Charterflug nach Afghanistan NRW-SPD lenkt im Abschiebe-Streit ein

Düsseldorf · NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) will den grünen Koalitionspartner künftig über Abschiebungen nach Afghanistan frühzeitig informieren. An der bisherigen Praxis will er grundsätzlich festhalten.

 50 Afghanen wurden mit dieser Maschine zurück in ihre Heimat gebracht.

50 Afghanen wurden mit dieser Maschine zurück in ihre Heimat gebracht.

Foto: dpa

Im Streit um die Abschiebung afghanischer Asylbewerber kommt NRW-Innenminister Ralf Jäger den Grünen entgegen. Nach einem klärenden Gespräch versprach der SPD-Politiker, den Koalitionspartner künftig besser einzubinden: "Über solche vom Bundesinnenministerium organisierten Charterflüge werden zukünftig die Fraktionen des Landtages frühzeitig informiert", sicherte der Minister zu.

Die bisherige Praxis, wonach Abschiebungen nach Afghanistan nur in Ausnahmefällen möglich sind, solle grundsätzlich beibehalten werden. Gleichwohl rechnet Jäger damit, dass die Zahl der Rückführungen abgelehnter Asylbewerber aus Afghanistan aufgrund der stark gestiegenen Asylverfahren zunehmen wird.

Die SPD wendet damit einen Streit ab, der sich zuletzt zu einer ernsten Koalitionskrise entwickelt hatte. In einer Sitzung der Grünen-Fraktion im Landtag soll die stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann (Grüne) dem Vernehmen nach am Mittwochabend gesagt haben: "Das kann die Koalition gefährden." In Grünen-Kreisen hieß es: "Das ist ein ganz harter Konflikt in der Koalition und stellt das Vertrauensverhältnis fünf Monate vor der Wahl infrage."

Die nordrhein-westfälischen Grünen zeigten sich mit dem Kompromiss zufrieden. "Der Innenminister hat klargestellt, dass die Information über die Sammelabschiebung zu spät kommuniziert wurde", sagte Löhrmann. Jäger habe zugesichert, dass die Wiederholung eines solchen Vorfalls ausgeschlossen sei.

Es bleibe dabei, dass grundsätzlich nicht nach Afghanistan abgeschoben werde. Ausnahmefälle seien im Erlass von 2005 geregelt und beträfen beispielsweise Straftäter. "Der Innenminister hat zugesichert, dass alle zukünftigen Fälle, die für Abschiebungen angemeldet werden, diesen Kriterien entsprechen", so Löhrmann.

Auslöser des Koalitionsstreits war, dass es sich bei den geplanten Rückführungen nach Afghanistan aus Sicht der Grünen um einen radikalen Kurswechsel in der Abschiebepraxis gehandelt hätte. Zudem war die Partei darüber nicht informiert worden. Monika Düker, langjährige integrationspolitische Sprecherin der Grünen in Nordrhein-Westfalen, war daraufhin aus Protest zurückgetreten. Die Abschiebung von Flüchtlingen in ein Kriegsgebiet sei aus menschenrechtlichen Gründen nicht zu verantworten, hatte sie ihren Schritt begründet.

Das hatte ihr Respekt auch in der Bundespartei eingebracht: "Monika Dükers Rücktritt ist ein aufrichtiger Protest gegen die inhumane Praxis, Flüchtlinge in eines der gefährlichsten Länder der Welt abzuschieben und sich damit an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig zu machen", sagte Grünen-Chefin Simone Peter. Selbst FDP und SPD lobten Dükers Standfestigkeit.

In der Nacht zu Donnerstag schob die Bundesregierung erstmals 34 Afghanen per Sammel-Charterflug ab. Zehn davon stammten aus Nordrhein-Westfalen, nur fünf waren Straftäter. Drei von ihnen waren dem Minister zufolge rechtskräftig verurteilt. Die übrigen seien allein reisende Männer gewesen.

Auch in anderen Bundesländern mit grüner Regierungsbeteiligung, etwa in Baden-Württemberg und Hamburg, hatten Grüne gegen die vom Bund initiierten Abschiebungen protestiert. Ein Sprecher des NRW-Innenministeriums sagte, Jäger sei persönlich nicht in die Abschiebe-Aktion eingebunden gewesen: "Das läuft über die Ausländerbehörden, der Minister ist im Einzelnen nicht involviert."

(qua)
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