Reaktionen auf Gerichtsurteil "Schuldenpolitik von Rot-Grün ist gescheitert"

Düsseldorf (RPO). Die rot-grüne Landesregierung in Düsseldorf ist ins Wanken geraten. Die Reaktionen der politischen Partner sind betont gelassen, die der Opposition schneidig. NRW-CDU-Chef Norbert Röttgen warf der Regierung Überheblichkeit und Arroganz vor. Dennoch fordert bislang niemand offen Neuwahlen.

NRW-Landtag beschließt Nachtragshaushalt 2010
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NRW-Landtag beschließt Nachtragshaushalt 2010

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Der nordrhein- westfälische Verfassungsgerichtshof hat der rot-grünen Landesregierung in einer Eilentscheidung die Aufnahme neuer Kredite unter dem Nachtragshaushalt 2010 untersagt. Die Richter in Münster stoppten am Dienstag in einer für das Land beispiellosen Entscheidung damit vorläufig den Vollzug des Gesetzes, dessen Verabschiedung als erste Nagelprobe für die seit Juli amtierende Minderheitsregierung gegolten hatte. Die Entscheidung, ob das Gesetz im Einklang mit der Verfassung steht, müssen die Richter indes noch fällen.

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) betonte, der Urteilsspruch müsse abgewartet werden. Die NRW-Grünen geben vor, in dem Urteilsspruch keine Auswirkungen auf die Regierungsfähigkeit der rot-grünen Minderheitsregierung erkennen zu können. "Die Landesregierung ist voll handlungsfähig", sagt Sven Lehmann, Landesvorsitzender der Grünen in NRW, unserer Redaktion. "Der Vollzug des Haushalts wurde nicht gestoppt, sondern nur die Aufnahme neuer Kredite."

CDU sieht sich klar in der Opposition

Die Opposition warf der Regierung haushaltspolitisches Scheitern vor: "Das ist eine Einzigartigkeit in der deutschen Rechtsgeschichte. Das hat es noch nie gegeben", kritisierte Bundesumweltminister und CDU-Landeschef Röttgen. "Das Urteil ist die angemessene Quittung für Überheblichkeit und Arroganz einer Verschuldungspolitik, die keine Grenzen kennt und auf Kosten der nächsten Generation geht." Die Landesregierung müsse sofort handeln. "Das Land kann sich nicht leisten, dass noch gewartet wird." Dies gelte auch wegen der unsicheren Entwicklung der WestLB.

Röttgen wies Forderungen zurück, die CDU müsse mithelfen, einen verfassungsgemäßen Haushalt aufzustellen. Es gebe eine klare Rollenverteilung zwischen Opposition und Regierung. "Wir wollten keine Minderheitsregierung. Frau Kraft hat sich in Abhängigkeit von der Linkspartei gebracht", sagte er.

Der nordrhein-westfälische FDP-Chef Daniel Bahr sagte, die Politik der rot-grünen Minderheitsregierung sei gescheitert. Dies sei gut für NRW, da die "verantwortungslose Schuldenpolitik" nicht fortgesetzt werden könne. Er erwarte von Ministerpräsidentin Kraft nun einen Kurswechsel: "Das Experiment einer Duldung durch die Linkspartei ist gescheitert."

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) erklärte, die Landesregierung respektiere die Entscheidung des Verfassungsgerichts. Die Richter seien der Opposition aber nur "dahin gehend gefolgt, die Kassenbücher für das Jahr 2010 noch nicht zu schließen". "Darüber hinaus hat das Gericht betont, dass die heutige Entscheidung keine Vorwegnahme in der Hauptsache bedeutet", unterstrich der Minister. Walter-Borjans hatte der schwarz-gelben Vorgängerregierung unter anderem vorgeworfen, nicht ausreichend für Risiko-Investments der WestLB vorgesorgt zu haben, für die auch der Steuerzahler bürgt.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in NRW hat sich angesicht der Gerichtsentscheidung für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und eine deutliche Anhebung der Erbschaftssteuer ausgesprochen. Die einstweilige Anordnung in NRW habe zeigt, dass "die staatliche Verschuldungspolitik ihre Grenzen gefunden" habe, sagte der DGB-Landeschef Andreas Meyer-Lauber am Dienstag in Düsseldorf. In Berlin müsse daher endlich über eine neue Steuerpolitik nachgedacht werden, die die staatlichen Einnahmen deutlich verbessere.

Nach Meyer-Laubers Einschätzung könne gerade die Erbschaftssteuer als reine Landessteuer neue finanzielle Spielräume für die Landesregierungen schaffen. Zugleich forderte der DGB-Chef, diejenigen, die die Finanzkrise verursacht hätten, zur Verantwortung zu ziehen. Sie sollten mit höheren Gewinnsteuern für die entstandenen staatlichen Schulden zur Kasse gebeten werden.

(RTR/Dapd)
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