Wuppertal Wohnungen für Flüchtlinge gesucht

Wuppertal · Viele Städte bringen Asylsuchende in Turnhallen, Zelten und Containern unter. Doch das muss nicht sein. Als bundesweites Vorbild bei der Unterbringung gilt Wuppertal. Auch in Mülheim wohnen Flüchtlinge in Wohnungen.

In diesen Wohnkomplex hat die Stadt Mülheim Flüchtlinge einquartiert. Dafür wurde das Gebäude mit Betten und Schränken neu ausgestattet.

In diesen Wohnkomplex hat die Stadt Mülheim Flüchtlinge einquartiert. Dafür wurde das Gebäude mit Betten und Schränken neu ausgestattet.

Foto: imago

Wie immer kam der Anruf unerwartet. Im Wuppertaler Rathaus hatte man nicht damit gerechnet, so schnell wieder etwas von der Bezirksregierung zu hören, bis in dieser Woche das Amtstelefon von Wuppertals Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) klingelte. Man hatte doch gerade erst wieder neue Flüchtlinge bekommen und untergebracht. Und man war damit seiner gesetzlichen Pflicht nachgekommen. Aber der Mitarbeiter der Bezirksregierung, der am Apparat war, hatte eine dringende Bitte. Er wollte wissen, ob Wuppertal kurzfristig noch einmal 150 zusätzliche Flüchtlinge aufnehmen könne. Das Land wäre sehr dankbar. Natürlich könne Wuppertal das, antwortete Jung und sicherte kurzfristige Hilfe zu. "Wir stellen uns der Verantwortung, dass Menschen, die vor Krieg und Not zu uns flüchten, untergebracht und versorgt werden."

Und dabei schlägt Wuppertal einen anderen Weg ein als die meisten Kommunen in NRW: In der bergischen Großstadt muss kein Asylsuchender in Turnhallen, Tragluftzelten, Zeltstädten oder Containerdörfern wohnen. Die Wuppertaler Strategie sieht vor, die Flüchtlinge nach ihrer Ankunft so schnell wie möglich in normale Wohnungen zu vermitteln. "Das hat sich bisher großartig bewährt und hilft uns jetzt bei der Herausforderung, binnen Stunden Platz für die 150 zusätzlichen Menschen zu schaffen", betont der Oberbürgermeister.

Bundesweit gilt Wuppertal bei der Flüchtlingsunterbringung als Vorbild. In keiner anderen Stadt in Deutschland leben so viele Schutzsuchende in Mietwohnungen. Mehr als 80 Prozent der Flüchtlinge leben in der 343 000-Einwohner-Stadt menschenwürdig. Damit zeige die Stadt, dass es möglich ist, auch eine Vielzahl Asylsuchender gleichzeitig vernünftig unterzubringen, lobte der Flüchtlingsrat.

Das Erfolgsprinzip ist denkbar einfach: Die Verwaltung ruft Immobilienbesitzer bereits seit Jahren öffentlichkeitswirksam dazu auf, leerstehende Wohnungen an die Stadt zu vermieten. Die Kommune verteilt die Flüchtlinge dann auf die freien Wohnungen und übernimmt die Miete. "Bei der Verteilung sind wir sehr darauf bedacht, eine mögliche Ghettobildung von Beginn an zu vermeiden", so Stadtsprecher Markus Bien.

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Das Geld für die Anmietungen holt sich die Kommune später vom Land zurück. Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten sei das, betont Bien. Die Flüchtlinge seien froh, weil sie gut untergebracht sind, die Eigentümer der leerstehenden Wohnungen freuen sich über Mieteinnahmen und letztlich profitiere die ganze Stadt, weil damit etwas gegen den Leerstand ganzer Straßenzüge unternommen werde. Außerdem sei es für die Stadt günstiger, als große Gebäude anzumieten und aufwendig umzubauen.

Jan Phillip Kühme ist einer der vielen Wuppertaler Immobilienbesitzer, die Gebäude an die Stadt vermietet haben. In zwei seiner 50 Quadratmeter großen Wohnungen (zwei Zimmer, Küche, Bad) leben jetzt Familien aus Bürgerkriegsländern. "Als ich von der Aktion in der Zeitung las, war für mich sofort klar: Da mache ich mit", sagt der 37-Jährige. Für ihn sei es selbstverständlich, Menschen in Not zu helfen. Ums Geld gehe es ihm dabei weniger. "Das Flüchtlingsproblem kann nur gelöst werden, wenn jeder in der Gesellschaft anpackt, der es kann", sagt er. Nicht nur Bund, Land und Städte seien in der Pflicht, auch jeder Einzelne in der Bevölkerung müsse helfen. "Man muss sich nur selbst mal vorstellen, ein Flüchtling zu sein. Dann will man doch lieber in einer Wohnung wohnen als in einem großen Heim", so Kühme.

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Auch andere NRW-Städte bringen Flüchtlinge in Wohnungen unter wie etwa Mülheim, Remscheid und Leverkusen. Doch keiner Kommune gelingt die Unterbringung nur ansatzweise so erfolgreich wie Wuppertal. Dabei gibt es genügend Städte, die strukturell mit der bergischen Metropole zu vergleichen sind. Duisburg zum Beispiel. Ähnlich wie Wuppertal verfügt auch die Ruhrgebietsstadt über einen hohen Leerstand an Wohnungen. Die Stadt bemüht sich zwar, die Flüchtlinge in diesen Objekten unterzubringen - benötigt aber noch viel Zeit, um die erst wenigen zur Verfügung stehenden Wohnungen herzurichten. Denn es fehlt vor allem - anders als in Wuppertal - in weiten Teilen der Bevölkerung noch an der nötigen Bereitschaft, ausreichend Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

(RP)
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