Bund-Länder-Finanzreform NRW hofft auf 1,9 Milliarden Euro mehr

Berlin · Aus der Bund-Länder-Finanzreform könnte Nordrhein-Westfalen als ein Gewinner hervorgehen. Die Ländermehrheit und der Bund wollen den Widerstand der Ost-Länder mit mehr Geld brechen.

Norbert Walter-Borjans, Sylvia Löhrmann, Hannelore Kraft beim Aktenstudium im Landtag.

Norbert Walter-Borjans, Sylvia Löhrmann, Hannelore Kraft beim Aktenstudium im Landtag.

Foto: dpa, Julian Stratenschulte

Bund und Länder wollen in diesem Jahr doch noch eine Einigung über die Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen erzielen. Grundlage sollen die jüngsten Vorschläge von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und des SPD-Länder-Koordinators Olaf Scholz sein. Bei einer Konferenz am 9. September wollen die Ministerpräsidenten einen Durchbruch schaffen; dann solle die Einigung mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Schäuble festgezurrt werden. Die Neuregelung solle noch dieses Jahr in einen Gesetzentwurf münden, damit sie 2016 nicht in die Landtagswahlkämpfe in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg hineingezogen werde, erfuhr unsere Redaktion aus mehreren Ländern.

Die Chancen auf eine Einigung stünden derzeit 50 zu 50, hieß es. Hamburgs Bürgermeister Scholz und Schäuble hatten den Ministerpräsidenten am 10. Juli ein Kompromisspapier auf den Tisch gelegt, auf das sich die Länderchefs wegen des Widerstands des Ostens dann aber nicht einigen konnten. Es ist jedoch weiterhin Grundlage der Beratungen. Die Ost-Länder sollen nun bis Ende August neue eigene Vorschläge präsentieren, unter welchen Umständen sie dem Reformkonzept doch noch zustimmen können.

Nach dem Schäuble-Scholz-Papier würden alle 16 Bundesländer zu Gewinnern, denn der Bund bietet ihnen 8,5 Milliarden Euro an, damit die Reform überhaupt gelingt. NRW würde demnach ab 2020 um jährlich 1,9 Milliarden Euro entlastet. Auch Bayern (plus 1,2 Milliarden) und Baden-Württemberg (plus 942 Millionen Euro) könnten mit hohen nominalen Entlastungen rechnen. In der Pro-Kopf-Betrachtung würde NRW als bevölkerungsreichstes Land jedoch nur leicht überdurchschnittlich abschneiden, Bayern und Baden-Württemberg sogar leicht unterdurchschnittlich.

Der Vorschlag liege weiterhin auf dem Tisch, bestätigte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Für NRW sei die gleiche Verteilung der Umsatzsteuer pro Einwohner wichtig, die die Abschaffung des sogenannten Umsatzsteuervorwegausgleichs zur Folge hätte. "Leider war eine Einigung auf diesen Vorschlag am 10. Juli noch nicht möglich. Deshalb gehen die Gespräche mit dem Ziel weiter, nach der Sommerpause eine Einigung zu erzielen", sagte Walter-Borjans.

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Foto: dpa, Arne Dedert

Schäuble und Scholz wollen die Umverteilung der Umsatzsteuereinnahmen von reicheren auf ärmere Länder kippen. Die Ost-Länder würden dadurch aber 1,5 Milliarden Euro pro Jahr verlieren. Als Kompensation bot Scholz an, die Finanzkraft der Kommunen nicht mehr nur zu 64, sondern zu 75 Prozent in den Finanzausgleich einzubeziehen. Dadurch würden Länder mit reichen Städten wie Hessen, Baden-Württemberg und Bayern belastet, der Osten entlastet. Da das nicht reicht, fordern die Ost-Länder die Einbeziehung zu 100 Prozent.

"Am Ende intensiver Verhandlungen muss ein ausgewogener Kompromiss stehen. Dazu gehört natürlich auch, dass die vorhandene oder eben auch nicht vorhandene Finanzkraft der Gemeinden vollständig berücksichtigt wird", sagte eine sächsische Regierungssprecherin.

Auch Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) sagte: "Die westdeutschen Länder müssen den ostdeutschen bei der Gewichtung der kommunalen Finanzkraft deutlich entgegenkommen."

(mar)
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