Düsseldorf Landtag rollt Kölner Bombenattentat neu auf

Düsseldorf · Nach der Sommerpause soll ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt werden.

Mit den Gewalttaten des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) in Nordrhein-Westfalen wird sich nach der Sommerpause ein Untersuchungsausschuss des Landtags befassen. Einem entsprechenden Vorstoß der CDU-Fraktion schlossen sich gestern SPD, Grüne und FDP an; die Piraten hatten schon zuvor einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) gefordert.

Zwar hat sich bereits ein PUA des Bundestags mit der Terrorgruppe NSU befasst, doch er hatte wegen der Wahl dafür nur 15 Monate Zeit. Für die Verbrechen in NRW hätten sogar nur knapp drei Tage zur Verfügung gestanden, sagte CDU-Chef Armin Laschet. Auch Clemens Binninger (CDU), der den Bundestags-PUA geleitet hatte, unterstrich gestern die Notwendigkeit für eine Aufarbeitung der NSU-Verbrechen aus nordrhein-westfälischer Sicht.

Im Mittelpunkt soll laut Laschet die Frage stehen, ob der NSU in NRW Unterstützer hatte. Diese Frage stelle sich besonders im Zusammenhang mit dem Nagelbomben-Anschlag in der Kölner Keupstraße. Vor fast genau zehn Jahren waren dort 22 Menschen zum Teil schwer verletzt worden. Die Täter, die dem NSU zugerechnet werden, hätten genaue Ortskenntnis gehabt, so Laschet: "Hatten sie auch Helfer?" Die Männer wurden zwar auf Videobändern aufgezeichnet, doch "wurden diese Ansatzpunkte nur unzureichend genutzt", heißt es in dem Abschlussbericht des Bundestages.

Unklar ist auch, warum damals die erste Einschätzung des Landeskriminalamtes (LKA), es handle sich um "terroristische Gewaltkriminalität", noch am selben Tag vom NRW-Innenministerium verworfen wurde. Der frühere Innenminister, Fritz Behrens (SPD), hat sich inzwischen für "fatale Fehleinschätzungen" entschuldigt. Offenbar war mindestens einer der Täter zwei Polizeibeamten begegnet, die als erste am Tatort eintrafen. Doch die Polizisten wurden lange Zeit nicht angehört. Laut CDU hätte zudem eine genauere Anfrage des LKA beim Bundeskriminalamt (BKA) Hinweise auf die NSU-Täter Bönhardt und Mundlos geben können, die wegen Sprengstoffdelikten in Thüringen in der BKA-Datei erfasst waren.

Nach Darstellung der CDU hat das LKA auch beim Bombenanschlag in der Kölner Probsteigasse (Januar 2001) nicht gründlich genug recherchiert. Die Täter hatten einen Korb mit einer Christstollen-Dose in den Laden eines Iraners gestellt, in der sich Sprengstoff befand. Beim Öffnen der Dose wurde die 19-jährige Tochter Marshia schwer verletzt. Die Ermittlungsbehörden hätten gemutmaßt, dass eine iranische Organisation hinter dem Anschlag stecken könnte, sagte ein Polizist gestern im Münchener NSU-Prozess.

Die NRW-CDU beklagt hinaus Ermittlungsfehler nach der Ermordung eines türkischstämmigen Kioskbesitzers 2006 in Dortmund. Sie will auch wissen, ob es beim Bombenanschlag 2000 auf dem Bahnhof Düsseldorf-Wehrhahn eine Verbindung zum NSU gab. Rätsel gibt zudem der Tod des ehemaligen V-Mannes "Corelli" in Paderborn auf, der Kontakt zur NSU-Szene hatte und für den Verfassungsschutz tätig war. Nach seiner Enttarnung 2012 im Zuge des NSU-Prozesses stand er unter Zeugenschutz. Er starb im April. Todesursache: "Unerkannte Diabetes-Krankheit".

(RP)
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