Kritik an NRW-Taktik Hannelore Kraft gerät in die Defensive

Sie wollte ihren eigenen Weg gehen und lieber aus der Opposition heraus agieren. Doch jetzt wird der Druck auf Hannelore Kraft enorm. Denn mit ihrer Entscheidung zum Machtverzicht durchkreuzt sie die Pläne Genossen in Berlin. Denn die wollte Störfeuer Richtung Berliner Koalition aus dem Bundesrat senden. Doch das wäre nach dem Scheitern der Ampel nur mit einer NRW-Minderheitsregierung möglich. Jetzt gerät Kraft immer mehr in die Defensive. SPD-Chef Sigmar Gabriel lässt verlauten, dass das letzte Wort noch lange nicht gesprochen sei.

Chronik zum Koalitionspoker in NRW
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Foto: DDP

Sie wollte ihren eigenen Weg gehen und lieber aus der Opposition heraus agieren. Doch jetzt wird der Druck auf Hannelore Kraft enorm. Denn mit ihrer Entscheidung zum Machtverzicht durchkreuzt sie die Pläne Genossen in Berlin. Denn die wollte Störfeuer Richtung Berliner Koalition aus dem Bundesrat senden. Doch das wäre nach dem Scheitern der Ampel nur mit einer NRW-Minderheitsregierung möglich. Jetzt gerät Kraft immer mehr in die Defensive. SPD-Chef Sigmar Gabriel lässt verlauten, dass das letzte Wort noch lange nicht gesprochen sei.

Für Hannelore Kraft wird damit der Kampf um die Regierung in NRW zu einem bundespolitischen Thema. Dabei ging es der Mülheimerin anfänglich vor allem darum, Jürgen Rüttgers aus der Staatskanzlei zu taktieren. Und dies scheint - bei allen Unterschieden inhaltlicher Art - ein entscheidender Grund für das neuerliche Nein Richtung Große Koalition gewesen zu sein. Denn bis zum Ende stand die Frage, wer Ministerpräsident wird, deutlich im Vordergrund.

Jetzt will sie taktieren und CDU und FDP aus der Opposition mürbe machen. Aus der Opposition heraus könnte Kraft Mehrheiten — auch mithilfe der Linken — suchen, um die CDU mürbe und letztlich regierungsmüde zu machen, sollten ständig Regierungsvorhaben scheitern. Dann müsste irgendwann neu gewählt werden. Und die Verantwortung dafür würden viele wohl der CDU geben.

Der leichtere Weg

Kraft hat sich damit für den leichteren Weg entschieden. Denn hätte sie eine Minderheitenregierung gebildet, hätte sie sich dem gleichen Risiko ausgesetzt, dass jetzt Jürgen Rüttgers automatisch trägt. Und wäre dieses Unternehmen gescheitert, hätte sie die Verantwortung dafür tragen und bei Neuwahlen sicherlich Stimmverluste hinnehmen müssen.

Zumal bei einer Minderheitenregierung immer noch das Szenario Hessen drohen könnte. Denn ob tatsächlich alle Abgeordneten zu Kraft stehen würden, wenn sie sich von der Linken tolerieren ließe, ist offen. Das politische Aus der Andrea Ypsilanti schien der NRW-SPD-Chefin allzu deutlich vor Augen zu scheinen.

Doch jetzt scheint ihr die Verbissenheit in der Abwahl Jürgen Rüttgers ihr erstrecht zum Verhängnis zu werden. Denn die Berliner SPD ist alles andere als erfreut über das Agieren der NRW-Frau.

So sagte SPD-Bundeschef Sigmar Gabriel im "Tagesspiegel", sobald wichtige Projekte der schwarz-gelben Regierung zur Abstimmung stünden, etwa das Sparpaket, die Gesundheitsprämie oder eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke, werde man in Nordrhein-Westfalen "neu über eine Regierungsbildung reden müssen". Denn nach seinem Willen sollen die Projekte in der Länderkammer mithilfe einer rot-grünen Minderheitenregierung gestoppt werden.

Grüne: Option prüfen

Auch Volker Beck, Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Bundestag, wandte sich gegen die Option Opposition. Vielmehr müsse mit Nachdruck eine Minderheitenregierung geprüft und sondiert werden, sagte er "Handelsblatt Online". Unterstützung erhielten die beiden von Grünen-Politikern aus NRW, darunter Parteichefin Sylvia Löhrmann.

Grünen-Chefin Roth hatte sich in einem Interview ähnlich geäußert. Wenn die SPD in NRW in der Opposition bleibe, mache sie sich "zum Steigbügel für das unsoziale Sparpaket und die Atompläne der Regierung Merkel".

Wie Balsam mögen für Kraft da zumindest die Worte von SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles wirken. Die hatte die NRW-Frau gelobt. Sie habe "sehr souverän und klug agiert, indem sie Schritt für Schritt vorgegangen ist". Die SPD könne keine Koalitionen eingehen, "die nicht gehen".

Dass sich Kraft gegen die Große Koalition ausgesprochen hatte, kritisiert aber auch niemand in Berlin. Vielmehr wird infrage gestellt, wie der SPD sowohl im Land als auch im Bund die Opposition nutzen möge.

Nahles erklärte zwar mit Blick auf die Minderheitenregierung: "Ob dieser Schritt beschritten wird, entscheidet die nordrhein-westfälische SPD." Aber auch Nahles weiß, wie groß der Druck auf Kraft ist. Zumal sie selbst im Vorfeld eine Minderheitenregierung als Option genannt hatte. Denn funktionierende Beispiel gebe es, wie etwa in Sachsen-Anhalt.

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