Dritter Flüchtlingsgipfel NRW schiebt Familien nicht ohne Vorwarnung ab

Düsseldorf · In NRW sollen abgelehnte Asylbewerber mit Kindern nicht ohne Vorankündigung abgeschoben werden. Das stellte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Freitag nach dem dritten Flüchtlingsgipfel in der Düsseldorfer Staatskanzlei klar.

Flüchtlinge: Das sagen die NRW-Bürgermeister
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Flüchtlinge: NRW-Bürgermeister zur Lage in ihrer Stadt

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Foto: dpa, fg nic

In Nordrhein-Westfalen sollen abgelehnte Asylbewerber mit Kindern nicht ohne Vorankündigung abgeschoben werden. Das stellte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Freitag nach dem dritten nordrhein-westfälischen Flüchtlingsgipfel in die Düsseldorfer Staatskanzlei klar. "Da gibt es Grenzen", sagte Kraft. "Ich kann nicht eine Familie unangekündigt nachts aus dem Bett holen. Die Kinder haben gar nicht mehr die Möglichkeit, sich von ihren Klassenkameraden zu verabschieden oder auch in der Kita noch Tschüss zu sagen." Konsequente Rückführungen seien wichtig, aber die Menschlichkeit dürfe dabei nicht auf der Strecke bleiben.

In anderen Fällen - etwa bei alleinreisenden Männern - werde NRW aber die Möglichkeit des neuen Asyl-Gesetzespakets nutzen und unangekündigt abschieben, sagte Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD).
Mit rund 3000 Abschiebungen habe NRW in diesem Jahr mehr abgelehnte Asylbewerber zurückgeführt als jedes andere Bundesland. Oft stünden dem aber Hindernisse entgegen: gesundheitliche Probleme abgelehnter Bewerber, fehlende Pässe, Sicherheitsrisiken in den Heimatländern oder mangelnde Kooperation der Durchreise-Länder.

Wegen des Zustroms von Flüchtlingen hatten Mitte der Woche mehr als 200 NRW-Bürgermeister einen Brandbrief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) geschrieben. Darin weisen die Verwaltungschefs darauf hin, dass praktisch alle verfügbaren Unterbringungsmöglichkeiten ausgeschöpft seien und weitere Flüchtlinge nicht mehr aufgenommen werden können. Hier haben wir gesammelt, wie die Bürgermeister die Lage in ihren Städten sehen.

Nicht unterschrieben hatte Mönchengladbachs Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners — und zwar nicht nur aus formalen Gründen. Die Initiative für das Schreiben ging vom Städte- und Gemeindebund aus. In dem ist Mönchengladbach nicht Mitglied. Deswegen wurde Reiners nicht gebeten, bei der Aktion mitzumachen. Doch auf Nachfrage unserer Redaktion will es Reiners nicht alleine bei dem formalen Argument belassen.

Wirklich glücklich findet er die Aktion der Kollegen nicht. Dass den Kommunen in der Flüchtlingsfrage das Wasser bis zum Hals stehe, bezweifle niemand. "Aber unser Signal muss meiner Meinung nach sein: Wir tun alles in unser Macht stehende, diese sehr kritische Situation irgendwie zu meistern." Alles andere sei in der aktuell heiklen Lage wenigstens nicht ungefährlich.

Prognosen darüber, wie der Zustrom weitergeht und welche Folgen dies für die Kommunen hätte, seien ohnehin seriös nicht mehr möglich. "Die Stimmung in der Bevölkerung droht zu kippen. Das sollten wir verhindern und nicht am Ende noch in nachvollziehbarer Absicht den Falschen Argumente an die Hand geben", so Reiners.

Im Übrigen sei ihm lieber, die Verantwortlichen in Land und Bund würden ihre Zeit damit verbringen, die dringend notwendige Arbeit zu leisten, "und nicht noch solche Briefe beantworten zu müssen". Auch Reiners hält die Lage für dramatisch und sieht Handlungsbedarf. Die Verteilung innerhalb der EU sei nicht gerecht.

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(Csi/jüma/lnw)
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