Silvesternacht von Köln Ministerpräsidentin im Elfenbeinturm

Meinung · Die Aufarbeitung der Kölner Silvesternacht fördert immer mehr Erkenntnisse zutage. Zu den jüngsten zählt, dass das engste Umfeld von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft schon am Neujahrstag um 14.36 Uhr über die Vorfälle informiert war.

 Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) während eines Interviews in der Staatskanzlei.

Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) während eines Interviews in der Staatskanzlei.

Foto: dpa, ve mhe

Die Aufarbeitung der Kölner Silvesternacht fördert immer mehr Erkenntnisse zutage. Zu den jüngsten zählt, dass das engste Umfeld von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft schon am Neujahrstag um 14.36 Uhr über die Vorfälle informiert war.

Zu diesem Zeitpunkt ging eine Mail an den Verteiler "03 Düsseldorf STK". Dieser Mail war zu entnehmen, dass in Köln bis dato zwölf sexuelle Übergriffe gemeldet worden waren, darunter eine Vergewaltigung. Und dass es sich um eine größere Tätergruppe handeln könnte.

An immerhin neun Adressen ging die Mail, darunter Krafts Regierungssprecher Thomas Breustedt und die Amtschefin der Staatskanzlei, Anja Surmann. Nur die Regierungschefin wusste von nichts. Sie stand nicht auf dem Verteiler und wurde in ihrem Urlaub von den Mitarbeitern auch nicht informiert, weil die Dimension am Neujahrstag noch nicht absehbar gewesen sei, heißt es.

Erst aus den Medien soll Kraft vom katastrophalen Verlauf der Silvesternacht erfahren haben. Und zwar erst am 4. Januar. Da hatte die Polizei längst eigens eine Ermittlergruppe eingerichtet, da hatten zahlreiche Online-Medien und dpa schon tagelang über sexuelle Übergriffe in Serie berichtet.

Mit ihrem Innenminister sprach Kraft dem Ministerium zufolge trotzdem erst am 4. Januar um 13.41 Uhr. Also nur 19 Minuten vor einer Pressekonferenz beim damaligen Kölner Polizeipräsidenten. Der sprach von Straftaten in einer völlig neuen Dimension.

Die Abläufe offenbaren, wie wenig die Ministerpräsidentin im Bilde, wie sehr sie vom Informationsfluss abgeschnitten war. Das ist beunruhigend.

Eine Regierungschefin sollte wissen, was in ihrem Land vor sich geht. Vor allem, wenn es sich um Ereignisse von Weltrang handelt.

(RP)
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