Gegenkandidaten von Laschet und Kraft Heiko Hendriks und Daniela Jansen — die Herausforderer

Mülheim/Aachen · Sie haben mächtige Gegner: Daniela Jansen und Heiko Hendriks wollen die Wahlkreise von CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) gewinnen. Wir stellen die beiden vor.

 Heiko Hendriks tritt in Mülheim für die CDU an, Daniela Jansen in Aachen für die SPD.

Heiko Hendriks tritt in Mülheim für die CDU an, Daniela Jansen in Aachen für die SPD.

Foto: Bretz/Laaser

Die Menschen in Heißen und die im ganzen übrigen Wahlkreis Mülheim an der Ruhr I lassen sich vermutlich in zwei Gruppen einteilen. Da sind die, die Hannelore Kraft wählen, und die, die sie nicht wählen. Man kennt den Namen Heißen von der Autobahnausfahrt der A40 und weil es dort das Rhein-Ruhr-Zentrum gibt.

Der Name der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin steht symptomatisch für das Dilemma, in dem Heiko Hendriks, der dortige Landtagskandidat der CDU, steckt. "Und wäre das nicht schon genug", sagt der 51-Jährige, "habe ich mit Gesundheitsministerin Barbara Steffens von den Grünen noch eine weitere prominente Kontrahentin hier".

Es scheint ein ungleicher Kampf zu sein im roten, aber nicht tief roten Mülheim. Auf der einen Seite die Landeschefin, die bei der Wahl vor fünf Jahren fast 60 Prozent der Erststimmen in ihrem Wahlkreis erhielt, auf der anderen "nur" ein Landtagsabgeordneter, der 2014 ins Düsseldorfer Parlament nachgerückt ist. Doch so einfach und klar, wie es sich auf dem Papier liest, sind die Verhältnisse offenbar dann doch nicht. Irgendetwas sei diesmal anders als 2012, meint Hendriks. Es liege etwas in der Luft, der Ruf nach Veränderungen werde bei den Mülheimern lauter. Wechselstimmung nennt Hendriks das. Das spüre er deutlich.

Parteifreunde nennen ihn liebevoll "Hans Dampf in allen Gassen"

Als CDU-Kandidat muss er das natürlich auch sagen. Aber wer in diesen Tagen bei den Mülheimern genauer hinhört, merkt, dass es bei ihnen eine gewisse Unzufriedenheit mit "ihrer Hannelore" gibt, auf die die Mülheimer, das räumt auch Hendriks ein, ansonsten schon stolz sind, weil es eine aus ihrer Stadt an die Spitze des Landes geschafft hat.

Wegen seiner Umtriebigkeit nennen seine Parteifreunde Hendriks, der auf Listenplatz 37 steht, manchmal liebevoll den "Hans Dampf in allen Gassen". "Geboren wurde ich in Duisburg. Ich bin evangelisch und wohne seit 1978 in Mülheim an der Ruhr. Nach dem Abitur habe ich meinen Wehrdienst in Wuppertal abgeleistet und anschließend Sozialwissenschaften, Psychologie und Pädagogik studiert." Das ist die Kurzform seiner Vita. In der Langfassung würde auf jeden Fall stehen, dass er gerne kocht für seine Partnerin Andrea. Am liebsten asiatisch. "Dabei kann ich gut abschalten."

Über Hannelore Kraft verliert Hendriks kein schlechtes Wort

Es ist Donnerstag. Markttag in Heißen. Hendriks und sein Wahlkampfteam haben dort ihren Stand aufgebaut. Nirgends könne man die Stimmung in der Bevölkerung besser messen als auf einem Wochenmarkt. Routiniert hält Hendriks Ausschau nach Menschen, denen er seine Politik näherbringen kann. Seine 25 Jahre im Straßenwahlkampf machen sich jetzt bezahlt. "Da weiß man schon, wen man ansprechen kann und bei wem man es besser sein lässt", sagt er.

Lange muss er nicht suchen. Er kommt schnell ins Gespräch, und die Leute hören ihm zu, wenn er über Bildung, Infrastruktur — "Ich will, dass es flächendeckend 24-Stunden-Baustellen gibt" — und natürlich Innere Sicherheit spricht. Den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt, davon sei er überzeugt, hätte es unter einem CDU-Innenminister in NRW nicht gegeben. "Den Amri hätten wir vorher weggesperrt." Dafür erhält er Zustimmung.

Die Leute nehmen ihm ab, was er sagt, weil es ehrlich klingt, nicht aufgesetzt oder auswendig gelernt. Hendriks ist im besten Sinne wohl das, was man einen Überzeugungstäter nennt, der auch quer zur Parteimeinung liegen kann, etwa wenn er sagt, dass er es gut finde, dass die SPD bundesweit wieder über 30 Prozent liege, weil das gut für die Demokratie sei.

