Ministeriums-Erlass zur Sicherheit NRW-Grundschülern droht Ausfall von Sportunterricht

Düsseldorf · Wer darf Sport unterrichten? Ein Erlass des Ministeriums löst Unruhe an den Schulen aus. Lehrerverbände behalten sich einen Boykott vor.

 Diese Bilder gehören an vielen Grundschulen in NRW wohl bald der Vergangenheit an.

Diese Bilder gehören an vielen Grundschulen in NRW wohl bald der Vergangenheit an.

Foto: Evers

Den Grundschulen in Nordrhein-Westfalen droht ein massives Problem beim Sportunterricht. Lehrerverbände befürchten, dass mit dem am Montag beginnenden zweiten Halbjahr in großem Umfang Stunden ausfallen. Grund ist ein neuer Erlass des Ministeriums zur Sicherheit im Schulsport, der vielerorts Unsicherheit auslöst. Der Erlass legt erstmals Qualifikationen fest, die Lehrer im Sportunterricht besitzen müssen. Das soll Lehrer und Schulen auch vor Haftungsansprüchen bei Unfällen schützen.

"Fachliche Voraussetzungen", heißt es in dem Papier, könnten "im Rahmen der Hochschulausbildung, der Lehreraus- und -fortbildung oder durch das Qualifizierungssystem der Sportverbände" erworben werden. An vielen Grundschulen unterrichtet aber nicht ein eigens ausgebildeter Sportlehrer, sondern der Klassenlehrer Sport - Grundschulkinder sollen möglichst wenig verschiedene Lehrer haben. Nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wird mehr als die Hälfte des Grundschulsports "fachfremd" unterrichtet.

Reicht die C-Lizenz?

Sport sei nach denselben Rechtsgrundlagen wie bisher möglich, betont das Ministerium von Sylvia Löhrmann (Grüne). Am Freitag stellte es überarbeitete Erläuterungen zum Erlass ins Internet. Dort ist etwa niedergelegt, dass "Lehrer mit Nachweis einer Qualifikation (zum Beispiel Übungsleiterschein)" weiter Sport unterrichten dürfen. Solche Scheine wie etwa die sogenannte C-Lizenz für Breitensport-Trainer vergibt beispielsweise der Deutsche Olympische Sportbund.

Die Verbände sind dennoch skeptisch. "Viele sportlich ambitionierte Kollegen werden aus den Plänen herausfallen", sagte Udo Beckmann, Landeschef des Verbands Bildung und Erziehung (VBE). Das Ministerium habe keine Übergangszeit für Weiterbildungen vorgesehen. "Es ist unverschämt gegenüber den Kollegen", fügte Beckmann hinzu, "die Erläuterungen so kurz vor Halbjahresbeginn einzustellen." Grundschulen hätten ihm bereits angekündigt, ihren Unterricht nicht wie bisher weiterzuführen.

Kritik kommt auch von der GEW. Grundschul-Expertin Rixa Borns sagte, es sei unklar, ob die Erläuterungen Rechtssicherheit schüfen: "Lieber ein eindeutiger Erlass als viele Erklärungen, die juristisch nicht bindend sind." VBE und GEW wollen den neuen Text nun von ihren Juristen prüfen lassen. Beide Verbände behalten sich vor, den Schulen zu empfehlen, vorerst ganz auf Sportunterricht zu verzichten.

Das Ministerium räumte Versäumnisse ein. In der ersten Version der Erläuterungen seien zwei Antworten "nicht ganz so eindeutig" gewesen, sagte ein Sprecher. Man hoffe aber, mit der Überarbeitung die Unsicherheiten beseitigt zu haben: "Es gibt jedenfalls keinen Grund, Sportunterricht ausfallen zu lassen."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort