NRW-Minderheitsregierung Krafts rot-grünes Kabinett steht

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat am Donnerstag in Düsseldorf ihr rot-grünes Kabinett ernannt. "Ich bin stolz, ein mit Männern und Frauen paritätisch besetztes Kabinett vorstellen zu können", sagte Kraft bei der Vorstellung in der Staatskanzlei.

"Ich bin stolz, ein mit Männern und Frauen paritätisch besetztes Kabinett vorstellen zu können", sagte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Donnerstag in Düsseldorf. Die gleiche Verteilung zwischen männlichen und weiblichen Regierungsmitgliedern sei bundesweit wohl einmalig. Alle Kabinettsmitglieder hätten "NRW-Erfahrung". Dieses "gute Team" werde die Unterstützung der Bürger bekommen.

Einschließlich Kraft gehören der Landesregierung damit sechs Frauen und sechs Männer an. Im ebenfalls zwölfköpfigen Kabinett der schwarz-gelben Vorgängerregierung saßen nur drei Frauen.

Vereidigung im Landtag

Die Ministerriege der Minderheitskoalition wurde anschließend im nordrhein-westfälischen Landtag von Parlamentspräsident Eckhard Uhlenberg (CDU) vereidigt. Dann nahm das Kabinett auf der Regierungsbank Platz. Einen Chef der Staatskanzlei stellte Kraft noch nicht vor. Er soll nach Angaben der Landesregierung am Freitag ebenso wie weitere Staatssekretäre benannt werden.

Vize-Ministerpräsidentin und Schulministerin wird Sylvia Löhrmann. Die 53-Jährige ist seit 1995 im Landtag, seit 2000 leitet sie die Fraktion der Grünen. Löhrmann stammt aus einem konservativen Elternhaus. Die Gymnasiallehrerin für Englisch und Deutsch lebt in Solingen zusammen mit ihrem langjährigen Lebenspartner Reiner Daams.

Die Grünen stellen auch die Ressorts Umwelt und Gesundheit. Ersters übernimmt Johannes Remmel. Der 1962 in Siegen geborene Vater zweier Kinder war nach seinem Lehramtsstudium zunächst Hausmann, übte dann publizistische Tätigkeiten aus. Seit 1995 ist Remmel Landtagsabgeordneter, seit 2000 Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion.

Borjans Finanzminister

Barbara Steffens, künftige Gesundheitsministerin, ist Mutter zweier Kinder. Die 48-Jährige gehört seit Langem zur ersten Garnitur der NRW-Grünen. 1995 unterschrieb sie mit Johannes Rau den ersten rot-grünen Koalitionsvertrag für das Land. als ihre Hobbys nennt Steffens Stricken, Heimwerken, Gemüse- und Kräuteranbau im eigenen Garten und Kochen.

Finanzminister wird Norbert Walter-Borjans (SPD). Der 57-jährige Diplom-Volkswirt war bisher Wirtschaftsdezernent und kommissarischer Kämmerer der Stadt Köln. In der Landespolitik machte er sich als Regierungssprecher von Ministerpräsident Johannes Rau einen Namen. Walter-Borjans wurde in Krefeld-Uerdingen geboren und wuchs in Meerbusch auf. Bei Henkel arbeitete er im Produktmanagement.

Innenminister wird Ralf Jäger (SPD). Der 49-jährige Duisburger ist seit zehn Jahren Mitglied des Landtages und war als Fraktionsvize für Innen-, Rechts- und Kommunalpolitik zuständig. Jäger hat eine kaufmännische Ausbildung und ein Pädagogik-Studium absolviert. In der Opposition galt der Hobbykoch als "Allzweckwaffe". Sein Spitzname lautet - nach dem Kampfflugzeug - "Jäger 90".

