Haushaltssperre treibt bizarre Blüten "Watergate" in NRW - Nur noch Wasser für Gäste der Staatskanzlei

Düsseldorf · Die Haushaltssperre im hoch verschuldeten NRW treibt bizarre Blüten: Gäste der Staatskanzlei bekommen nur noch Leitungswasser. Die CDU-Opposition spendet Getränke. Die Familienministerin bezahlt Kekse für Gäste selber.

 Finanzminister Norbert Walter-Borjans muss sparen.

Finanzminister Norbert Walter-Borjans muss sparen.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Nordrhein-Westfalen hat jetzt seine eigene "Watergate-Affäre". Anders als in den USA der 70er Jahre sprudeln in Düsseldorf aber keine geheimen Informationen über Amtsmissbrauch der Regierung. In der Staatskanzlei fließt stattdessen Leitungswasser - nur noch Leitungswasser. Kaffee und Brötchen für Gäste sind gestrichen. Grund: Die Anfang Juli verhängte Haushaltssperre des Finanzministers.

Die spartanische Bewirtung hat in dieser Woche teils für Spott, teils für Anerkennung gesorgt. Immerhin schaffte es Regierungschefin Hannelore Kraft (SPD) in die "Gewinner"-Spalte der "Bild"-Zeitung, weil sie Wasser nicht nur predige.

Am Donnerstag sprang die CDU-Opposition auf den Zug und ließ vor der Staatskanzlei medienwirksam 144 Flaschen Mineralwasser anliefern. "Eine Flasche für jede verbleibende Woche bis zum Regierungswechsel im Mai 2017", spottete der Generalsekretär der NRW-CDU, Bodo Löttgen.

Der Zwang, Gäste mit Leitungswasser versorgen zu müssen, sei "ein Tiefpunkt rot-grüner Haushaltspolitik". Immerhin hat NRW mit rund 135 Milliarden Euro den höchsten Schuldenstand aller Bundesländer.

Regierungssprecher Thomas Breustedt stellte sich der Aktion vor den Türen der Staatskanzlei und machte freundliche Miene zum Possenspiel. "Wollen Sie verkosten?", bot Löttgen grinsend an. "Nee, muss nicht", winkte der Staatssekretär ab.

"Sie wissen, dass die Staatskanzlei Spenden nicht annehmen kann - erst Recht nicht von politischen Parteien." Deswegen gingen die zwölf Kisten umgehend an die Düsseldorfer Tafel, parierte Breustedt die CDU-Attacke und schob eine Vertreterin der Hilfsorganisation nach vorne. "Wir freuen uns, dass die CDU so freundlich ist", fügte er mit stoischem Lächeln hinzu und handelte Löttgen vor Kameras und Mikrofonen noch eine Verdopplung der Lieferung ab.

"Die Staatskanzlei hat ordentlich reagiert", musste der CDU-General einräumen. Die Landespartei, die selbst nicht schuldenfrei ist, hatte für ihre Spende nicht in die eigene Kasse gegriffen, sondern ein Mineralwasserunternehmen aus Düsseldorfs Nachbarkreis Mettmann als Sponsor gefundenen.

Die Stadtwerke Düsseldorf können die Aufregung über die Leitungswasser-Karaffen in der Staatskanzlei nicht nachvollziehen. Eine Zumutung für die Gäste sei das kostbare Nass "ganz und gar nicht", meinte Sprecher Michael Pützhofen auf dpa-Anfrage. "Trinkwasser ist das am besten kontrollierte Lebensmittel - absolut einwandfrei."

Familienministerin bezahlt Kekse für Gäste selber

Dass das Leitungswasser in Düsseldorf einen hohen Härtegrad habe, schade niemandem. "Wir geben eine Garantie ab, dass sie Leitungswasser lebenslang zu sich nehmen können ohne Beeinträchtigungen der Gesundheit des Kopfes oder der Glieder."

Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) wird das gerne hören, obwohl die Haushaltssperre nicht lebenslang geplant ist, sondern höchstens bis Jahresende gelten darf. Nötig wurde sie infolge eines Urteils: Verfassungsrichter hatten das rot-grüne Sparmodell für die Beamten-Tarife gekippt.

Jetzt soll die Haushaltssperre einen dreistelligen Millionenbetrag einsparen. Dabei könnte die Bewirtungsbremse durchaus helfen, rechnete Pützhofen vor: "Ein Liter Trinkwasser kostet nur 0,002 Cent - eine Riesendifferenz zu Mineralwasser." Als Tropfen auf den heißen Stein sieht dagegen die CDU die Maßnahme.

Das Spar-Diktat des Finanzminister brachte seine Kabinettskollegin Ute Schäfer (SPD) dazu, ins eigene Portemonnaie zu greifen. Zu ihrer Pressekonferenz ließ die Familienministerin am Donnerstag von ihrem Geld Kekse für die Gäste kaufen. Dass statt Leitungswasser auch noch Kaffee und Säfte auf dem Tisch standen, sei kein Bruch der Catering-Sperre, versicherte ihre Sprecherin mehrfach. "Das sind nur Restbestände."

(lnw)
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