Klamme Kommunen erhöhen die Grundsteuer Der Immobilienbesitzer ist der Dumme

Meinung | Düsseldorf · Städte und Gemeinden drehen gleich an mehreren Steuerschrauben. In strukturschwachen Regionen kommt das einer kalten Enteignung der Hausbesitzer gleich.

 Immobilienbesitzer müssen vor allem in NRW wachsende Steuern verkraften.

Immobilienbesitzer müssen vor allem in NRW wachsende Steuern verkraften.

Foto: dpa-Zentralbild

Länder und Gemeinden sind knapp bei Kasse und suchen nach Einnahmequellen. Bei Haus- und Wohnungsbesitzern scheint man sie zu finden: Viele Städte erhöhen die Grundsteuer, um ihre Kosten in den Griff zu bekommen. Zuletzt betraf das etwa Moers (Erhöhung der Grundsteuer B von 490 Punkten auf 740) oer Duisburg (von 695 auf 855). Für einen Hausbesitzer aus Moers bedeutet das umgerechnet, dass er bei einem Grundstück von 270 Quadratmetern jährlich 162 Euro mehr bezahlen muss.

Die Grundsteuer B (für bebaute oder bebaubare Grundstücke und Gebäude) errechnet sich durch Multiplikation des Grundsteuermessbetrages mit dem jeweiligen Hebesatz einer Gemeinde. Über diesen Satz bestimmen die Kommunen letztlich die Höhe der Steuer selbst.

Bundesweit an der Spitze

In NRW scheint das besonders beliebt zu sein: Schon jetzt liegen die Städte mit den bundesweit höchsten Gemeindesteuern im bevölkerungsreichsten Bundesland. Das hat eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young mit Angaben aus der Jahresmitte von 2014 ergeben.

Demnach haben bis zum vergangenen Jahr mehr als neun von zehn Kommunen mindestens einmal die Grundsteuer B erhöht. Das brachte den Städten und Gemeinden 2013 rund 3,1 Milliarden Euro ein. Den Bürgern sei Dank.

Ein riesiges Missverständnis

Auch in anderen Bundesländern sollten Eigentümer damit rechnen, dass sie auf diese Weise an den Kosten der Finanzkrise beteiligt werden. Am Ende zahlen aber auch die Mieter, da die Nebenkostenabrechnung steigt. Manche Eigentümer dürften sich an die Wirtschaftskrise der 20er Jahre erinnert fühlen, als der Staat durch einen Lastenausgleich Immobilienbesitzer zur Kasse bat.

Die Steuererhöhung fußt auf einem riesigen Missverständnis: Ausgerechnet in strukturschwachen Ruhrgebietsstädten scheint die politische Klasse davon auszugehen, dass wer sich eine Immobilie kauft, auch ein dickes Portemonnaie haben muss. Die Lebenswirklichkeit aber sieht anders aus: Die Mehrheit der Eigentümer lebt sparsam und kalkuliert knapp.

Wer in einer solchen Wirtschaftsumgebung die Steuern erhöht, steigt direkt in die kalte Enteignung ein. Eine Obergrenze bei den Grundsteuern ist deshalb längst überfällig. Viele Städte nehmen ihre Bürger quasi in Geiselhaft: Denn am Besuch im Tierpark, Stadttheater oder Schwimmbad kann jeder sparen, der möchte. Bei der Grundsteuer hilft aber nur: zahlen — oder wegziehen. Schade eigentlich.

(jam)
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