Voigtsberger im Wirtschaftsressort

Thomas Kutschaty (SPD) wird neuer Justizminister. Der 42-jährige Anwalt aus Essen nennt Willy Brandt als seinen Lieblingspolitiker. 1986 trat er in die SPD ein, seit 2005 ist er Mitglied des Landtages. Kutschaty ist verheiratet und hat drei Kinder. Er leitete den Untersuchungsausschuss, der die Umstände der Verhaftung eines unliebsamen Abteilungsleiters im Umweltministerium aufklären sollte.

Harry Voigtsberger (SPD) wird neuer Wirtschaftsminister. 1950 in Hindelang im Allgäu geboren, kam er zum Studium nach Aachen und blieb in der Region. Voigtsberger ist seit 2008 Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland und damit Chef von 15.000 Mitarbeitern, die sich im Auftrag der Kommunen etwa um Förderschulen und Museen kümmern.

Erwartungsgemäß ist DGB-Landeschef Guntram Schneider (SPD) neuer Arbeitsminister. Der 59-Jährige war bislnag Vorsitzender des DGB in NRW. Dieses Amt wird er bei Eintritt in die Regierung niederlegen. Der gebürtige Westfale ist gelernter Werkzeugmacher und wechselte 1974 in die Gewerkschaftsarbeit. Schneider ist mit der Künstlerin Alma Stefanescu-Schneider verheiratet.

Familienministerin wird Ute Schäfer von der SPD. Die 56-Jährige war in der rot-grünen Landesregierung von Peer Steinbrück Schulministerin. Nach dessen Abwahl wurde die Pädagogin bildungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion und stellvertretende Vorsitzende der NRW-SPD. Schäfer vertritt den Wahlkreis Lippe 1 im Landtag.

Schwall-Düren für Europa

Ministerin für Europa- und Bundesratsangelegenheiten ist Angelica Schwall-Düren (SPD). Sie wurde 1948 in Baden-Württemberg geboren. 1977 machte sie ihren Doktor in Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Bisher saß Schwall-Düren für das Münsterland im Bundestag. Im vergangenen Jahr wurde sie zum dritten Mal zur stellvertretenden Vorsitzenden ihrer Fraktion für den Bereich Angelegenheiten der Europäischen Union gekürt.

Zudem übernimmt Svenja Schulze (SPD) das Wissenschaftsressort. Die 41-Jährige sitzt seit 2004 im Landtag, war aber bereits von 1997 bis 2000 in dem Parlament vertreten. In der Zwischenzeit war sie als Rechnungsprüferin und Unternehmensberaterin tätig. Schulze hat Germanistik und Sozialwissenschaften studiert.

Kraft war am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag als Nachfolgerin des bisherigen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) zur ersten Regierungschefin der NRW-Landesgeschichte gewählt worden. Schwarz-Gelb hatte die Landtagswahl am 9. Mai verloren. SPD und Grüne bilden nun eine Minderheitsregierung.

Bürger optimistisch

CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann monierte, in dem Kabinett fehlten "wichtige Namen der Sozialdemokratie". "Weil die eigenen Genossen nicht an die Zukunft der Minderheitsregierung glauben, gaben sie Frau Kraft einen Korb", sagte der Oppositionsführer. "So folgt auf einen Koalitionsvertrag, der keine Visionen entwickelt, ein Kabinett, das keinen Glanz vermittelt", fügte er hinzu. NRW-CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid bezeichnete die neuen Regierungsmitglieder als "dritte Wahl".

Die Bürger in Nordrhein-Westfalen bewerten die Chancen der rot-grünen Minderheitsregierung durchaus positiv. In NRW glauben 38 Prozent, die Koalition unter Führung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) werde bis zum Ende der Legislaturperiode in fünf Jahren durchhalten, wie aus einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für den Nachrichtensender N24 hervorgeht.

40 Prozent meinen, die neue Landesregierung werde mindestens ein bis zwei Jahre existieren (bundesweit 39 Prozent). Für die Erhebung wurden am Mittwoch rund 1000 NRW-Bürger repräsentativ befragt.

(RP/ddp/das)
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