Koalitionsverhandlungen in NRW CDU und FDP entsetzt über Schuldenpläne

In NRW entbrennt ein Streit über die Finanzpolitik der kommenden rot-grünen Regierung. SPD und Grüne planen augenscheinlich mit neuen Schulden. CDU und FDP kritisierten die mögliche Anhebung der Nettoneuverschuldung als verantwortungslos.

So könnte ein rot-grüner Koalitionsvertrag aussehen
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Foto: RP, Kublin

Dritter Verhandlungstag der kommenden rot-grünen Landesregierung: Die Koalitionäre SPD und Grüne klagen über die Finanzpolitik der bisherigen schwarz-gelben Regierung. Es zeichne sich eine teils "alarmierende" Unterfinanzierung wichtiger Gesetze ab, sagte NRW-SPD-Chefin Hannelore Kraft am Montag in Düsseldorf. Mit der Regierungsübernahme werde man deshalb eine "Schlussbilanz" der Kassenlage des Landes vornehmen müssen. CDU und FDP rügten derweil angebliche rot-grüne Pläne für höhere Schulden.

Inhaltlich komme man bei den Beratungen sehr schnell voran, sagte Grünen-Fraktionschefin Sylvia Löhrmann nach den knapp vierstündigen Beratungen. In Arbeitsgruppen wolle man den Koalitionsvertrag nun vorbereiten, um darüber am Dienstag (6. Juli) in großer Verhandlungsrunde abschließend zu beraten. Am 10. Juli sollen Parteitage in Neuss (Grüne) und Köln (SPD) dem Vertrag zustimmen.

Unsere Redaktion hatte von Teilnehmern der Koalitionsverhandlungen erfahren, dass die künftige rot-grüne Landesregierung plant, die Nettoneuverschuldung in NRW anzuheben. Vor gut einem halben Jahr hatte das Kabinett des noch amtierenden CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers für 2010 eine moderat erhöhte Nettoneuverschuldung von 6,58 Milliarden Euro angekündigt. Um wie viel dieser Betrag nun steigt, ist noch nicht klar.

Löhrmann wollte dazu am Montag keine Stellungnahme abgeben. "Über Finanzen werden wir erst am Ende der Verhandlungen reden, wenn der Sack zugemacht wird", sagte sie.

Kritik kam von Schwarz-Gelb. "Es ist erschreckend, wenn SPD und Grüne jetzt so tun, als wüssten sie über die Situation des Landeshaushaltes nicht Bescheid", sagte Finanzminister Helmut Linssen (CDU). Rot-Grün hätte "bewusst sein müssen, dass das Land keine finanziellen Spielräume für teure Wahlgeschenke mehr hat".

NRW-FDP-Generalsekretär Joachim Stamp bezeichnete eine mögliche Anhebung der Nettoneuverschuldung als "Verantwortungslosigkeit gegenüber zukünftigen Generationen".

SPD und Grüne verständigten sich wegen der schwierigen Haushaltslage auf eine "Generalrevision" des Kinderbildungsgesetzes (Kibiz). Unter anderem müssten Öffnungszeiten von Kindertagesstätten und die frühkindliche Sprachförderung überprüft werden. Nach den Plänen von SPD und Grünen soll es bereits im Januar kommenden Jahres einen Bericht über das Ergebnis der Überprüfung geben. Zum Kindergartenjahr 2011/2012 sollen geplante Änderungen dann umgesetzt werden.

Zugleich verständigten sich die beiden Parteien darauf, das gemeinsame Lernen von behinderten und nicht-behinderten Kindern zu erleichtern. Derzeit müssten Eltern behinderter Kinder regelrecht darum betteln, dass ihre Sprösslinge in Regelschulen unterrichtet würden, sagte Löhrmann. Dies solle durch einen Entschließungsantrag, an dem früher einmal auch die CDU mitgewirkt habe, geändert werden. Mittelfristig solle ein Recht auf Unterricht in einer Regelschule auch gesetzlich festgeschrieben werden.

Bei den ersten beiden Treffen der Verhandlungsdelegationen hatten sich Sozialdemokraten und Grüne unter anderem auf eine Abschaffung der Studiengebühren sowie auf mehr Mitbestimmung im öffentlichen Dienst verständigt. Mitte Juli soll SPD-Landeschefin Kraft zur Ministerpräsidentin gewählt werden. Ab dem zweiten Wahlgang reicht ihr die einfache rot-grüne Mehrheit, falls sich einzelne Abgeordnete von CDU, FDP oder Linker enthalten. Die Linkspartei hatte angekündigt, nicht gegen Kraft zu stimmen.

Die schwarz-gelbe Landesregierung war bei der Landtagswahl am 9. Mai abgewählt worden. Nach wochenlangen erfolglosen Sondierungen mit anderen Parteien kündigten SPD und Grüne am 17. Juni die Bildung einer rot-grünen Minderheitsregierung an, um den geschäftsführenden Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) im Düsseldorfer Landtag abzuwählen. Sollte es zum Machtwechsel im bevölkerungsreichsten Bundesland kommen, hätten CDU/CSU und FDP auch keine Mehrheit im Bundesrat mehr.

(DDP/APN)
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