Nordrhein-Westfalen Autonomie der Hochschulen in Gefahr?

Düsseldorf · Bei der Experten-Anhörung zur Hochschulnovelle von NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) gibt es am heutigen Mittwoch im Düsseldorfer Landtag sehr viel Kritik.

Das neue Hochschulgesetz von A bis Z
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Foto: Bretz,Andreas (abr)

Fast 30 Experten haben sich ab Mittag im Plenarsaal des Landtags eingefunden, um ihr Urteil zum geplanten "Hochschulzukunftsgesetz" abzugeben. Zahlreiche Stellungnahmen liegen bereits vor. Sie sind für Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) zumeist alles andere als schmeichelhaft. Kritiker der Hochschulnovelle, die das "Hochschulfreiheitsgesetz" der früheren schwarz-gelben Landesregierung ablösen soll, werfen der Ministerin vor, de facto ein "Entmündigungsgesetz" zu planen.

Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Horst Hippler, sieht in dem Entwurf den "Versuch des massiven Eingriffs des Landes in die Wissenschaftsfreiheit sowohl in der Forschung als auch in der Lehre". Das Ministerium trachte — "am demokratisch legitimierten Gesetzgeber vorbei" — nach neuen Formen der Kontrolle.

Mit den "Rahmenvorgaben" erhalte das Wissenschaftsministerium die Möglichkeit, "in allen zentralen Verwaltungsfragen der Hochschulen verbindliche Regelungen zu erlassen"; dies gelte sowohl für Personal- als auch für die Wirtschaftsfragen, moniert auch Annette Fugmann-Heesing für die Vorsitzenden der Hochschulräte. Ihr Fazit: Die von Schulze beschworene Hochschulautonomie erweise sich als "Etikettenschwindel".

Porträt: Das ist Sylvia Löhrmann
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Kritik auch aus der Wirtschaft

Der Landesvorsitzende des Deutschen Hochschulverbandes (DHV), Wolfgang Löwer, sieht den vorliegenden Entwurf "von leistungshemmendem Misstrauen bestimmt". Der DHV bestreite, dass die Entwicklungsplanung des Hochschulwesens Aufgabe des Ministeriums sei. Zuständig sei vielmehr das Parlament. Der Gesetzentwurf atme den "Geist der Planwirtschaft und der Entmündigung", betont Löwer.

Kritik kommt auch aus der Wirtschaft. Die Industrie- und Handelskammern halten selbst die inzwischen entschärfte Version zur Offenlegung von privaten Forschungsgeldern (Drittmitteln) für heikel. Auch wenn die Veröffentlichung von Innovationsvorhaben erst nach Projektabschluss vorgesehen sei und auf Detailangaben verzichtet werde, sähe immer noch knapp die Hälfte der Unternehmen in den Veröffentlichungspflichten einen "Hindernisgrund für die Anbahnung von Forschungskooperationen". Das bedeutet im Klartext: Im Zweifelsfall wird ein NRW-Unternehmen seinen Forschungsauftrag an eine Hochschule eines Bundeslandes vergeben, in dem eine solche Transparenz nicht vorgesehen ist, so dass man vor ungeliebter Konkurrenz sicher sein kann.

Der Verband "Unternehmer NRW" bemängelt, dass der Hochschulrat seine Kompetenz zur Zustimmung des Hochschulentwicklungsplans verlieren soll. Dies widerspreche der Kontrollfunktion dieses mit Externen besetzten Gremiums. Ein grundlegender Kurswechsel in der Hochschulpolitik mit einer Detailsteuerung durch das Land wäre nach Ansicht des Verbandes "ein schwerer Rückschlag für den Wissenschafts- und Forschungsstandort NRW".

Auch Landes-ASten unzufrieden

Diese Gefahr sieht der DGB in seiner Stellungnahme zwar nicht, rät aber gleichwohl dazu, dem Parlament und nicht dem Ministerium beim Landeshochschulentwicklungsplan "mehr Gewicht" zu geben. Begrüßt wird das Bekenntnis zur Viertelparität (Mitsprache von Professoren, Studierenden, wissenschaftlichen Mitarbeitern und Angestellten), wobei dazu allerdings verbindlichere Festlegungen im Gesetzestext gefordert werden.

Auch die Landes-ASten sind unzufrieden. Sie wollen nicht akzeptieren, dass Studierende, die innerhalb von vier Semestern ohne triftigen Grund keine Prüfung abgelegt haben, zwangsweise exmatrikuliert werden können. Außerdem soll der Hochschulrat, der geschlechterparitätisch zu besetzen sei, nur noch beratendes Gremium sein. Bei der Drittmittel-Forschung müsse es mehr Transparenz geben.

(hüw, fvo)
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