"Scharia-Polizei" Opposition sieht NRW als "Wohlfühlzone" für Salafisten

Düsseldorf · CDU und FDP aus NRW haben der Landesregierung vorgeworfen, im Kampf gegen gewaltbereite Islamisten und ihre Propaganda keine Strategie zu haben. Höhepunkt der Entwicklung seien die Patrouillen der "Scharia-Polizisten" in Wuppertal gewesen.

 Mit diesen Westen war die "Scharia-Polizei" in Wuppertal auf Streife.

Mit diesen Westen war die "Scharia-Polizei" in Wuppertal auf Streife.

Foto: Facebook

Die selbsternannte "Scharia-Polizei" in Wuppertal hat in Nordrhein-Westfalen eine Debatte über die Attraktivität des Landes für gewaltbereite Salafisten ausgelöst. In einer Aktuellen Stunde stritten Regierung und Opposition am Freitag, ob NRW zur Hochburg für Salafisten geworden sei, weil Rot-Grün keine Gegenstrategie habe. "Nordrhein-Westfalen ist zum bundesweiten Spitzenreiter im Im- und Export von Gotteskriegern aufgestiegen", sagte der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Theo Kruse.

Tatsächlich ist die deutsche Salafisten-Szene in NRW mit 1800 von bundesweit rund 6600 Anhängern stark. Ein im Land begründetes, besonderes NRW-Problem sei der Salafismus aber nicht, unterstrich NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). "Der Salafismus ist die bundesweit am schnellsten wachsende extremistische Bedrohung." Inzwischen sei dies sogar zum Problem für ganz Europa geworden.

Allein in NRW hat sich die Zahl gewaltbereiter Salafisten seit 2011 mehr als verdreifacht. Bundesweit seien mehr als 400 aus der Szene in Krisenregionen nach Syrien oder in den Irak ausgereist, um sich am "Heiligen Krieg" (Dschihad) zu beteiligen, berichtete Jäger. Darunter waren rund 130 aus NRW.

Aus Sicht der FDP hat die Bedrohung durch den Islamismus in NRW "eine neue Qualität gewonnen". Bundesweite Aufregung hatten in der vergangenen Woche Berichte über eine "Scharia-Polizei" in Wuppertal ausgelöst. Dort waren elf salafistische Männer mit Warnwesten durch die Innenstadt patrouilliert, hatten islamisches Recht - die Scharia - propagiert und vor Alkohol, Glücksspiel, Musik, Drogen sowie Pornografie gewarnt.

Fakten zum Salafismus in Deutschland
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Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich darüber empört - aus Sicht der Piraten im Landtag ein Fehler. "Wollen wir den Vorfall auf diese Ebene heben?", fragte der Piraten-Abgeordnete Dirk Schatz.
Auch die Aktuelle Stunde im Landtag sei "ein kostenloser Werbeblock" für die Extremisten. Die Debatte sei wichtig, werde aber nicht mehr mit Augenmaß geführt.

Der Innenminister sieht das anders: "Das Tragen von Westen mit der Aufschrift "Sharia Police" mag für manch einen wie eine Kleinigkeit erscheinen, wie ein Dummer-Jungen-Streit", sagte Jäger. Der Vorfall sei aber kein Scherz. "Das war eine Provokation des Rechtsstaats, nicht nur ein Werbe-Gag der Salafisten."

Salafisten demonstrieren für die Einführung der Scharia
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Deswegen sei der Erlass wichtig gewesen, solche Auftritte zu unterbinden. Nach Angaben des Düsseldorfer Innenministeriums ist es nach der bundesweiten Empörungswelle zu keinen weiteren vergleichbaren Vorfällen gekommen. Einige Berichte über Salafisten-Propaganda in anderen Städten hätten sich als Irrtum erwiesen. Einer der Hintermänner der Wuppertaler Scharia-Aktion zeigt sich neuerdings in einem Video in Düsseldorf.

Tatsächlich hätten sich in NRW inzwischen viele Hochburgen der Salafisten-Szene gebildet, sagte der Vizevorsitzende der FDP-Landtagsfraktion Joachim Stamp. Dazu zählten auch Bonn, Solingen, Dinslaken oder Mönchengladbach. "In immer mehr Städten in NRW finden Grillfeste statt, bei denen für den Dschihad rekrutiert wird." In Herford jagten sich Anhänger der Terror-Miliz Islamischer Staat und Jesiden durch die Straßen. "Bei vielen Menschen wächst die Angst." Der NRW-Innenminister spiele zwar gerne den "Sheriff", tue aber zu wenig.

Jäger versicherte dagegen, die "hoch gefährliche" salafistische Szene werde nicht unterschätzt. "Es gibt ein abstraktes Anschlagsrisiko in Deutschland und damit auch in Nordrhein-Westfalen, aber es gibt keine konkreten Hinweise auf konkrete Anschläge."

Bislang habe es in Deutschland elf versuchte Anschläge mit salafistischen Bezügen gegeben - die meisten seien den Tätern nicht gelungen oder hätten vereitelt werden können. Bei einem Attentat am Frankfurter Flughafen waren 2011 zwei US-Soldaten erschossen worden.

(dpa)
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