Schuldenbremse NRW prüft neue Nebenhaushalte

Düsseldorf · Unter Führung der SPD sucht die NRW-Verfassungskommission nach Spielräumen bei der Schuldenbremse. Nebenhaushalte und Übergangsfristen sollen die Finanzen der Kommunen sichern.

Schuldenbremse: NRW prüft neue Nebenhaushalte
Foto: dpa, Martin Gerten

Die von der SPD dominierte Verfassungskommission des NRW-Landtages will Experten nach Spielräumen bei der Schuldenbremse suchen lassen. Sie ist getrieben von der Sorge, dass dem Land die Mittel für die Kommunalfinanzierung ausgehen könnten, wenn NRW wegen der Schuldenbremse ab 2020 keine neuen Schulden mehr aufnehmen darf.

"Die Verfassungskommission des Landes will im Herbst zwei Gutachten zur Übernahme der Schuldenbremse in die Landesverfassung in Auftrag geben", sagte gestern der SPD-Sprecher der Kommission, Hans-Willi Körfges, unserer Redaktion. "Dabei wollen wir unter anderem klären lassen, welche Spielräume das Land bei der Übernahme der Schuldenbremse in die Landesverfassung hat", so Körfges.

Ziel sei nicht die Aufweichung der Schuldenbremse, betonte der Sozialdemokrat. "Wir möchten aber wissen, ob es trotz Übernahme der Schuldenbremse in die Landesverfassung noch Möglichkeiten, etwa für Nebenhaushalte und Übergangsregelungen, gibt." So sollen die Gutachter klären, "ob es trotz einer Schuldenbremse in der Landesverfassung noch möglich sein wird, die Kommunalfinanzierung auszuklammern, um deren auskömmliche Finanzierung zu sichern", nannte Körfges ein Beispiel. Denn es dürfe "nicht so weit kommen, dass wir die Schuldenbremse in die Landesverfassung aufnehmen und die Kommunen die Zeche zahlen."

Die Opposition glaubt, dass die SPD in Wahrheit auf der Suche nach einem Hintertürchen bei der Schuldenbremse ist. FDP-Chef Christian Lindner sagte: "Die SPD sucht offenbar nach einem Bypass für die Schuldenbremse, um weiter Politik auf Pump zu machen." Lindner forderte stattdessen schärfere Sanktionen für verfassungswidrig hohe Schulden: "Es muss ein Ende haben, dass die Regierung sich mit ihrem Schuldenregime straflos über die Verfassung hinwegsetzen kann."

Der Finanzexperte der CDU im Landtag, Marcus Optendrenk, sagte: "Offenbar wird der SPD bewusst, dass die Schuldenbremse mit ihrer Finanzpolitik nicht erreichbar ist." Optendrenk verbindet mit dem Begriff "Nebenhaushalt" böse Erinnerungen: Schon Ende der 1990er Jahre habe der damalige SPD-Finanzminister Heinz Schleußer über einen solchen Nebenhaushalt frisches Geld in die Landeskasse gespült: "Das Land hat eine Beteiligungsgesellschaft gegründet, die den landeseigenen Immobilienkonzern LEG kaufen musste. Die Beteiligungsgesellschaft nahm dafür außerhalb des Landeshaushaltes neue Schulden auf, und der Verkaufserlös floss dem Land zu", beschreibt Optendrenk den Finanz-Trick der damaligen Landesregierung.

Nach Einschätzung von Beobachtern ist die Finanzpolitik inzwischen ohnehin das größte Problem der aktuellen Regierung. Schon drei Mal haben Verfassungsrichter die Schuldenpläne von Rot-Grün gekippt. Ein viertes Mal machte der Verfassungsgerichtshof NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans kurz vor der Sommerpause einen Strich durch die Rechnung und verbot ihm, 1,3 Milliarden Euro Gehalt bei den Beamten einzusparen. Zusätzlich muss Walter-Borjans verkraften, dass auch die Steuereinnahmen im ersten Halbjahr mit einem Plus von 0,2 Prozent deutlich unter seinen Plänen lagen. Für das Gesamtjahr hat er ein Plus von 5,2 Prozent eingeplant.

Vor genau einer Woche kündigte Walter-Borjans wegen des Beamten-Urteils gegenüber unserer Redaktion eine erneute Erhöhung der Neuverschuldung für das laufende Jahr an. Details will er nach der Sommerpause vorlegen. Die Schuldenbremse sei deshalb aber trotzdem nicht in Gefahr, betont der Minister.

(RP)
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