Wirtschaftsunternehmen in NRW Schlechtes Zeugnis für die rot-grüne Landesregierung

Düsseldorf · Wirtschaftsunternehmen lassen in einer Umfrage kein gutes Haar an Rot-Grün: Kaum Verbesserungen beim Ausbau des schnellen Internets, zu viel Bürokratie und zu wenig Sparanstrengungen beim verschuldeten Landeshaushalt.

 Sylvia Löhrmann und Hannelore Kraft bei einer Pressekonferenz (Archivfoto).

Sylvia Löhrmann und Hannelore Kraft bei einer Pressekonferenz (Archivfoto).

Foto: dpa, ve hpl mov

Wäre die Landesregierung ein Schüler, sie würde die Versetzung ins nächste Schuljahr wohl vergessen können: Der Verband "Die Familienunternehmer" hat Firmen aus NRW gebeten, die Landespolitik zu bewerten — das Zeugnis fällt vernichtend aus. Es hagelt Vieren und Fünfen, egal ob es um die Bildungspolitik, Haushalts- oder Wirtschaftspolitik geht. Gesamturteil: mangelhaft.

Die Kritik aus der Wirtschaft trifft die rot-grüne Koalition an einem empfindlichen Punkt: Die Wirtschaft wächst nur mäßig, 2015 stagnierte sie sogar, bei Indikatoren wie Arbeitslosigkeit oder Investitionen liegt NRW unter dem Durchschnitt aller deutschen Bundesländer.

Handwerker bemängeln steigenden Bürokratieaufwand

Seit Langem gibt es daher Kritik aus der Wirtschaft, die Landesregierung müsse mehr tun. Zuletzt polterte etwa Arndt Kirchhoff, Präsident des Arbeitgeberverbands Unternehmer NRW, dass man endlich wieder eine wirtschaftspolitische Debatte über die Zukunft des Standorts brauche. Und als Garrelt Duin die Handwerkskammer Düsseldorf besuchte, lobte deren Präsident Andreas Ehlert zwar die Zusammenarbeit mit dem NRW-Wirtschaftsminister und SPD-Politiker — sah aber gleichzeitig an zahlreichen Stellen der Landespolitik viel Nachbesserungsbedarf.

Die Handwerker bemängelten unter anderem den steigenden Bürokratieaufwand. Bei den Familienunternehmen sieht man das ähnlich: 78 Prozent gaben in der Umfrage an, dass sich dieser seit Beginn der Legislaturperiode 2012 vergrößert habe. Mehr als ein Drittel hatte zudem das Gefühl, dass die Qualität der öffentlichen Verwaltung nachgelassen hat. Insgesamt, so das Ergebnis der Umfrage, finden 58 Prozent der 292 befragten Unternehmer, dass sich der Wirtschaftsstandort NRW seit 2012 verschlechtert habe.

"Die rot-grüne Landesregierung nutzt das Potenzial von NRW nicht, verbucht ihre Leistungen aber trotzdem stoisch als Erfolge und betrügt damit die Wähler", kritisiert Thomas Rick, Landesvorsitzender der Familienunternehmer. Tatsächlich habe die Koalition das Land heruntergewirtschaftet: "Insbesondere wirtschaftspolitisch ist NRW eines der am schlechtesten regierten Länder."

Firmen sehen Verbesserungsbedarf etwa bei Breitbandversorgung

Gerade bei wichtigen Zukunftsthemen wie dem Breitbandausbau oder auch Bildung sehen die Unternehmen Verbesserungsbedarf. Zwar hat Rot-Grün zuletzt verstärkt Fördermittel für den Ausbau von schnellem Internet bereitgestellt und Gewerbegebiete sogar besonders in den Fokus genommen — doch bei den Unternehmen vor Ort ist davon offenbar bislang wenig zu spüren.

So sagen knapp zwei Drittel der Firmen, dass sich die Breitbandversorgung seit 2012 bei ihnen vor Ort nicht verbessert habe. Verglichen mit anderen Bundesländern steht NRW bei der Versorgung mit schnellem Internet generell allerdings relativ gut da, der Vorsprung bröckelt jedoch.

"Kaum ein Land gibt so wenig Geld für Bildung aus wie NRW"

Auch im Bildungsbereich müsse mehr passieren, fordern die Familienunternehmer. Die Landesregierung investiert zwar seit Jahren verstärkt in Bildung; das Projekt "Kein Kind zurücklassen" ist zum Aushängeschild der Regierung von Hannelore Kraft geworden. Und auch Duin betonte bei der Handwerkskammer noch einmal, er glaube an kein politisches Versprechen so sehr wie an "Aufstieg durch Bildung".

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Allein: Am Arbeitsmarkt sind die Erfolge offenbar bislang nicht zu spüren. So sagt jeder zweite befragte Unternehmer, die Vorbildung der Bewerber um einen Ausbildungsplatz sei zu schlecht. 54 Prozent der Befragten sind außerdem der Meinung, die Qualität der gerade von der Schule kommenden Bewerber habe sich seit Beginn der Legislaturperiode 2012 verschlechtert. Nur ein Prozent der Unternehmer findet, sie sei besser geworden.

"Mit dem Slogan 'Kein Kind zurücklassen' hat Frau Kraft sich auf die Fahnen geschrieben, besonders viel im Bereich Bildungspolitik zu machen", sagt Thomas Rick: "Die Zahlen sprechen aber eine andere Sprache — kaum ein Land gibt so wenig Geld für Bildung aus wie NRW." An vielen Stellen würden Lehrer fehlen, die Gebäude seien in einem schlechten Zustand. "Diese Baustellen müssen dringend angegangen werden", sagt Rick — und meint damit nicht nur das Thema Bildung.

(frin)
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