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NRW Streit um Warnschussarrest für junge Straftäter

Düsseldorf · Ein kurzer Gefängnisaufenthalt soll auf jugendliche Straftäter eine abschreckende Wirkung haben. Doch in NRW wendet die Justiz die Sanktionsmöglichkeit nur selten an. SPD und Grüne lehnen das Erziehungskonzept ab.

 Ein Justizbeamter schließt einen Strafttäter in seiner Zelle in der Jugendhaftanstalt ein. Doch bislang haben nur 124 junge Kriminelle das neue Strafinstrument in Nordrhein-Westfalen zu spüren bekommen.

Ein Justizbeamter schließt einen Strafttäter in seiner Zelle in der Jugendhaftanstalt ein. Doch bislang haben nur 124 junge Kriminelle das neue Strafinstrument in Nordrhein-Westfalen zu spüren bekommen.

Foto: dpa

In NRW kommt der sogenannte Warnschussarrest bei der Verurteilung jugendlicher Straftäter selten zum Einsatz. Nur 124 junge Kriminelle haben das neue Strafinstrument in Nordrhein-Westfalen bislang zu spüren bekommen. Eine verpasste Chance? Darüber ist jetzt ein Streit in der Landespolitik entbrannt. "SPD und Grüne nutzen nicht alle Instrumente und machen demnach nicht von allen Möglichkeiten Gebrauch, die Jugendkriminalität in NRW wirksam zu bekämpfen", erklärt Jens Kamieth, justizpolitischer Sprecher der CDU im Düsseldorfer Landtag. Der Deutsche Richterbund in NRW hatte die Einführung des Warnschussarrestes im März 2013 ausdrücklich begrüßt.

Junge Straftäter können seit einem Jahr zusätzlich zu einer Bewährungsstrafe für bis zu vier Wochen eingesperrt werden. Die Verschärfung des Jugendstrafrechts war von der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung eingeführt worden und soll eine abschreckende Wirkung haben. Die Täter sollen beim "Gefängnis auf Probe" erleben, wie der triste Gefängnisalltag aussieht — und welche Situation ihnen bei zukünftigen Gesetzesverstößen möglicherweise für längere Zeit droht.

Der Warnschussarrest sei eine gute und angemessene erzieherische Einwirkungsmöglichkeit, um denjenigen Jugendlichen ihre Grenzen aufzuzeigen, die ihre persönliche Freiheit als grenzenlos betrachten, findet der CDU-Politiker Kamieth. Die Union wirft Rot-Grün vor, den Warnschussarrest durch die Regelungen im neuen NRW-Jugendarrestvollzugsgesetz ganz bewusst diskreditiert zu haben. "Beim Freizeit- und Kurzarrest, zu dem auch der Warnschussarrest zählt, findet jetzt keine pädagogische Betreuung der Jugendlichen mehr statt", erklärt der Unions-Experte. Damit hätten SPD und Grüne den Vollzug des Warnschussarrestes unattraktiv gemacht.

Dagmar Hanses, justizpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, hält hingegen wenig vom Warnschussarrest. Nach einem Jahr habe sich die ablehnende Haltung ihrer Partei weiter verstärkt. "Bei Jugendlichen ist es besonders wichtig, dass die Sanktion unmittelbar mit der Tat in Zusammenhang steht", sagt Hanses. Beim Warnschussarrest, dem das Prinzip Abschreckung zu Grunde liege, sei aber das Gegenteil der Fall. Das Ziel des Jugendgerichtsgesetzes sei ausdrücklich die erzieherische Wirkung. "Das funktioniert nicht mit Abschreckung", erklärt die Parlamentarierin. Zudem werde ein Gefängnisaufenthalt im polizeilichen Führungszeugnis vermerkt und erschwere somit die Resozialisierung der Jugendlichen, was langfristig die Kosten für den Staat sogar noch weiter erhöhe. "Wir sind froh, dass die Richter in NRW dieses problematische Instrument bislang nur selten zur Anwendung gebracht haben", betont die Grüne.

Der Warnschussarrest ist zwischen unions- und SPD-geführten Ländern grundsätzlich umstritten. So machte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) von Anfang an eine Art "Nord-Süd-Gefälle" in der Anwendung aus. In südlichen Ländern werde das Mittel deutlich häufiger angewandt als in nördlichen. Die Polizei sympathisiere damit, denn auf diese Weise könne jungen Leuten "sehr viel schneller vor Augen geführt werden, was Folge ihres Handelns sein kann, wenn sie ihre kriminelle Karriere fortsetzen", sagt GdP-Chef Oliver Malchow. Allerdings sei auch aus Sicht der Polizisten der Warnschuss kein Allheilmittel, sondern nur eine Ergänzung des Jugendstrafrechts.

Bislang kommt der Warnschussarrest vor allem bei notorischen Straftätern zur Anwendung, die sich unbelehrbar zeigen und immer wieder durch Gewalttaten auffallen. Justizpraktiker warnen allerdings davor, dass junge Straftäter durch den Kontakt mit Inhaftierten negativ beeinflusst würden. Trotz des Arrests werden bis zu 60 Prozent der Jugendlichen rückfällig.

NRW-Justizminister Thomas Kutschaty hält die Einführung des Warnschussarrestes durch die schwarz-gelbe Bundesregierung für untaugliche Symbolpolitik. "Wer glaubt, dass ein Jugendlicher nur durch ein paar Tage im Gefängnis zu einem besseren Menschen werde, der behandelt auch einen Beinbruch mit Salbeitee", sagt der SPD-Politiker. Die Gerichte könnten sehr genau trennen, ob ein Jugendlicher ins Gefängnis müsse oder ob eine Bewährungsstrafe ausreichend sei.

(-may)
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