Automaten-Spielstätten in NRW Zwei von drei Spielhallen schließen

Düsseldorf · Die Versuche der Branche, schärfere Auflagen zu umgehen, sind gescheitert. Von den landesweit 4200 Automaten-Spielstätten bleiben nur 1260. Auch den Kommunen drohen Steuerverluste.

 Zwei von drei Spielhallen könnten mit dem neuen Gesetz schließen. (Symbolbild)

Zwei von drei Spielhallen könnten mit dem neuen Gesetz schließen. (Symbolbild)

Foto: dpa, Marijan Murat

Den Spielhallen steht ein Massensterben bevor. Eine neue Rechtslage erzwingt bis zum 1. Dezember die Schließung von rund 70 Prozent aller Automaten-Spielstätten in NRW. "Wenn die Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages restriktiv umgesetzt werden, müssen zum 1. Dezember 70 Prozent der 4200 Spielhallen in NRW schließen", sagte der Geschäftsführer des Deutschen Automatenverbandes (DAV), Michael Eulgem.

Die Versuche der Branche, die Rechtslage noch zu ihren Gunsten zu ändern, sind nach jüngsten Urteilen des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe (Az.: 1 BvR 1314/12) und des Oberverwaltungsgerichts Münster (Az.: 4 B 307/17) abschließend gescheitert. Ein Sprecher des NRW-Innenministeriums bestätigte: "Damit gelten die neuen Regeln und müssen noch in diesem Jahr umgesetzt werden."

Hintergrund ist das Auslaufen einer fünfjährigen Übergangsfrist, die der Gesetzgeber den Betreibern bei der Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages aus dem Jahr 2012 eingeräumt hat. "In diesen fünf Jahren hat die Glücksspiel-Lobby etliche Versuche unternommen, die Vorgaben noch gerichtlich zu stoppen", berichtete Jörg Wacker von der Düsseldorfer Kanzlei Ganteführer, Marquardt & Partner, die mehrere Kommunen berät. "Die Vorgaben wurden in den vergangenen Monaten aber höchstrichterlich bestätigt", sagte Wacker.

Der Glücksspielstaatsvertrag schreibt vor, dass zwischen zwei Spielhallen ab Dezember 2017 ein Mindestabstand von 350 Metern liegen muss. Auch mehrere Spielhallen in einem Gebäude sind künftig verboten. Spielhallen dürfen ferner nur noch Spielhallen heißen und nicht mehr wie heute noch häufig üblich "Casino".

Da Spielhallen zum Beispiel in den Bahnhofsregionen größerer Städte oft in Trauben zusammenhingen, werde allein das Mindestabstandsgebot "den Markt schon erheblich ausdünnen", hieß es im Innenministerium. Genaue Zahlen liegen der Landesregierung aber weder zur Gesamtzahl der Spielhallen in NRW vor noch zur Anzahl der zu schließenden Hallen. "Das ist Sache der Kommunen", so der Sprecher des Innenministeriums.

Die sind mit ihrem Schließungsauftrag nicht glücklich. "Wenn von drei benachbarten Spielhallen zwei geschlossen werden müssen, gibt uns die neue Rechtslage kaum Kriterien an die Hand, welche zu schließen sind", sagte Cornelia Jäger vom Städte- und Gemeindebund. Die Rechtsunsicherheit könne zu einer Klagewelle der Betreiber gegen die Kommunen führen. Losverfahren, wie sie in anderen Bundesländern möglich sind, gebe die Rechtslage in NRW nicht her.

Neben den juristischen und logistischen Problemen drohen den Kommunen auch finanzielle Nachteile. Das NRW-Finanzministerium konnte auf Anfrage nicht sagen, wie viel Steuern die Spielhallen in NRW abführen. Nach Angaben des Automatenverbands DAV betrugen die Vergnügungsteuerzahlungen der NRW-Spielhallen an die Kommunen zuletzt rund 240 Millionen Euro pro Jahr. Die 64 Betriebe in Düsseldorf zahlten 2016 knapp acht Millionen Euro Vergnügungsteuer.

Hinzu kommen die — wenn auch meist schlecht bezahlten — Arbeitsplätze in den Spielotheken. "Wenn 70 Prozent der Spielhallen in NRW geschlossen werden, bedeutet das auch den Verlust von 12.000 bis 15.000 Arbeitsplätzen im Bereich des Spielhallenpersonals und bei den Geräteherstellern", sagte Automaten-Lobbyist Eulgem. Einer der größten Gerätehersteller ist die Firma Gauselmann mit Sitz im nordrhein-westfälischen Espelkamp.

(tor)
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