Düsseldorf Schröder unterhält WestLB-Ausschuss

Düsseldorf · Der Ex-Kanzler sollte in Düsseldorf aufklären, warum aus der ehemaligen Landesbank ein Milliarden-Desaster wurde. Dazu sagte Gerhard Schröder kein Wort. Stattdessen stahl er sich mit Chuzpe und Charme aus dem Zeugenstand.

Gerhard Schröder im U-Ausschuss im Landtag
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Zur Aufklärung des WestLB-Skandals hat Alt-Kanzler Gerhard Schröder am Freitag im Düsseldorfer Landtag mit keinem Wort beigetragen. Teilweise stieß er den Parlamentariern des Untersuchungsausschusses sogar vor den Kopf. Mit ausgeprägten Gedächtnislücken und stellenweise mit Hochmut: "Das ist jetzt 17 Jahre her. Bitte verstehen Sie, dass es in meinem späteren Leben noch Vorgänge von größerer Bedeutung gab, so dass ich mich nicht an Details erinnere", solche Sätze sagte er mehrmals.

Aber Schröder ist eben Schröder. Er kleidet seine Provokationen in ein so raffiniertes Gewand aus Augenzwinkern und spitzbübischem Charme, dass er den Zeugenstand nach anderthalb Stunden trotzdem als Sieger verlässt. Beinahe hätte ihm so mancher Landtagsabgeordnete auch noch Beifall spendiert.

Der 70-Jährige brauchte genau drei Minuten, um den Saal für sich einzunehmen. Um 12.58 Uhr betritt er den kreisrunden Raum im ersten Stock, wo sonst die CDU ihre Fraktionssitzungen abhält. Um ihn herum rund 30 Parlamentarier, munitioniert mit bohrenden Fragen zu seiner Rolle beim Untergang der ehemaligen Landesbank. Schröder bleibt in der Mitte des Saals stehen, blickt mit gespielter Verwunderung durch das Rund. "Was ist los? Gibt's was Besonderes?" Erste Lachsalve.

Schröder dreht sich um: "Wer sitzt denn da hinter mir?" Der Ausschussvorsitzende: "Da sitzen die Kollegen von der SPD." Schröder: "Dann kann ja nix passieren, wenn die Genossen hinter mir sitzen." Zweite Lachsalve. Zum Fotografen-Pulk sagt er: "Nehmen Sie eins aus dem Archiv. Da sehe ich besser aus." Schon wieder ein Lacher. Zum Ausschussvorsitzenden: "Wie lange dauert das denn?" Der Vorsitzende: "Wir haben zwei Stunden geplant." Schröder: "Ach so." Und wieder lachen alle. Aber spätestens in diesem Moment weiß niemand mehr, warum eigentlich.

Es geht um eine der unzähligen Ungereimtheiten beim Untergang der einst so stolzen WestLB, die vor 20 Jahren noch die drittgrößte Bank Deutschlands war und 300 Milliarden Euro verwaltet hat. Als sie vor zwei Jahren zerschlagen wurde, hinterließ sie dem Steuerzahler einen Schaden von mindestens 18 Milliarden Euro. Schröder soll erklären, warum die WestLB ihre Beteiligung am Salzgitter-Stahlwerk in Niedersachsen damals an das von ihm regierte Bundesland verkauft hat, obwohl ein ausländischer Konzern mehr geboten haben soll. Einer der Beteiligten hat später ein Buch darüber geschrieben. Titel: "Wildwest auf der Chefetage - Schröders Kampf um Salzgitter und die Kanzlerschaft".

Dem Buch zufolge war das Stahlwerk die entscheidende Waffe einer SPD-internen Intrige mit dem Ziel, Schröder kaltzustellen, um seinem Parteirivalen Oskar Lafontaine die Kanzlerschaft und dessen Vertrauten Johannes Rau, damals NRW-Ministerpräsident, die Bundespräsidentschaft zu ermöglichen. Angeblich soll Rau über die WestLB den Verkauf des Werkes nach Österreich eingestielt haben. Damit hätten 12 000 Jobs in Salzgitter gewackelt. Dieser Paukenschlag hätte Schröders Kanzler-Ambitionen begraben. Stattdessen kaufte aber plötzlich Niedersachsen das Werk, Schröder gewann die Landtagswahl und wurde wenig später Bundeskanzler. Wie kam es zu dieser plötzlichen Wende? "Ich habe meinen Leuten gesagt: Wir kaufen das selbst. Basta." Zu welchem Preis? "Er wird fair gewesen sein - sonst hätten wir es ja nicht gemacht." Der Inhalt seiner vorherigen Gespräche mit Rau und der WestLB? Keine Erinnerung. Ob er von einer Intrige gegen ihn wusste? "Das würden die Sozialdemokraten in NRW doch nie tun."

Zum Schluss fragt der Vorsitzende den Ex-Kanzler, ob er Auslagen hatte. Schröder: "Ich bin bereit, zu Gunsten der Landeskasse auf meine Auslagen zu verzichten - ich weiß, es ist eng." Wieder ein Lacher. Schröder steigt in die schwarze Limousine, die vor dem Landtag auf ihn gewartet hat, und verschwindet mit einem Gesichtsausdruck zwischen Lächeln und Grinsen.

(RP)
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