, Gleichstellung und Emanzipation nach Norwegen an. Die zwölf Teilnehmer suchten "Information über die Erfahrungen Norwegens mit der dort eingeführten Frauenquote in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen", so das Landtagspräsidium. Für die Frauenquote in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen hat der Landtag keinerlei gesetzgeberische Kompetenz. Kostenpunkt hier: 25.109,43 Euro.

Zu den Reisen mit den höchsten Kosten je Teilnehmer gehörte eine Reise des Kommunalausschusses in die USA. Für die elf Teilnehmer zahlte der Steuerzahler 37.134,24 Euro - fast 3400 Euro pro Kopf. Anlass: "Information über die Verwaltungsstruktur in US-Kommunen und über die kommunale Daseinsvorsorge vor dem Hintergrund finanzieller Schwierigkeiten". 14 Mitglieder des Innenausschusses brauchten wiederum sechs Tage, um sich für 24.235,75 Euro in Mailand, Rom und Neapel über die Sicherheit in Fußballstadien und die Bekämpfung der organisierten Kriminalität zu informieren.

(tor)
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