Dank Nullrunde für Beamte In NRW bleiben viele Selbstanzeigen liegen

Die Nullrunde für die Spitzenbeamten in Nordrhein-Westfalen schlägt sich auf die Motivation der Steuerfahnder nieder. Viele Finanzermittler machen "Dienst nach Vorschrift". Die Aufklärung von Steuerdelikten verzögert sich.

Steuerrecht – Das ändert sich in 2013
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Foto: Jens Schierenbeck, gms

Der Ankauf von CDs mit den Daten von Steuersündern hat dem Fiskus im NRW bislang Mehreinnahmen von rund 400 Millionen Euro beschwert. Doch jetzt wird die Arbeit der Finanzverwaltung von NRW von einer Motivationskrise beeinträchtigt. Ursache dafür ist offenbar die Unzufriedenheit vieler Spitzenbeamter mit der von der rot-grünen Landesregierung geplanten Nullrunde.

"Die Arbeitsversdichtung der Vergangenheit wurde — wenn auch mit Murren — hingenommen", sagte Roland Staude, Vize-Chef des Beamtenbundes NRW. "Wenn die Beamten jetzt aber leer ausgehen sollen, dann schwindet natürlich die Bereitschaft zu Mehrarbeit und Überstunden", so Staude. Einige seien sogar "in die innere Kündigung" gegangen.

Der Beamtenbund werde seine Mitglieder aus verfassungsrechtlichen Bedenken aber nicht zum "Dienst nach Vorschrift" aufrufen, sagte Staude. Nach dem Ankauf weiterer Steuer-CDs und den Veröffentlichungen über den Fall Uli Hoeneß ist die Zahl der Selbstanzeigen von Steuersündern in NRW weiter angestiegen. Die Bearbeitungszeiten haben sich offenbar verlängert, weil sich Steuersünder gemeldet haben, die massiv gegen die Gesetze verstoßen haben.

Aber auch die Verärgerung über das Land als Arbeitgeber spielt offenbar eine Rolle. "Viele Kollegen sind stocksauer", sagt Manfred Lehmann, Chef der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DStG) in NRW. "In unserem Bereich sind fast 50 Prozent der Beamten von der Nullrunde betroffen", so Lehmann. Das wirke sich "definitiv negativ" auf die Motivation auf. "Manche fragen sich: Warum soll ich mehr tun als nötig, wenn ich so behandelt werde?", sagte der DStG-Landesvorsitzende.

Piraten zeigen Verständnis

Im April lagen dem NRW-Finanzministerium 7949 Selbstanzeigen vor. Eine Sprecherin von NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD)erklärte, es könne keine Rede davon sein, dass Selbstanzeigen nicht zügig bearbeitet würden. Je komplexer die Selbstanzeigen seien, um so länger dauerten die Ermittlungen.

Werner Lohn, Personal-Experte der CDU-Landtagsfraktion, kritisierte, die Abkopplung der Beamten von der allgemeinen Einkommensentwicklung störe das Vertrauen in die Verlässlichkeit des Dienstherrn nachhaltig. Der öffentliche Dienst müsse sich auf Zusagen der Landespolitik verlassen können.

Dietmar Schulz, finanzpolitischer Sprecher der Piratenfraktion, zeigte Verständnis für die entschäuschen Beamten. "Jetzt rächt sich die verfehlte und auf Zufall basierende Steuerpolitik der Landesregierung." Jahrelange Nullrunden der Beamten führten "nachvollziehbar zu Frustrationen". Es sei eine "Bankrotterklärung" gerade die abzukoppeln, die für die Einnahmenseite so eminent wichtig sind.

Der Frust der Beschäftigten war am Mittwoch auch bei der Jahrestagung der Deutschen Steuergewerkschaft in Wesel spürbar. "Die Arbeitsbelastung der Finanzverwaltung ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen", sagte Ralf Witzel, Finanzexperte der Liberalen. "Die Nullrunde für viele Beamte erhöht sicher nicht die Motivation zu noch größerem Arbeitseinsatz und zu mehr Überstunden", erklärte der FDP-Politiker.

Andreas Meyer-Lauber, Chef des DGB in NRW, forderte die Landesregierung auf, ihre Tarifpläne zu überdenken: "Wenn sogar ein Land wie Sachsen-Anhalt den Tarifabschluss eins zu eins auf die Beamten überträgt, muss die Frage schon zulässig sein, warum die NRW-Regierung diesen Sonderweg zum Nachteil der Beamten wählt."

(pst/das/jco)
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