NRW-Frauenförderung Beamtenaufstand gegen Minister Walter-Borjans

Düsseldorf · Die Frauenförderung bringt zwei Vertraute auseinander: Gewerkschafts-Chef Manfred Lehmann verlangt für Landesbedienstete Schadenersatz von Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD).

 NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans erntet Kritik.

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans erntet Kritik.

Foto: dpa, skm tba

Bei der Dienstrechtsreform droht der rot-grünen Landesregierung ein Fiasko. Nach wachsender Kritik von Top-Juristen, der Opposition und selbst aus der SPD fordert nun die Deutsche Steuergewerkschaft (DSTG) Schadenersatz für Beamte, die wegen der neuen Frauenförderung bei Beförderungen nicht berücksichtigt wurden. Laut DSTG zeichnen sich Forderungen in Millionenhöhe ab.

In einem persönlichen Brief an NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD), der unserer Redaktion vorliegt, fordert DSTG-Landeschef Manfred Lehmann "für den Kreis der Beamten, die durch die laufenden Klageverfahren trotz vorhandener Stellen nicht befördert werden können, einen Ausgleich der finanziellen Nachteile". Es sei "nicht hinnehmbar, dass die Beamten durch ihre Nichtbeförderung für die Unzulänglichkeiten einer Gesetzgebung in Haftung genommen werden, die absehbar waren", klagt Lehmann.

Beförderungslisten über Nacht ungültig

Im Öffentlichen Dienst des Landes gilt seit Juli, dass Frauen innerhalb einer bestimmten Beurteilungsspanne selbst bei schlechterer Qualifikation bevorzugt befördert werden müssen. Ziel ist es, einen höheren Frauenanteil in Führungspositionen zu erreichen.

Mit dem neuen Dienstrecht wurden bis dahin gültige Beförderungslisten über Nacht ungültig: Männer, die aufgrund der fachlichen Beurteilung durch Vorgesetzte eine sichere Beförderung vor Augen hatten, stürzten plötzlich auf aussichtslose Listenplätze ab. Weil das gegen mehrere Rechtsgrundsätze wie das Leistungsprinzip und den Vertrauensschutz verstoßen könnte, beobachten Gewerkschaften schon eine Klagewelle. Ein Sprecher des Finanzministeriums erklärte hingegen: "Wir sind von der Rechtmäßigkeit der Dienstrechtsreform überzeugt." Es bestehe kein Anlass zu Kompensationszahlungen.

Lehmanns Protest ist brisant, weil er neben dem materiellen Risiko auch den Image-Schaden benennt, den die Querelen um das neue Dienstrecht für die Landesregierung bedeuten könnten. Viele Gewerkschafter haben eine Nähe zur SPD. Insbesondere Lehmann galt als Vertrauter von Walter-Borjans. Doch inzwischen kritisieren selbst Sozialdemokraten der Landtagsfraktion die Reform. Der Verfassungsrechtler Stefan Huster von der Universität Bochum sieht "ein hohes verfassungsrechtliches Risiko in der Dienstrechtsreform" und räumt Klägern gute Chancen ein.

Im Juni 1531 Finanzbeamte befördert

In einer internen Information an die DSTG-Mitglieder schrieb Lehmann am 11. August: "Die Klagewelle gegen die neuen Beförderungslisten läuft." Auf die juristischen Unwägbarkeiten haben die Behörden nun mit einem generellen Beförderungsstopp reagiert. "Die Vorstellungen der Landesregierung zur Frauenförderung richten sich so auch gegen unsere weiblichen Beschäftigten", schreibt Lehmann. Das Finanzministerium bestreitet diesen Effekt.

Kurz vor Inkrafttreten der Reform hatte Walter-Borjans allein im Juni 1531 Finanzbeamte befördert, war damit aber auf Kritik gestoßen. Auch NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) zieht bei der Polizei gerade Tausende Beförderungen vor. "Damit werden alle, die bis Juli 2017 auf einer aussichtsreichen Position zur Beförderung standen, auch befördert", ließ Jäger mitteilen.

Anders als Walter-Borjans hat Jäger sich damit einen Burgfrieden erkauft. Auf die Frage, ob auch er Widerstand gegen die Reform plane, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Arnold Plickert: "Ich bin mit der gefundenen Lösung in Form des Vorziehens von Beförderungen zufrieden."

(tor)
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