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Landeswahlversammlung AfD-Chef ohne Mehrheit in der eigenen Partei

Düsseldorf/Rheda-Wiedenbrück · Marcus Pretzell musste auf der Wahlversammlung im ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück mitansehen, wie eine Mehrheit der Delegierten gegen die bisherige Kandidatenliste votierte. Vor Ort war auch seine Lebensgefährtin Frauke Petry.

Kandidatenliste zur NRW-Landtagswahl 2017: AfD-Chef ohne Mehrheit in der Partei
Foto: dpa, bt

Das vergangene Wochenende wird Marcus Pretzell nicht so schnell vergessen. Bei der Aufstellung der Kandidatenliste zur Landtagswahl im Mai 2017 geriet der nordrhein-westfälische AfD-Vorsitzende derart in Bedrängnis, dass die weitere Spaltung der Partei nicht mehr ausgeschlossen schien. Da half auch nicht der Beistand seiner Lebensgefährtin Frauke Petry, die als AfD-Bundesvorsitzende ebenso im innerparteilichen Kreuzfeuer steht wie er.

Auf der Landeswahlversammlung in Rheda-Wiedenbrück entlud sich am Wochenende der Zorn über angebliche Tricksereien von Pretzell-Getreuen auf der Soester Wahlversammlung im September. Dort soll eine "Whatsapp"-Gruppe dafür gesorgt haben, dass bei den Einzelabstimmungen Kandidaten des Pretzell-Lagers zum Zuge kamen. Der AfD-Chef bestreitet indes, damit etwas zu tun zu haben.

Dann wurde aber bekannt, dass in Soest fünf Wahlzettel in einer Wahlurne verblieben waren, also offenbar nicht mitgezählt worden waren. Nach Informationen unserer Redaktion soll die Wahlhelferin, die diesen Vorfall eingestanden hat, die Zettel mit nach Hause genommen und dort vernichtet haben, ohne auf den Inhalt zu achten.

Diese Version stößt in der Partei zwar auf allergrößte Skepsis. Aber dass Zettel vernichtet wurden, steht offenbar außer Frage. Pretzell reagiert ambivalent. Einerseits spricht er von einem Fall für den Staatsanwalt, andererseits bezeichnet er die fünf Stimmen als irrelevant für das Wahlergebnis. Gleichwohl schlug der Vorgang in der Partei hohe Wellen. Der stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende Alexander Gauland und der thüringische Parteichef Björn Höcke - beide Gegner von Petry und Pretzell - warfen dem NRW-Landesverband öffentlich Mauscheleien vor.

Angeblich, um die Wogen zu glätten, verständigte sich Pretzell am vergangenen Freitagabend in Essen mit Kreis- und Bezirksvorsitzenden auf Namensvorschläge für die weitere Besetzung der Listenplätze, die beiden Lagern gerecht werden sollte. Doch diese Vorschlagsliste war zusätzlich Wasser auf die Mühlen der Pretzell-Gegner wie der "Patriotischen Plattform". In Rheda-Wiedenbrück war am Wochenende von "Machtcliquenpolitik" die Rede und auch von "Vernichtungsfeldzug".

Zudem sprach sich eine Mehrheit der Delegierten dafür aus, die bis Platz 22 festgezurrte Parteiliste zu verwerfen und von vorn zu beginnen. Pretzell stand mit dem Rücken zur Wand. Vor dem Rollback bewahrte ihn nur die Geschäftsordnung, laut der für eine Änderung der Tagesordnung eine Zweidrittel-Mehrheit notwendig gewesen wäre. Doch das Ergebnis ist entlarvend. "Jetzt haben wir bis zur Landtagswahl eine Liste, die nicht von der Mehrheit der Partei unterstützt wird", so ein führendes AfD-Mitglied. Ein Parteimitglied aus Düsseldorf sagte laut Deutscher Presse-Agentur: "Wir haben ein Niveau erreicht, das geht wirklich gar nicht mehr. Wir sind dabei, uns als Partei selbst aufzulösen. Es geht hier einer kleinen Clique darum, sich schön finanziell abzusichern."

Auf der Landeswahlversammlung wurde nur ein Platz besetzt

Der Streit führte dazu, dass in Rheda-Wiedenbrück am Samstag nur ein einziger Listenplatz besetzt werden konnte: Auf Platz 23 gelangte die Solinger Vizevorsitzende und Ex-FDP-Frau Verena Wester. Sie ist laut Recherche-Netzwerk "correctiv" die Tochter jenes Richters, der 2015 Pretzell in dessen Steueraffäre "private chaotische Zustände" bescheinigt hatte. Am kommenden Wochenende soll die Liste erweitert werden. Wie viele Kandidaten insgesamt aufgestellt werden, ist noch unklar.

Darüber müssten die Delegierten entscheiden, heißt es. Denen wird schon jetzt unendlich viel Geduld abverlangt: Für einen Listenplatz gibt es mitunter bis zu 15 Bewerber. Jeder kann sich sieben Minuten lang vorstellen; hinzu kommt jeweils eine Frage- und Antwortrunde. Kommt ein Bewerber nicht zum Zuge, kann er es bei den nächsten Plätzen erneut versuchen, und das Vorstellungsszenario beginnt von neuem.

Für die NRW-AfD wird die Zeit allmählich knapp; bis zum 27. März müssen die Listen abgeliefert werden. Dann prüft der Landeswahlleiter, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Falls nicht, muss er die Partei von der Wahl ausschließen.

(hüw)
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