Fragwürdige Facebook-Posts Löhrmann entlässt Berater für Islam-Unterricht

Düsseldorf · NRW-Schulministerin Löhrmann hat sich von einem Mitglied im Beirat für den islamischen Religionsunterricht getrennt. Die Person war zuvor durch fragwürdige Beiträge im Internet aufgefallen.

Islam-Unterricht: Sylvia Löhrmann entlässt Berater
Foto: dpa

Die Grünen-Politikerin Sylvia Löhrmann hat im Beirat für den islamischen Unterricht an Schulen durchgegriffen. Nach Informationen unserer Redaktion trennt sich die NRW-Schulministerin von einem Beiratsmitglied, weil es in Veröffentlichungen im Internet fragwürdige politische Positionen vertrat. Diese Äußerungen seien geeignet, das Vertrauen in die Arbeit des Beirats zu untergraben, teilte das Schulministerium nun mit. Um die ungestörte Arbeit des Gremiums zu gewährleisten, habe die Ministerin entschieden, dieses Mitglied aus dem Beirat abzuberufen, erklärte das Ministerium.

Bereits nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei hatte die Ministerin im Sommer betont, dass sie die Entwicklung in der Türkei mit Sorge erfülle und dass sie die Rolle des Islamverbands Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion), der in dem Beirat ebenfalls vertreten ist, kritisch und wachsam beobachten werde.

Das achtköpfige Gremium hat eine ähnliche Rolle wie die Kirchen beim evangelischen und katholischen Religionsunterricht. Analog zu den Kirchen ist der Beirat beratend tätig und vertritt zugleich die Interessen der islamischen Organisationen beim bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht an NRW-Schulen. Direkten Kontakt zu Schulen haben die Mitglieder allerdings nicht.

"Lügenpresse"-Vorwürfe gegen deutsche Medien

Grund für die Abberufung des Beiratsmitglieds am vergangenen Wochenende waren dem Ministerium zufolge verschiedene Posts auf dessen Facebook-Seite. Dort bezeichnet er unter anderem deutsche Medien als "Regierungsjournalismus". Zudem teilte er einen Link, in dem der türkische Außenminister deutsche Zeitungen angeblich als "Lügenpresse" entlarvt. Auf der Facebook-Seite findet sich überdies ein Beitrag des Fachmagazins "Europhysics News", der den Zusammenbruch des World Trade Center in New York am 11. September 2001 als Ergebnis einer kontrollierten Sprengung beschreibt. Zugleich hatte er sich aber an anderer Stelle klar von radikalen islamistischen Positionen distanziert. Im Beirat habe er sich völlig unauffällig verhalten, sagte gestern eine Sprecherin des Schulministeriums.

Der Berater, ein Islamwissenschaftler, äußerte sich zu den Vorwürfen gegen ihn nur im sozialen Netzwerk Facebook: Das Selbstbestimmungsrecht der Völker und die Demokratie als politisches System seien Werte, die bei ihm auf den Bannern stünden. "Bin ich Verschwörungstheoretiker, wenn ich nicht an eine einzige offizielle Version glaube?", postete er mit Blick auf den Anschlag des 11. September 2001. Auf die Frage, ob er glaube, dass es in Deutschland keine Presse- und Meinungsfreiheit gebe, antwortete er: "Wenn Sie das aus meinen Sätzen entnehmen? Dann kann ich nichts dazu sagen."

Der Berater ist einer von vier Ehrenamtlichen, die von Löhrmann 2012 selbst berufen wurden - in seiner Funktion als Islamwissenschaftler. Die anderen vier werden von islamischen Organisationen, darunter auch Ditib, benannt. Ditib mit Hauptsitz in Köln ist der größte Islamverband der insgesamt rund 900 deutschen Moscheevereine. An der Zusammenarbeit mit dem Beirat will die Schulministerin festhalten: "Der Beirat hat bislang sachgerecht und seinem gesetzlichen Auftrag entsprechend gearbeitet." Eine Sprecherin sagte, dass es vor der Berufung aller Beiratsmitglieder eine Sicherheitsabfrage beim Verfassungsschutz gebe. Die Zusammenarbeit mit den Ditib-Vertretern gelte weiterhin als vertrauensvoll. "Es gibt da keine Beanstandungen", sagte die Sprecherin des Schulministeriums.

Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Beirats, Mehmet Soyhun, der im Beirat die Ditib vertritt: "Alle Beiratsmitglieder haben stets sachbezogen und konstruktiv zum Aufbau des islamischen Religionsunterrichts beigetragen." Private Äußerungen der Beiratsmitglieder würden nicht im Namen des Beirats getätigt und gäben daher nur die private Meinung des jeweiligen Beiratsmitglieds wieder. Der Beirat beschäftige sich in seiner Arbeit nicht mit politischen Fragen.

Vor wenigen Wochen war Ditib in die Kritik geraten, weil sich der Verband nach Ansicht Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) nicht ausreichend von einem Comic der türkischen Religionsbehörde Diyanet distanziert hatte, der auch Ditib organisatorisch untergeordnet ist. Darin wurde der Märtyrertod verherrlicht. Jäger hatte die Kooperation mit Ditib beim Präventionsprogramm "Wegweiser" für gefährdete Jugendliche beendet.

(RP)
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