Bilanz der Landesregierung Versprochen und gebrochen

Düsseldorf · Unsere Redaktion hat die Landesregierung von heute an ihren Versprechen von damals gemessen: Etliche Ziele des Koalitionsvertrages wurden nicht oder nur halbherzig umgesetzt. Einige Beispiele.

Bilanz der Landesregierung: Versprochen und gebrochen
Foto: schnettler

Der Rahmen war feierlich, die Stimmung gut: Am 18. Juni 2012 unterschrieben Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und die Verhandlungsführerin der Grünen, Sylvia Löhrmann, im Düsseldorfer Ständehaus ihren Koalitionsvertrag für die Jahre 2012 bis 2017.

Versprochen: "Um Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kita zu stärken, brauchen wir eine auskömmliche Finanzierung. Diese werden wir für die kommunalen sowie die freien gemeinnützigen Einrichtungen und Träger sicherstellen."

Fakt ist: Zwar ließ NRW-Familienministerin Christina Kampmann (SPD) die 431 Millionen aus dem verfassungswidrigen Betreuungsgeld den Kitas in NRW zukommen. Doch deren Finanznot ist damit nicht behoben. Allein im Erzbistum Essen sind nach Angaben des Trägers 100 Einrichtungen von Schließung bedroht. Das zugesagte neue Kita-Gesetz wird es in dieser Wahlperiode nicht mehr geben.

Versprochen: "Nach wie vor hängt der Bildungserfolg viel zu sehr vom sozialen Status der Eltern ab. Wir wollen ein sozial gerechtes und leistungsförderndes Schulsystem schaffen."

Fakt ist: Seit 2012 hat sich nicht viel geändert. "Das Schulsystem in NRW ist weiterhin selektiv", stellt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fest. "In keinem anderen Bundesland wird so wenig Geld pro Schülerin und Schüler ausgegeben wie in Nordrhein-Westfalen." So steht es im neuen Bildungsfinanzbericht des Statistischen Bundesamtes. Der Landesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung, Udo Beckmann, meint dazu: "Da muss deutlich mehr passieren, wenn NRW nicht das ewige Schlusslicht bleiben soll." In NRW flössen nur 3,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in öffentliche Bildungsausgaben; in anderen Bundesländern liege die Quote bei bis zu 5,2 Prozent.

Versprochen: "Die Kinder und Jugendlichen, die Lehrkräfte und die Schulen sollen gemeinsam von der Inklusion profitieren."

Fakt ist: Die Unzufriedenheit ist groß. Das liegt vor allem daran, dass die inklusiven Schulen viel zu wenig Sonderpädagogen haben. Wünschenswert wären zwei Lehrkräfte, von denen sich eine um die Schüler mit Behinderung kümmern könnte. Doch die Wirklichkeit sieht oft anders aus: Sonderpädagogen bekommen mehrere Schulen zugewiesen, zwischen denen sie hin- und herpendeln müssen. So kann die Inklusion nicht gelingen.

Versprochen: Im Zentrum der Förderung beim Wohneigentum "sollen Familien mit Kindern stehen".

Fakt ist: Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) hat 2015 die Aufstockung der Grunderwerbsteuer von fünf auf 6,5 Prozent verkündet. Damit hat NRW den Höchstsatz erreicht. In Bayern beträgt er 3,5 Prozent. Gerade für junge Familien, die auf ein Eigenheim sparen, ist das eine bittere Pille. Bei einem Kaufpreis von 250.000 Euro sind seither 16.250 Euro Grunderwerbsteuer fällig - das sind 3750 Euro mehr als in früheren Jahren.

Versprochen: "Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte ist unser Ziel. Dazu muss die Neuverschuldung weiter zurückgeführt werden."

Fakt ist: Der letzte komplett von Schwarz-Gelb zu verantwortende Haushalt (2009) wies 5,6 Milliarden Euro neue Schulden aus. Im rot-grünen Haushalt 2016 stand unter dem Strich ein Überschuss von rund 270 Millionen Euro. Ursache waren unerwartete Rekordsteuereinnahmen in 2016. Sie sind deutlich stärker gestiegen, als die Neuverschuldung zurückgefahren wurde. Einen Sparerfolg belegt das Plus also nicht. Die Kurve der Neuverschuldung unter Rot-Grün zeigte allerdings auch in den Jahren davor kontinuierlich nach unten. Aber um das zu erreichen, hat sich Rot-Grün die Kurve mehrmals mit Tricks zurechtgebogen. Mal musste ein Landesbetrieb einen Kredit vorzeitig an das Land zurückzahlen, mal wurden Ausgaben wie Zahlungen an die Pensionsvorsorge auf andere Haushaltsjahre verlagert. Für 2017 plant Rot-Grün 1,6 Milliarden Euro neue Schulden - mehr, als alle anderen Bundesländer zusammen.

Versprochen: "(...) werden wir ein Klimaschutzgesetz in den Landtag neu einbringen. Der Ausstoß von CO² soll in NRW bis 2020 um mindestens 25 Prozent und bis 2050 um mindestens 80 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden."

Fakt ist: Nordrhein-Westfalen hat am 23. Januar 2013 das erste deutsche Klimaschutzgesetz verabschiedet. Es formuliert Ziele, die über die des Bundes und der EU hinausgehen. Die Umsetzung definiert ein Klimaschutzplan, den Rot-Grün 2015 vorgelegt hat. Dort wird das Gesetz bis auf Weiteres wieder kassiert, denn in dem Plan steht: "Die Landesregierung beabsichtigt in dieser Legislaturperiode nicht, Teile des Klimaschutzplanes für rechtsverbindlich zu erklären." Es obliegt also der nächsten Regierung, das Gesetz mit einem neuen Klimaschutzplan in die Realität zu übersetzen.

Versprochen: "Im Sinne des Tier- und Artenschutzes, aber auch zum Schutz von Anwohnerinnen und Anwohnern, wollen wir die Haltung von exotischen Tieren durch Privatpersonen auch landesrechtlich streng reglementieren".

Fakt ist: NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) war beim Gefahrtiergesetz auf gutem Wege. Er macht für das Scheitern den Widerstand von Innenminister Ralf Jäger (SPD) und der kommunalen Spitzenverbände verantwortlich.

(RP)
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