Ministerpräsidenten von NRW Laschet vs. Kraft — ihre Regierungserklärungen im Vergleich

Düsseldorf · Als Hannelore Kraft (SPD) 2012 ihre Regierungserklärung abgab, war die Welt noch eine andere als nun, da Armin Laschet (CDU) regiert. Flüchtlinge spielten vor fünf Jahren kaum eine Rolle, die Euro-Krise umso mehr. Ein Vergleich zweier Reden.

 Hannelore Kraft und Armin Laschet (Archiv).

Hannelore Kraft und Armin Laschet (Archiv).

Foto: dpa, obe sab

Hannelore Kraft ist den Blicken vieler Zuschauer entzogen. Ihr neuer Platz im Landtag ist direkt unter der Pressetribüne, auf einer der hinteren Bänke. So können nur wenige verfolgen, wie die frühere Ministerpräsidentin auf die Regierungserklärung ihres Nachfolgers Armin Laschet (CDU) an diesem Mittwochmorgen reagiert. Wie die Sozialdemokratin Kraft damit umgeht, dass noch vor fünf Jahren sie es war, die die Leitlinien der Politik vorgeben konnte. Aber sind die Unterschiede zwischen den beiden Regierungserklärungen wirklich so groß? Im Folgenden haben wir zentrale Botschaften ihrer Antrittsreden einander gegenübergestellt.

Präambel Kraft und Laschet werfen beide zu Beginn ihrer Regierungserklärungen einen Blick in die Zukunft: Zentrale Aufgabe sei es, "Nordrhein-Westfalen für die Zukunft noch stärker zu machen", sagt Kraft 2012, als Rot-Grün in der Neuwahl eine eigene Mehrheit errungen hat - das Ende von zwei Jahren Minderheitsregierung. Sie fügt hinzu: "Und Zukunftsfähigkeit gewinnen wir mit einer Politik, die vorbeugend, nachhaltig und gerecht ist." Bei Laschet heißt es am Mittwoch: "Unsere Zeit aber hat den Rhythmus geändert, und unser Land steht vor großen Veränderungen." Als Beispiele nennt er das Ende der Steinkohle-Ära 2018 und den EU-Austritt Großbritanniens 2019, eines der wichtigsten Handelspartner für Nordrhein-Westfalen.

Zentrale Botschaft Kraft stellte die Prävention in den Mittelpunkt ihrer Politik. "Wir müssen viel öfter vorausschauend agieren", lautete einer ihrer Schlüsselsätze und: "Wenn wir von Vorbeugung, von guter Zukunft sprechen, dann meinen wir nicht eine gute Zukunft für wenige, die es sich leisten können, sondern für alle Bürgerinnen und Bürger." Vorbeugung werde sich auch finanziell auszahlen, ist sie seinerzeit überzeugt und verspricht eine messbare "Präventionsrendite". Niemand solle zurückgelassen werden.

Das sind die NRW-Minister im Kabinett von Armin Laschet
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Laschet verfolgt einen gänzlich anderen Ansatz: Er will die Zukunft mit "Maß und Mitte" gewinnen. Seine Kernbotschaft lautet: "Maß und Mitte zu halten, das ist seit 2500 Jahren Geistesgeschichte immer Aufgabe für verantwortliches Handeln." Dafür stehe die neue Regierungskoalition, die er recht selbstbewusst "NRW-Koalition" nennt.

Parallelen Beide Ministerpräsidenten beschwören den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft. Für Kraft ist das Miteinander der Menschen im Land eine entscheidende Voraussetzung für Erfolg. Laschet sieht darin sogar "die wichtigste gesellschaftliche Ressource". Kraft jedoch will diesen Zusammenhalt vor allem erreichen, indem sie dafür sorgt, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht weiter auseinandergeht. Laschet hingegen betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung von Heimat für das Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen: "Je vernetzter, schneller und digitaler die Welt wird, umso stärker wird das Bedürfnis nach Heimat, nach einem Zusammengehörigkeitsgefühl vor Ort." Ebenso sprechen beide mehrfach von der großen Bedeutung Europas für NRW. Auch der Familien- und Schulpolitik widmen sich beide ausführlich, wenn auch mit unterschiedlicher Ausrichtung.

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Unterschiede Kraft verspricht in ihrer Regierungserklärung 2012, für mehr soziale Gerechtigkeit zu sorgen. Sie spricht von einem Anspruch auf einen fairen Anteil am Wohlstand. Bei Laschet klingt das anders, er bekennt sich zum "Aufstiegsversprechen der sozialen Marktwirtschaft": "Wer viel lernt und hart arbeitet, der wird auch in Wohlstand leben können." Laschet betont also den individuellen Beitrag, den jeder Einzelne leisten müsse, um Chancengleichheit zu verwirklichen.

Schwerpunkte Neben präventiver Politik und sozialer Gerechtigkeit gibt Hannelore Kraft 2012 dem Klima- und Naturschutz sowie der Bewahrung der Schöpfung für die nachfolgenden Generationen viel Raum. Laschet hingegen handelt das Thema nur kurz ab: "Die NRW-Koalition hat sich vorgenommen, den Umwelt- und Naturschutz mit der Landnutzung in Einklang zu bringen", lautet eine zentrale Aussage in diesem Zusammenhang. Seine Regierung werde Ökonomie und Ökologie in ein neues Gleichgewicht bringen.

Ausführlicher wird Laschet bei den Themen Digitalisierung und künstliche Intelligenz, die wiederum Kraft nur kurz ansprach. Bis 2021 etwa sollen alle Schulen an leistungsfähiges Gigabit-Netz angeschlossen sein, verspricht er. Neben den Chancen macht er jedoch auch die Risiken bewusst: "Ohne Menschen sind Computer Hautwärmer, die Muster erzeugen." Zum Umgang mit Steuerhinterziehern äußert er sich gar nicht - anders als Kraft.

Schluss Hannelore Kraft beschwört 2012 am Ende ihrer Rede den Gemeinschaftssinn: "Für die Zukunft unseres Landes zu arbeiten, das müssen wir alle stärker als eine gemeinsame Aufgabe verstehen." Laschet will den Erfolg seiner Politik erst in 13 Jahren beurteilt wissen: "Ich hoffe, wir können 2030 sagen: der Zusammenhalt in Nordrhein-Westfalen ist stärker geworden und unser Land zu einem Taktgeber des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritts."

(tor)
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