Kommunen NRW-Städte ächzen unter Soziallast

Berlin/Düsseldorf · Eine neue Studie ergibt: Der Anteil der Sozialausgaben an kommunalen Gesamtbudgets stieg in den vergangenen zehn Jahren um 50 Prozent.

NRW-Städte: Anteil an Sozialausgaben an Gesamtausgaben
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Foto: Andreas Hermsdorf/Pixelio

Nirgendwo in Deutschland müssen die Kommunen von ihrem Gesamtbudget so viel für Sozialleistungen ausgeben wie in Nordrhein-Westfalen: Das Land nimmt mit einem Sozialausgaben-Anteil von 43 Prozent den Spitzenplatz im Ländervergleich ein. Dies geht aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor, die gestern in Berlin veröffentlicht wurde. Demnach sind die Sozialausgaben der deutschen Kommunen in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 50 Prozent gestiegen. Diese enorme Kostendynamik wirkt sich besonders negativ auf Regionen aus, in denen der Kostenanteil der Sozialleistungen - wie vielerorts in NRW - ohnehin schon hoch war.

Vor allem wirtschaftsschwachen Städten wie Duisburg oder Dortmund nimmt der stark stiegende Kostenanteil der Sozialleistungen jeden Handlungsspielraum. Notwendige Investitionen bleiben damit aus. Die Autoren der Studie fordern den Bund daher auf, einen höheren Anteil an den Unterkunftskosten für Hartz-IV-Empfänger zu übernehmen. Bisher trägt der Bund davon ein knappes Drittel, Von 2018 an solle er dauerhaft zusätzlich fünf Milliarden Euro für die Kosten der Unterkunft bezahlen, fordert die Stiftung. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD den Kommunen ab 2018 bereits zusätzlich fünf Milliarden Euro zugesagt, ohne allerdings festzulegen, wofür und wie lange das Geld fließen soll.

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Foto: Radowski

Der Studie zufolge summierten sich die Kosten der Kommunen für Sozialleistungen 2014 bereits auf 78 Milliarden Euro, zehn Jahre zuvor waren es erst 51 Milliarden Euro. Die regionalen Unterschiede sind groß: Während etwa die VW-Stadt Wolfsburg in Niedersachsen nur 17 Prozent ihres Haushalts für Sozialleistungen aufwendet, binden diese im schleswig-holsteinischen Flensburg 58 Prozent des Gesamtbudgets. In NRW bildet Duisburg mit 52 Prozent das Schlusslicht. Doch auch in Dortmund (49 Prozent), Solingen (48 Prozent) und Köln (46 Prozent) fressen die Sozialausgaben fast die Hälfte des Gesamtbudgets auf.

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Der größte Anteil der Sozialausgaben fließt mit rund 36 Milliarden Euro in die Kinder- und Jugendhilfe. Vor allem für Kitas und die Familienhilfe haben sich die Ausgaben innerhalb von zehn Jahren verdoppelt. Doch auch die Eingliederungshilfen für Behinderte und die Wohnkosten für Hartz-IV-Empfänger sind geradezu explodiert.

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Foto: dpa, Arne Dedert

"Wenn die Kommunen handlungsfähig bleiben sollen, brauchen sie mehr Geld" sagte ein Sprecher des Städte- und Gemeindebunds in NRW. "Der Bund muss seine Zusagen erfüllen und die Kommunen entlasten - bei den Wohnkosten ebenso wie bei der Eingliederungshilfe für Behinderte", forderte Michael Hübner, kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. "Die Bertelsmann-Studie veranschaulicht die gefährliche Untätigkeit der Bundesregierung. Sie muss endlich die Kommunen von den Kosten, die bei Langzeitarbeitslosen oder bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung entstehen, befreien", sagte Grünen-Fraktionschef Mehrdad Mostofizadeh.

Die 395 Städte und Gemeinden in NRW seien aktuell mit 62 Milliarden Euro verschuldet, teilte gestern das Statistische Landesamt mit. Das sind über 20 Milliarden Euro oder 53,8 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Die Pro-Kopf-Kommunalverschuldung sei gegenüber 2005 um 47 Prozent auf 3542 Euro gestiegen.

(mar)
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