Wahl in NRW Wir sind die Neuen — zum ersten Mal Landtagskandidat

Düsseldorf · Wenn Nordrhein-Westfalen am 14. Mai seinen neuen Landtag bestimmt, ist es nicht nur für viele junge Wähler eine Premiere: Auch bei einigen der Kandidaten kann man zum ersten Mal sein Kreuz machen. Wir haben acht von ihnen gefragt, wie sie in die Politik gekommen sind, warum sie antreten und wofür sie einstehen.

  • Helen Carina Fuchs (28), FDP, Wahlkreis Wesel III

Erst seit rund fünf Jahren ist Helen Carina Fuchs aus Voerde Mitglied der FDP. Ihre Kandidatur ist für die 28-jährige Lehrerin allerdings kein Grund, im Berufsleben kürzer zu treten. "Ich wollte nicht direkt vom Hör- in den Plenarsaal wechseln", sagt sie. Sollte es also zu einem Einzug ins Landesparlament reichen, werde sie dennoch neben ihre berufliche Laufbahn weiterverfolgen.

Politisch interessiert war Fuchs schon in ihrer Jugend. "Ich habe früher mein Taschengeld für eine Bürgerinitiative gespendet, die sich gegen den Kohleabbau unter dem Rhein einsetzte", sagt sie. Allerdings wuchs erst während ihres Studiums der Germanistik und Geschichte der Wunsch, sich auch aktiv einbringen zu wollen.

2012 trat sie der FDP bei. Nach ersten Aufgaben im Ortsverband Voerde folgte sie bald dem Ruf des Kreisverbands Wesel, in dessen Vorstand sie als Beisitzerin tätig ist. Bis Sonntag wird sie versuchen, die Wähler zu überzeugen. Und wenn es nicht klappt? "Ich kann liberale Überzeugungen ja auch weiter vertreten, wenn ich nicht im Landtag sitzen sollte."

  1. Nicolas Back (26), CDU, Wahlkreis Duisburg III

Jung, engagiert, konservativ — Nicolas Back tritt am 14. Mai zum ersten Mal für den Landtag an. Sein Wahlkreis, Duisburg III, hat eine der geringsten Wahlbeteiligungen landesweit. NRW-Innenminister Ralf Jäger holte den Wahlkreis zuletzt direkt. Keine leichte Aufgabe also für den Kandidaten der CDU. Was ihn dennoch antreibt? "Ich will etwas verändern und Duisburg voran bringen", sagt er.

Mit 26 Jahren ist Back einer der jüngsten Kandidaten, den die Parteien in Duisburg aufgestellt haben. Das sieht er als Chance. "Ich möchte auch den jungen Menschen in unserer Stadt eine Stimme geben und mich für sie einsetzen", sagt Back, der an der Universität Duisburg-Essen Politikwissenschaft studiert.

Seine ersten politischen Schritte machte er 2010 in der Jungen Union, zwei Jahre später auch in der CDU. Fest verankert ist er in der CDU-Arbeitnehmervereinigung. Einen seiner Schwerpunkte habe er daher auf den Erhalt der Arbeitsplätze gelegt. Daneben treibe ihn das schwindende Sicherheitsgefühl der Bürger um. "Wir brauchen in Duisburg mehr Polizei und weniger No-Go-Areas."

  1. Tim Achtermeyer (23), Grüne Landesliste, Grüne Jugend

Tim Achtermeyer studiert Politikwissenschaften in Bonn und engagiert sich schon seit einigen Jahren aktiv in der Kommunalpolitik. Seit 2014 ist er kulturpolitischer Sprecher der Grünen, seit 2016 Vorsitzender des Schulausschusses im Bonner Stadtrat. Bei der Landtagswahl gehe es für ihn um nicht weniger als die Frage, wohin unsere Gesellschaft steuere. "Lassen wir uns spalten, oder bleiben wir bunt", fragt der 23-Jährige.

Achtermeyer wolle sich im Landtag engagiert und sachorientiert für die offene Gesellschaft einsetzen, sagt er. Die Kulturpolitik liegt dem Grünen besonders am Herzen. Er will sich für eine vielfältige Kulturlandschaft, Bühnen und ausreichende Kulturfinanzierung einsetzten. Das hänge aber auch von den kommunalen Haushalten ab, sagt Achtermeyer.

"Unsere Kommunen brauchen weiter die Unterstützung des Landes und starke Fürsprecher gegenüber der Bundesregierung." Es gelte, die ökologische Wende und die Stärkung der Kommunen voranzutreiben und die Erfolge der offenen Gesellschaft in Zeiten der AfD zu verteidigen.

  1. Charlotte Quik (34), CDU, Wahlkreis Wesel III

Vor allem die in den vergangenen Jahren entstandene Benachteiligung des ländlichen Raumes treibt Charlotte Quik an. "Jede Generation muss sich ihren ganz eigenen Aufgaben und Herausforderungen stellen", sagt sie. Nun wurde die 34-jährige Hamminkelnerin, die aus dem Münsterland stammt, erstmals für die CDU als Landtagskandidatin im Wahlkreis Wesel III aufgestellt.

Die Politik der Landesregierung habe dazu beigetragen, dass NRW inzwischen mit dem Rücken zur Wand stehe. "Das habe ich hautnah verfolgt. Die Überzeugung, eine bessere Politik machen zu können und damit dafür zu sorgen, dass unsere Heimat auch in 50 Jahren noch lebenswert ist, ist meine ganz persönliche Triebfeder", sagt Quik, die 2008 in die CDU eintrat.

