Düsseldorf Kraft und Laschet sehen sich als Sieger

Düsseldorf · SPD-Landeschefin Hannelore Kraft kann sich über den Zugewinn ihrer Partei freuen. Vielleicht liegt darin auch Anerkennung für ihr Bekenntnis zu NRW.

Sie sei mit dem Ergebnis "mehr als zufrieden", sagte Kraft gestern Abend. Tatsächlich konnte die NRW-SPD ihr schlechtes Ergebnis von 2009 (29,4 Prozent) deutlich überwinden. Bis zuletzt war die Parteichefin im Wahlkampf unterwegs gewesen. Noch am Samstag hatte sie in Aachen die Werbetrommel gerührt. "Demokratie braucht Wähler. Deshalb sollte man wählen gehen", schärfte sie den Genossen auf dem Katschhof ein.

Die 52-Jährige hat über 50 Einsätze hinter sich. Sie ist kreuz und quer durch die Lande gezogen; ihr Terminkalender war prall gefüllt. Doch Kraft kann Stress aushalten. Bei Gesprächen mit den Bürgern gibt sie sich leutselig und fällt leicht ins Ruhr-Deutsch mit reichlich "dat" und "wat".

Sie hat die "Tatkraft-Tage" erfunden, an denen sie soziale Einrichtungen, Vereine und Betriebe besucht. Unlängst hielt sie sich fast einen ganzen Tag in einem Supermarkt auf. Davor war sie in einem Hotel, hat Betten gemacht und in der Küche Gemüse geputzt. Die "Hannelore" ist eine wie du und ich, soll wohl auch signalisiert werden. 62 Prozent würden sie direkt wählen, wenn dies möglich wäre.

Kraft hat eine steile Kariere hinter sich. 2001 wurde sie Europa-, dann Wissenschaftsministerin und 2005 - nach verlorener NRW-Wahl - Fraktionsvorsitzende. Fünf Jahre später wurde sie (mit kräftigem Nachdruck der Grünen) Regierungschefin eines rot-grünen Minderheitskabinetts. Dass Kraft 2012 Neuwahlen riskierte, war ein kühnes Unterfangen, doch es gelang: Rot-Grün bekam die absolute Mehrheit.

Triumphal wurde für Kraft der SPD-Bundesparteitag 2011 in Berlin, auf dem sie mit 97,2 Prozent als stellvertretende Bundesvorsitzende wiedergewählt wurde. Dieser Frau traute man in der Partei zu, Kanzlerin zu werden. Doch Kraft beendete im vorigen Jahr all diese Spekulationen, als sie in der Landtagsfraktion beteuerte: "Ich werde nie, nie als Kanzlerkandidatin antreten. Ich bleibe in Nordrhein-Westfalen. Darauf könnt ihr euch verlassen."

Mit ihrer "Selbstverzwergung", wie CDU-Oppositionschef Armin Laschet süffisant kommentierte, mag Kraft all jene enttäuscht haben, die sie hoch oben auf der politischen Karriereleiter hätten sehen wollen. Doch sie will nicht. Ob sie sich sperren würde, wenn ihr die Nachfolge von Bundespräsident Joachim, Gauck angetragen würde, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

In den politischen Berliner Alltag mag sie sich jedenfalls nicht begeben. Das wurde deutlich, als sie kurz vor Ostern in Ahlsdorf (Sachsen-Anhalt) in einer Talkrunde "klare Kante" zeigte. Die Art und Weise, wie in Berlin Politik gemacht werde, widerspreche ihrer Haltung, sagte Kraft und fügte hinzu: "Wenn mich einer bekämpft, dann in der Regel die eigenen Leute."

Nach dieser Attacke, die als Hieb gegen Parteichef Gabriel verstanden wurde, entschwand Kraft in den Osterurlaub. Dass sie in der Presse wegen ihrer Mäkeleien als "Provinznudel" verspottet wurde, dürfte sie gekränkt haben. Umgekehrt hat es sie amüsiert, dass berichtet wurde, sie fliege zum Tiefseetauchen nach Thailand. Das mit Thailand stimmte zwar, aber: "Ich hab' wat anne Ohren, ich kann gar nicht tauchen."

Bodo Löttgen, Generalsekretär der CDU NRW, trat als Klassenlehrer für seinen Chef Armin Laschet auf: Der habe den Test mit "Sehr gut" bestanden.

Viele meinen es gut mit der CDU in NRW und nennen sie deshalb einen schlafenden Riesen. Da schwingen Zuversicht und Hoffnung und das altbekannt trotzige "Warte nur, balde!" mit. Ein schlafender Riese hat vorübergehend seine Sinne auf Schongang gestellt hat; doch wehe, wenn die Sonne aufgeht über Schlummerland, wenn der Riese sich aufrichtet und der politischen Konkurrenz im Angesicht der wahren Größe ihres Gegenübers der Schreck in die Glieder fährt. Es gibt andere, die über die CDU in Nordrhein-Westfalen schmunzeln und denken: Gut, die Partei mag zwar allein aufgrund ihrer Mitgliederzahl als größter CDU-Landesverband ein Riese sein, aber einer ohne Zähne, demnach ohne Biss, der niemanden das Fürchten lehrt, nicht einmal die altbackene SPD NRW.

Da Politik gerne personalisiert wird, wird man die Frage nach dem CDU-Landespartei- und Fraktionsvorsitzenden Armin Laschet stellen dürfen. Nachdem NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft vor einigen Wochen für sich die Entscheidung verkündet hatte, niemals SPD-Kanzlerkandidatin werden zu wollen (wenn man es ehrlich betrachtet, kamen die Rufe nach ihrer Bewerbung oft aus Herne und Bochum, selten aus Hamburg und Berlin), nannte Laschet dies einen "Akt der Selbstverzwergung". Wie steht es um den Wuchs von Laschet? Antwort: Mittelgroß geblieben, keine ernst zu nehmende Alternative in Sicht. Laschet kann es sich zu Gute halten, das NRW-Wahldesaster (26 Prozent) vergessen gemacht zu haben. Der trotzige Spruch von 2012: "Wir sind mehr wert als 26 Prozent" bekam seither Flügel. Doch kein Grund, auch nicht genug Aufwind zum Abheben.

Laschet ("Ein Tag der Freude") ist zufrieden, dass die CDU diesmal aus der Opposition heraus sogar leicht besser abgeschnitten hat, als ihr das bei der Kommunalwahl 2009 als Regierungspartei gelungen war. 2015 will Laschet ein Grundsatzprogramm vorlegen. Da wird dann hoffentlich drinstehen, was die CDU-Welt im Innersten zusammenhält.

(RP)
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