Auch über Kraft verliert er trotz aller Rivalität kein schlechtes Wort. Er pflege ein kollegiales Verhältnis zu ihr — anders als mit Steffens, mit der er nicht gut zurechtkäme. Als ein älterer Mann auf dem Heißener Markt von ihm wissen will, ob er tatsächlich daran glaube, gegen Kraft gewinnen zu können, hebt Hendriks trotzig den Kopf und lacht. "Natürlich, sonst würde ich das alles doch nicht machen."

Daniela Jansen geht ein paar Schritte auf einen jungen Mann mit kurzen dunklen Haaren zu. "Wollen Sie das Glücksrad drehen?", spricht sie ihn an und deutet auf den SPD-Infostand. Er macht mit und muss die Frage beantworten: "Wer ist Daniela Jansen?" Zur Auswahl stehen: a) Politikerin und Landtagsabgeordnete; b) Lehrerin oder c) Bundeskanzlerin. Kurzes Nachdenken, dann tippt er auf "A". Richtig, Jansen atmet auf. Alles andere wäre peinlich.

Jansen kennt dieses Gefühl. Lange musste die SPD-Kandidatin vor allem um eines kämpfen: überhaupt wahrgenommen zu werden. Denn die 39-Jährige tritt in Aachen-Süd an, dem Wahlkreis des NRW-CDU-Spitzenkandidaten Armin Laschet. 2012 hatte sie sich als Nobody in den Wahlkampf gestürzt — und schaffte aus dem Stand, was kaum jemand für möglich gehalten hatte: Mit 38,3 zu 34,1 Prozent gewann Jansen das Direktmandat ausgerechnet in Laschets Heimat. Für Spitzenkandidaten ist es eine Frage der Ehre, den eigenen Wahlkreis zu gewinnen.

"Ich denke nur bis zum Tag der Landtagswahl"

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Jetzt ist Jansen die Titelverteidigerin: "2012 war es anders, da konnte ich unbelasteter reingehen." Mit ihrem Team hat sie gut überlegt, wo sie Laschet dieses Mal packen kann. Heraus kam ihr Wahlkampfslogan #jansnahdran. Sie höre immer wieder, dass die Leute in Aachen Laschet vorwerfen, er lasse sich zu selten blicken, er sei zu weit weg. Er scheine den Spitzenkandidaten-Effekt zu überschätzen. Keine Frage, Jansen ist im Wahlkampfmodus. Es geht um viel. Sollte sie verlieren, ist ihre noch junge politische Karriere höchstwahrscheinlich schnell wieder beendet.

Über die Reserveliste der SPD ist die studierte Soziologin und Politologin jedenfalls nicht abgesichert. "Ich weiß nicht, was ich dann mache, ich denke nur bis zum Tag der Landtagswahl", sagt sie. Haustürwahlkampf bis spät am Abend, morgens früh raus, Kita eröffnen, Infostände und Straßenfeste besuchen — und wieder von vorn. Von all dem erzählt Jansen in einem Tempo, als durchlebte sie den Stress gerade noch einmal.

Für die gebürtige Münsterländerin aus Ennigerloh kam nie etwas anderes infrage als die SPD: "Durch meine Oma, die seit 47 Jahren in der Partei aktiv ist, habe ich eine lange sozialdemokratische Geschichte." Noch heute führe sie mit ihr intensive Streitgespräche, weil sie politisch deutlich weiter links stehe als sie selbst.

Im Landtag leitet Jansen den Gleichstellungsausschuss

Nach Aachen kam sie 2002 der Liebe wegen. Ihren Mann Björn hatte sie im Internet kennengelernt, 16 Jahre ist das her. Er ist Diplom-Kaufmann, war ebenfalls politisch aktiv als Ratsherr und Bürgermeister. Heute ist er Kur- und Badedirektor in Aachen. Jansen selbst arbeitete in der Regionalagentur, kümmerte sich um Arbeitslose, bis 2008 ihre Zwillinge zur Welt kamen.

Für sie war das nicht nur in privater Hinsicht ein Wendepunkt. Bis dahin hatte sie es für selbstverständlich gehalten, dass eine Frau mit guter Ausbildung ihren Weg schon gehen werde. Sie habe zu grübeln begonnen: "Warum wurden auf einmal alle meine Studienkollegen Abteilungsleiter, Projektmanager mit Führungsverantwortung, verdienten mehr Geld als ihre Frauen und nahmen maximal zwei Monate Elternzeit?"

2016 wurde sie Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF), im Landtag leitet sie den Gleichstellungsausschuss. Sie arbeitete unter anderem daran, die Situation obdachloser Frauen und Langzeitarbeitsloser zu verbessern, setzte sich für die anonyme Spurensicherung nach Vergewaltigungen ein.

In den nächsten Tagen gilt's. Einen Tag vor der Wahl kommt es zum Showdown: Am 13. Mai tritt Armin Laschet in Aachen-Burtscheid vor dem traditionsreichen Abteitor auf. Mit der Kanzlerin. Daniela Jansen war auch schon da. Auf ihren neuesten Plakaten ist im Hintergrund ein historisches Gebäude zu sehen: das Abteitor.

(kib)
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