Nach Pannen im Fall Amri FDP fordert Entlassung von Minister Jäger

Düsseldorf · Die FDP in NRW fordert, Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) wegen Versäumnissen im Fall des Berliner Attentäters Anis Amri abzusetzen. Es hätten nicht nur Behörden versagt, sagte Parteichef Christian Lindner am Sonntag beim Neujahrsempfang der NRW-FDP in Düsseldorf.

 NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) nach einer Sondersitzung des Innenausschusses des Landtages zum Fall Anis Amri.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) nach einer Sondersitzung des Innenausschusses des Landtages zum Fall Anis Amri.

Foto: dpa, rwe pil

Ebenso schlimm sei es, dass Jäger nach dem Terroranschlag mit zwölf Toten den Eindruck erweckt habe, die Sicherheitsbehörden hätten im Umgang mit dem islamistischen Gefährder alle rechtlichen Möglichkeiten ausgereizt. "Ein solches Verhalten führt zu Vertrauensverlust in die Politik, und deshalb ist Herr Jäger nicht mehr im Amt zu halten." Vor rund 1600 Gästen kündigte Lindner an, die Forderung nach Entlassung des "überforderten" Ministers bis zur Landtagswahl am 14. Mai auf jeder Veranstaltung zu wiederholen.

Der 24-jährige Tunesier Anis Amri hatte am 19. Dezember einen Lastwagen in einen Berliner Weihnachtsmarkt gesteuert, 12 Menschen getötet und mehr als 50 verletzt. Bevor er nach Berlin kam, hatte sich Amri lange in NRW aufgehalten. Die zuständige Ausländerbehörde in Kleve hatte vergeblich versucht, ihn abzuschieben.

"In Deutschland stimmen die Prioritäten im Rechtsstaat nicht mehr", kritisierte Lindner unter dem Beifall der Gäste. Während etwa Behörden auf Sylt wegen Stolpergefahr den Bau von Sandburgen untersagten oder der Berliner Justizsenator Unisex-Toiletten in den Ämtern einführe, könne sich ein islamistischer Gefährder frei bewegen, nach Kriegswaffen suchen und am Ende Morde verüben.

Der FDP-Chef ist allerdings längst nicht der erste, der den Rücktritt von Jäger fordert. Schon nach den Vorfällen in der Kölner Silvesternacht 2015/16 stand er in der Kritik. Anfang Januar 2016 forderte beispielsweise CDU-Generalsekretär Peter Tauber, dass Jäger seinen Posten räumt. Nach den Pannen im Fall Amri geriet der NRW-Innenminister dann erneut unter Druck.

Für die FDP geht es im Superwahljahr 2017 um alles. Ihr Frontmann Lindner schwor seine Partei dementsprechend wortgewaltig auf einen Doppelschlag ein: Rot-Grün in NRW ablösen und sich in den Bundestag zurückkämpfen. Erstmals sprach auch CDU-Landesparteichef Armin Laschet beim traditionellen Neujahrsempfang der NRW-FDP. Der Herausforderer von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) bekannte sich klar zu einer Koalition mit der FDP. Seine Partei werde alles dafür tun, wieder gemeinsam mit der FDP Regierungsverantwortung in NRW zu tragen.

CDU und FDP hatten NRW von 2005 bis 2010 unter dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) regiert. Auch Lindner unterstrich die gute Zusammenarbeit mit der CDU in NRW. "Man wird sehen, ob man nicht daran anknüpfen kann", sagte er.

In den Wählerumfragen der vergangenen Monaten zeichneten sich keine klaren Mehrheiten für den nächsten Landtag ab. CDU und SPD liegen mit jeweils 32 Prozent gleichauf. Die FDP pendelt zwischen 7 und 9 Prozent. Derzeit wären nur eine große Koalition oder verschiedene Dreier-Bündnisse rechnerisch möglich.

Ralf Jäger (SPD) - Innenminister von Nordrhein-Westfalen
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Das ist Ralf Jäger

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Hart ging Lindner mit der populistischen Alternative für Deutschland (AfD) ins Gericht, die in den Umfragen für NRW zuletzt bei neun Prozent lag und damit in den Düsseldorfer Landtag einziehen würde. Ohne sie direkt beim Namen zu nennen, sagte er, "die autoritäre Alternative" dürfe keine tragende Rolle im Parlament bekommen. "Die machen aus Ängsten und Problemen ein Geschäftsmodell, um möglichst billig auf der Welle der Angst zu bezahlten Mandaten zu kommen."

Lindner und Laschet appellierten eindringlich an die Wähler, bei den anstehenden Wahlen in Bund und Ländern Position zu beziehen. "Das ist kein Plätscher-Wahlkampf wie vielleicht manchmal in den letzten Jahrzehnten", sagte Laschet. In einer sicherheitspolitisch angespannten Lage, in der Links- und Rechtspopulisten ihre Chancen suchten, sei die Demokratie plötzlich infrage gestellt. Lindner warnte: "In dieser Zeit ist es keine Option mehr am Rand zu stehen. Er kommt auf jeden Einzelnen an."

(lsa/lnw)
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