Plan für "Internet-Ministerium" wieder gekippt NRW-CDU spült eigenes Wahlprogramm weich

Düsseldorf · Die NRW-CDU hat den Entwurf für ihr Wahlprogramm in letzter Sekunde noch einmal deutlich entschärft. Vom Plan, ein neues Internet-Ministerium zu gründen, ist nicht mehr die Rede.

 Delegierte der NRW-CDU heben in Bad Sassendorf bei einer Abstimmung ihre Stimmkarten hoch.

Delegierte der NRW-CDU heben in Bad Sassendorf bei einer Abstimmung ihre Stimmkarten hoch.

Foto: dpa, gki

Die aktuellste Version, auf die der Landesvorstand sich an diesem Samstag in Bad Sassendorf einigen sollte, enthält zum Beispiel keine konkreten Zahlen zu den zusätzlichen Kommissaranwärtern mehr, die die CDU im Falle einer Regierungsbeteiligung nach der Landtagswahl am 14. Mai einstellen will.

Hintergrund sind taktische Überlegungen: "Wir wollen nicht, dass Rot-Grün solche Zahlen dann in die Ministerien gibt, und ausrechnen lässt, was das alles kostet", sagte ein an den Beratungen in Bad Sassendorf beteiligter Unionspolitiker, "dann wird uns das alles im Wahlkampf zerredet."

Inhaltliche Unschärfe dominiert Entwurf

Statt der ursprünglich geplanten Einstellung von 2000 neuen Kommissaranwärtern pro Jahr steht in dem 97-seitigen aktualisierten Entwurf, der unserer Redaktion ebenfalls vorliegt, nun nur noch: "Wir wollen durch eine ausreichende Anzahl von eingestellten Kommissaranwärtern die steigende Anzahl von Pensionierungen wirksam kompensieren."

Auch die Zahl der zusätzlich geforderten Staatsanwälte und Richter wird nicht quantifiziert. Überhaupt dominiert die inhaltliche Unschärfe sehr viele Passagen des jüngsten Entwurfes: "Die technische und personelle Ausstattung der Justizvollzugsanstalten in NRW ist den gestiegenen tatsächlichen und rechtlichen Anforderungen anzupassen und insgesamt zu stärken", ist eine der typischen Formulierungen aus dem Programm.

Die geplante Einstellung von Polizeiverwaltungsassistenten zur Unterstützung der Polizei wird ebenfalls nicht mehr quantifiziert. Im jüngsten Programm-Entwurf heißt es nur noch: "Wir wollen qualifizierte Tarifbeschäftigte als Polizeiverwaltungsassistenten einstellen, damit Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte wieder ihre eigentliche Aufgabe wahrnehmen können (…)". Geblieben ist jedoch der Plan, auch Realschülern den Zugang zur Polizei zu ermöglichen sowie die Aufspaltung des Polizeistudiums in die beiden Schwerpunktstudiengänge "Schutzpolizei" und "Kriminalpolizei".

Wie berichtet will die NRW-CDU zudem härtere Strafen für Einbrecher. Deshalb sollen Wohnungseinbrüche als Verbrechen eingestuft werden. "Softwaregestützte Werkzeuge wie das Predictive Policing, mit deren Hilfe sich die Tatmuster von Einbrechen vorhersagen lassen", sollen "flächendeckend" eingesetzt werden.

Gegen kriminelle Familienclans und Rockerbanden, die "rechtsfreie Räume für sich beanspruchen", sollen regelmäßige Razzien organisiert werden. Auch der Eigenbesitz von Drogen soll wieder restriktiver unter Strafe gestellt werden. "Im Sinne einer Null-Toleranz-Strategie gegen die Verwahrlosung von Stadtteilen wollen wir landesrechtliche Regelungen schaffen oder verbessern, um wirksam gegen das Phänomen Schrottimmobilien vorgehen zu können", heißt es im jüngsten Programmentwurf. Die Einbürgerung von Extremisten soll - wo rechtlich möglich - rückgängig gemacht werden. "Wer im Ausland für eine Terrormiliz gekämpft hat und neben der deutschen eine weitere Staatsangehörigkeit besitzt, muss die deutsche Staatsangehörigkeitkünftig automatisch verlieren", so das CDU-Programm.

Auch der Plan, nach der Wahl ein neues Internet-Ministerium für NRW zu gründen, ist kurzfristig wieder aus dem Programm geflogen. In einer früheren Version, die unserer Redaktion vorliegt, hieß es noch: "Wir setzen uns für ein eigenes Ministerium für Digitale Entwicklung ein." Das neue Ministerium solle sich "darauf konzentrieren, eine funktionierende Kommunikation zwischen allen Verwaltungsebenen zu gewährleisten", so der vorausgegangene Entwurf. Ein Sitzungsteilnehmer sagte: "Wir können nicht ein neues Ministerium fordern und gleichzeitig Bürokratieabbau predigen. Das versteht niemand."

Deshalb heißt es jetzt im aktualisierten Entwurf nur noch: "Wir wollen für NRW unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände eine einheitliche Digitalisierungsstrategie für die öffentliche Verwaltung entwickeln." Die elektronische Akte soll Behörden-Standard werden. "Wir wollen sicherstellen, dass die Bürgerinnen und Bürger möglichst viele Leistungen der Landesverwaltung und der Kommunen online nutzen können".

Bei dem bereits berichteten Ziel von freien W-Lan-Netzen in den Innenstädten und einem "flächendeckenden Breitbandausbau" ist es hingegen geblieben. Ebenso bei der Ankündigung, nach der Wahl nur vier verkaufsoffene Sonntage pro Jahr rechtlich absichern zu wollen. "Der Sonntag darf nicht allein ökonomischen Interessen geopfert werden", heißt es in dem Entwurf, der dem Landesvorstand an diesem Samstag in Bad Sassendorf zur Schlussabstimmung vorlag.

Geblieben ist der Plan, Planungs- und Genehmigungskapzitäten in NRW zu optimieren. "Sind Genehmigungsverfahren in anderen Bundesländern schneller, streben wir eine Übernahme der besten bundesweiten Regelung in unsere Landesgesetze an", heißt es unverändert im neuen Entwurf. Ebenfalls bleibt Ziel der CDU, rot-grüne Projekte wie das Landesklimaschutzgesetz oder die Hygiene-Ampel in NRW abzuschaffen.

Am Montag will die NRW-CDU ihr Wahlprogramm inklusive etwa 20 Änderungen, die der Vorstand an diesem Samstag noch beschlossen hat, der Öffentlichkeit vorstellen.

(tor)
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