Zudem sieht sich die wissenschaftliche Mitarbeiterin im Landtag in der richtigen Lebensphase für den Schritt: "Jung genug, um mit Engagement und Idealismus politisch tätig zu sein, dabei aber mit so viel Erfahrung, dass ich genau weiß, welche Knöpfe in Düsseldorf zu drücken sind und wie man dicke Bretter bohrt."

  1. Thorsten Rupp (45), SPD, Wahlkreis Kleve II

Thorsten Rupp aus Emmerich möchte in den Landtag gewählt werden — dafür bräuchte er aber eine kleine Revolution am Niederrhein. Denn sein Wahlkreis, Kleve II, wählt traditionell konservativ, Rupp aber ist Sozialdemokrat. "Nichts ist mehr sicher, auch nicht für die CDU", sagt der 45-jährige Angestellte. Bei der jüngsten Landtagswahl sei es schon knapp gewesen."Am 14. Mai möchte ich den Wahlkreis erstmals für die SPD direkt gewinnen", sagt Rupp.

1988 ist er in die Partei eingetreten, mit 16 Jahren. "Ich mache schon lange Politik im Kreis Kleve und weiß, dass es nicht leicht sein wird, direkt zu gewinnen", sagt er. Politische Erfahrung hat Rupp: Seit Jahren ist er Mitglied des Ausschusses für Gesundheit und Soziales im Kreistag. Es gehe ihm um Themen wie Fachärzteversorgung auf dem Land oder kostenfreie Bildungsangebote von der Kita bis zur Uni.

Themen, für die er sich auch im Landtag einsetzen möchte. "Dialog ist mir wichtig", sagt der Vater dreier Kinder. "Denn nur im Austausch miteinander kann man gemeinsam etwas verbessern."

  1. Lena Zingsheim (23), Grüne, Wahlkreis Mönchengladbach I

Mit 19 beschloss Lena Zingsheim, dass es nicht ausreicht, immer nur herumzumeckern. "Mich hat eine ganze Reihe an Dingen gestört. Vom Schulsystem bis hin zur Tatsache, wie viele Lebensmittel wir wegschmeißen", sagt sie. Also entschied sich Zingsheim, in die Politik zu gehen. Die Grünen — das passt zu ihr.

Heute studiert Zingsheim (23) im vierten Master-Semester Lehramt für sonderpädagogische Förderung. Bildungspolitik ist immer noch das Thema, das sie am meisten umtreibt. Vor zwei Jahren hat sie die Grüne Jugend in Mönchengladbach umgekrempelt, jetzt will sie für den Wahlbezirk Mönchengladbach I in den Landtag.

Ihre Chance, direkt gewählt zu werden, ist zwar denkbar gering, entmutigen lässt sie sich davon aber nicht. "Ich habe die Chance, im Wahlkampf Dinge laut anzusprechen", sagt sie. Zingsheim will das Sprachrohr der Jugend und der Frauen sein. Ihr Alter sieht sie als Chance: "Ich gehe frisch an die Sache heran, bin motiviert und noch nicht so lange im Geschäft wie andere, die bei manchen Themen einfach ihr Programm abspulen."

  1. Frank a Campo (57), FDP, Wahlkreis Viersen I

Der gebürtige Siegerländer Frank a Campo ist in Düsseldorf aufgewachsen und lebt seit über 20 Jahren in Viersen. Campo bezeichnet sich als "einer von hier". der 57-Jährige ist als Mathematiker in der industriellen Forschung tätig, seit 25 Jahren verheiratet und Vater zweier Söhne.

Sein Entschluss, für den Landtag zu kandidieren, rühre von der Erkenntnis her, dass NRW unter Wert regiert werde, sagt Campo. Was die wirtschaftliche Entwicklung angehe, belege NRW für die Zeit nach der Finanzkrise innerhalb Deutschlands den letzten Platz. Wohin man auch sehe: Wachstum, Bruttowertschöpfung, Investitionen, neue unternehmerische Initiativen — überall liege NRW auf dem letzten Platz. Das sei eine politisch gemachte Schwäche.

Die Entscheidungen der Landesregierung hätten den Wirtschaftsstandort NRW geschwächt. Sei Ziel sei ein NRW, das den Menschen Chancen bietet und ihnen den Weg freimacht, statt sie zu gängeln. Er wolle ein NRW, das Wohlstand erwirtschaftet, sagt Campo. Ein NRW, das ein Ort wird, der seinen Kindern die beste Wirtschaft der Welt biete.

  1. Cigdem Kaya (29), Die Linke, Oberhausen II — Wesel I

Die 29-jährige Dinslakenerin kennt sich aus in der Politik. Bereits seit 13 Jahren ist Kaya dort aktiv. "Ich begann sehr früh, die ungerechte Verteilungspolitik des Reichtums in Frage zu stellen", sagt die studierte Politikwissenschaftlerin, die derzeit als Pressesprecherin für die Linke Liste Oberhausen arbeitet.

Dieses Engagement mündete im Jahr 2008 im Parteibeitritt zur Linken. Seit den Kommunalwahlen 2014 sitzt Kaya auch im Dinslakener Stadtrat, in dem sie sich nach eigener Aussage für gerechten Frieden und soziale Gerechtigkeit einsetzt. Nun wurde sie erstmals als Landtagskandidatin im Wahlkreis Oberhausen II — Wesel I aufgestellt. Warum? Die Bürger bräuchten politische Vertreter, die ihr Handeln am Menschen ausrichten, sagt Kaya.

Daher setzt sie ihre thematischen Schwerpunkte in den Bereichen Bildungspolitik und Armutsbekämpfung. "Als Ratsfrau bekomme ich hautnah mit, wie die Kommunen kaputtgespart und die Menschen für die Misere verantwortlich gemacht werden, indem sie die Zeche zahlen dürfen. So wird Armut vor Ort forciert und verstetigt."

(lukra)
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