Opposition fordert sogar Rücktritt Rüttgers in der Defensive

(RP). Der CDU-Landesvorsitzende will von den Angebotsbriefen seiner Partei an potenzielle Sponsoren für den Parteitag nichts gewusst haben. Die SPD nimmt ihm das nicht ab und fordert – wenige Monate vor der Landtagswahl – den Rücktritt des Ministerpräsidenten.

Reaktionen zu Wüst: Gabriel fordert auch Rüttgers Rücktritt
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(RP). Der CDU-Landesvorsitzende will von den Angebotsbriefen seiner Partei an potenzielle Sponsoren für den Parteitag nichts gewusst haben. Die SPD nimmt ihm das nicht ab und fordert — wenige Monate vor der Landtagswahl — den Rücktritt des Ministerpräsidenten.

Die SPD kann ihre Freude über das unverhoffte Wahlkampf-Geschenk kaum verbergen. Bei der Union sei Politik käuflich, behauptet sie auch nach der Entlassung von CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst und schießt sich nun mit Wonne auf den Parteivorsitzenden, Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, ein. Rüttgers hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe sogleich bestritten, die Briefe seiner Parteizentrale an potenzielle Sponsoren für den Landesparteitag Mitte März in Münster zu kennen.

Für 20.000 Euro wird darin ein "Partner-Paket" offeriert, das nicht nur eine großzügige Repräsentationsfläche umfasst, sondern als besonderen Leckerbissen "Einzelgespräche" mit dem Regierungschef. Wie berichtet, hat die CDU solche Angebote schon in früheren Jahren ausgesandt, wenn auch zu niedrigeren Preisen.

Vor der CDU-Landtagsfraktion bekräftigte Rüttgers gestern, dass er diese Briefe nicht gekannt habe. Es sei auch nicht seine Aufgabe, sich um organisatorische Fragen zu kümmern, erläuterte er am Abend vor Fernsehkameras. Selbst der geschasste "General" Wüst will davon keine Ahnung gehabt haben. SPD-Generalsekretär Michael Groschek kann das nicht glauben. Selbst in Unionskreisen heißt es, wenn dies wirklich der Fall gewesen sein sollte, gehe es in der Parteizentrale an der Düsseldorfer Wasserstraße wohl drunter und drüber.

CDU-Fraktionschef Helmut Stahl empfindet die Angriffe der SPD dagegen als pure Heuchelei. Schließlich nehme ja auch die SPD auf ihren Parteitagen Geld von Sponsoren und winke mit dem Besuch von Parteiprominenz (Steinmeier, Müntefering, Steinbrück) an den Aussteller-Ständen. Groschek lässt die Kritik nicht gelten: Mit der Miete von 200 Euro pro Quadratmeter sei alles abgegolten. "Gespräche kosten bei uns nichts extra."

Laut "Spiegel-online" vermarktet allerdings auch die Bundes-SPD ihre Politiker. Sponsoren könnten gegen Zahlung von 5000 Euro an vertraulichen "Kaminrunden" mit SPD-Promis teilnehmen zu denen die SPD-Zeitung "Vorwärts" gute Kunden einlade.

In Düsseldorf bleiben derweil Zweifel, dass Mitarbeiter der CDU-Zentrale jahrelang eigenmächtig Gesprächsrunden mit Rüttgers anbieten konnten, ohne dass der Parteichef Genaueres erfahren haben will. Zudem gebe es immer wieder festliche Gelegenheiten, bei denen sich Interessenten einen Platz in der Nähe oder am Tisch des Ministerpräsidenten erkaufen könnten, so Groschek zu Berichten über angebliche "Platin-Runden" mit Rüttgers.

Ins Blickfeld gerät in diesem Zusammenhang die Organisations-Agentur "Bi:Vent" von Birgit Illek, die für die CDU tätig ist. Groschek zitierte aus einem Schreiben von Rüttgers aus dem Jahr 2006 an Illek. Darin bedankt er sich "für die professionelle Planung und Durchführung" des Zukunftskongresses der NRW-CDU in Bonn: "In Gesprächen mit Referenten, Sponsoren und Teilnehmern bekam ich eine durchweg positive Resonanz." Anfang März richtet "Bi:Vent" wieder einen CDU-Zukunftskongress aus, diesmal in Düsseldorf. Für 6000 Euro sei neben einer "moderierten Roadshow mit Herrn Dr. Rüttgers und dem Preisträger zu den Ausstellungsständen" ein Platz "an den Top-VIP-Tischen" zu haben, schrieb Wüst als noch aktiver "General" an zahlungskräftige Interessenten.

Sollte all dies ohne Wissen des Ministerpräsidenten geplant werden? will Groschek wissen. Beiläufig fragt er, ob diese Sponsoren-Gelder als Parteispenden deklariert werden müssten und ob dies dann auch so verbucht worden sei. Der dafür zuständige Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der die Vorgänge in der Wasserstraße als "dämlich" bewertet, möge diesen Sachverhalt jetzt bitte prüfen. Doch der SPD geht es längst um etwas ganz anderes — sie will den Rücktritt des Ministerpräsidenten. Parteichef Sigmar Gabriel hat den schon am Vortag gefordert, und Rüttgers' Herausforderin Hannelore Kraft wittert endlich Morgenluft.

(RP)
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