Delegierten-Treffen In Essen drohen der AfD neue Lagerkämpfe

Essen · Trotz sinkender Umfragewerte geht die AfD davon aus, in den neuen Bundestag zu kommen. Um ihre Kandidaten für September zu bestimmen, treffen sich die Delegierten der NRW-AfD am Wochenende in Essen. Neben parteiinternen Streitigkeiten werden etwa 500 Gegendemonstranten erwartet.

 Wahlzettel der "Alternative für Deutschland". (Archiv).

Wahlzettel der "Alternative für Deutschland". (Archiv).

Foto: dpa, wie

Unter dem Motto "Rassismus ist keine Alternative" wollen Gegner der AfD am Samstag demonstrieren. Man wolle die AfD-Delegierten am Morgen zunächst "lautstark begrüßen", hieß es in einem Aufruf des Bündnisses "Essen stellt sich quer" zur Teilnahme. Am späten Vormittag ist ein Zug vom Messegelände in die Innenstadt geplant. Die Veranstalter der Demo rechnen mit etwa 500 Teilnehmern.

Die AfD sei eine Partei, "die Minderheiten attackiert und Politik gegen die Schwächsten der Gesellschaft macht", begründete das Bündnis seinen Protest. Die Polizei ist nach Angaben eines Sprecher "vorbereitet". Zur Unterstützung würden auch Kräfte aus anderen Städten nach Essen kommen. Autofahrer in der Gegend müssen sich auf Behinderungen einstellen.

Vorwiegend Pretzell-Vetraute für die besten Plätze

Auch beim Treffen selbst dürfte es neuen Ärger geben. Die Lager-Kämpfe innerhalb des Landesverbands um die beiden Vorsitzenden Martin Renner und Marcus Pretzell werden sich wohl bei der Wahl der Bundesliste fortsetzen. So will sich Renner, den Pretzell beim Landesparteitag in Oberhausen im Januar loswerden wollte, als Spitzenkandidat aufstellen lassen. Die Abwahlanträge aus dem Landesvorstand um Pretzell waren gescheitert; Renner hatte genug Gegenstimmen sammeln können und gibt sich für die Wahl der Bundesliste zuversichtlich: "Ich würde nicht für Platz eins antreten, wenn ich nicht glauben würde, dass ich das schaffe", sagte Renner. Als Gegenkandidat will Kay Gottschalk zur Wahl des Spitzenkandidaten antreten. Er gilt als Vertrauter von Pretzell. Gottschalk, der zuletzt bei vielen NRW-AfD-Veranstaltungen als gewählter Versammlungsleiter fungierte, ist derzeit aber noch Fraktionschef des Bezirksverbands Hamburg-Mitte — hat nach eigenen Angaben aber seinen Lebensmittelpunkt bereits in NRW.

Der AfD-Verband Hamburg zeigte sich überrascht; die Nachricht sei erst seit zwei Tagen bekannt — durch Flurfunk, nicht von Gottschalk selbst. Dass sich der mitgliedsstärkste Verband jemanden aus Hamburg für eine so exponierte Position holt, sei sehr verwunderlich, hieß es aus dem Vorstand.

Neben Gottschalk wollen sich vorwiegend Pretzell-Vetraute um die aussichtsreichen Spitzenplätze bewerben, heißt es aus Parteikreisen, die immer wieder von einer "Beutegemeinschaft" rund um den Landes-Chef sprechen. Es sollen — ähnlich wie bei der Landeslistenwahl — im Hintergrund bereits Absprachen getroffen worden sein, von einer "Schattenliste" ist die Rede. Belegen lässt sich das nicht. Die NRW-AfD rechnet bei Umfragewerten von acht bis neun Prozent mit etwa zehn Sitzen im Bundestag.

Mohr freut sich auf die weitere Arbeit

Auf einen der ersten zehn Plätze will sich auch Markus Mohr bewerben. Das seit einem Jahr laufende Parteiausschlussverfahren gegen den umstrittenen Aachener Ratsherrn ist am Freitag, kurz vor dem Wahlwochenende, eingestellt worden — das Bundesschiedsgericht sah keinen Verstoß gegen die Grundsätze der Partei. Mohr war vor gut einem Jahr im Aachener Rat eine Allianz mit einem ehemaligen Pro-NRW-Mitglied eingegangen. Der 32-Jährige gilt als Rechtsaußen der NRW-AfD und Freund von Björn Höcke. Für ihn ist die Angelegenheit mit dem Urteil erledigt. "Ich freue mich auf die weitere Arbeit in der Partei", erklärte Mohr am Freitag.

Der Landesvorstand wollte offenbar auch einige andere Mitglieder loswerden, die die Wahl der Landesliste offen kritisiert hatten, und entzog ihnen die Mitgliederrechte. Diese Maßnahmen hob das AfD-interne Landesschiedsgericht nun auf. Der Antrag des Landesvorstands sei unbegründet,, "es bestehen Bedenken hinsichtlich der Schlüssigkeit".

(RP)
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