Streik-Pause Lokführer wollen sieben Tage arbeiten

Düsseldorf · Der Bahnstreik führte am Wochenende zu chaotischen Zuständen: Urlauber saßen auf ihrer Rückreise auf Bahnsteigen fest, Fußballfans kamen nicht in die Stadien. Gestreikt wird frühestens in einer Woche wieder.

Für den Kölner Taxifahrer Ahmed Basharat ist der Bahnstreik eine absolute Katastrophe. An normalen Tagen hat der 53-Jährige alle 20 bis 30 Minuten einen Fahrgast. Aber der Streik beschert ihm Langeweile: Die Leute kommen erst gar nicht am Hauptbahnhof an oder fahren selbst mit dem Auto, sagt er.

Nicht nur Taxifahrer litten unter den Streiks der Lokomotivführer. Gestrandete Urlauber, wütende Fußballfans, wartende Pendler: Der bundesweite Bahnstreik stellte Reisende auch in Nordrhein-Westfalen vor eine enorme Geduldsprobe. Durch das Ende der Herbstferien und die Bundesliga-Partien traf es das bevölkerungsreichste Bundesland vor allem am Samstag besonders hart. Lange Schlangen vor den Informationsschaltern der Bahn und die zermürbende Suche nach Ausweichmöglichkeiten waren die Folge.

Nach dem chaotischen Streik-Wochenende können die Fahrgäste erst mal aufatmen. Der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, kündigte eine siebentägige Streikpause ab heute an. Bei der Bahn versprach man gestern, dass der Berufsverkehr heute "weitgehend gesichert" sei. "Unser Ersatzfahrplan greift zuverlässig und ist stabil", sagte ein Bahnsprecher. Das gelte für den Fern- wie für den Regionalverkehr.

Seit dem frühen Samstagmorgen standen die meisten Züge still. Rund zwei Drittel aller Fernzüge fielen aus, im Regional- und S-Bahn-Verkehr galt ein Notfahrplan. Die Gewerkschaft GDL hatte ein neues Angebot der Deutschen Bahn im Tarifkonflikt in der Nacht zum Samstag abgeschmettert.

Wie im gesamten Bundesgebiet fuhr darum nur ein Drittel der Fernzüge. Zahlreiche Regionalverbindungen hatte die Bahn komplett gestrichen, darunter die Regional-Express-Linie 4 von Aachen nach Dortmund und den RE 7 von Krefeld nach Rheine. Andere vielgenutzte Linien fuhren auf verkürzten Strecken und weniger häufig als üblich. S-Bahnen fielen ganz aus oder fuhren nur im Ein-Stunden-Takt. Nicht nur Urlaubsheimkehrer traf der Streik hart. Auch Fußballfans hatten Mühe, die Stadien in Köln und auf Schalke zu erreichen oder gar ihre Mannschaft zu Auswärtsspielen zu begleiten. Zwar sollte ein Ersatzfahrplan wichtige Fernstrecken, etwa die von Köln nach Berlin, bedienen, doch auch die Sonderzüge wurden von der GDL bestreikt. Die Deutsche Bahn warnte: "Die An- und Abreise der Fans zu den Stadien kann durch die DB nicht sichergestellt werden."

Viele Reisende nutzten Alternativen. Starke Nachfragen nach Mietwagen und Fernbussen waren am Samstag die Folge. Nach Angaben einer Sprecherin des Unternehmens "Meinfernbus" sind für das Streikwochenende mehr als dreimal so viele Buchungen wie sonst eingegangen. Durch die hohe Fernbus-Nachfrage stiegen auch die Ticket-Preise. Die Lokführergewerkschaft GDL bekräftigte, ihren Streik bis heute Morgen durchziehen zu wollen. Die Gewerkschaft erwarte "verhandelbare Angebote" der Bahn, hieß es. Das Angebot der Bahn vom Freitag sieht für die Lokführer eine dreistufige Einkommenserhöhung um insgesamt fünf Prozent bei einer Vertragslaufzeit von 30 Monaten vor.

Vorbedingung der GDL für Verhandlungen mit der Bahn ist es, nicht nur für die Lokführer, sondern auch für das übrige Zugpersonal wie Zugbegleiter oder Bordgastronomen zu verhandeln. Für diese Berufsgruppen führt jedoch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG federführend die Gespräche.

GDL-Chef Weselsky fühlt sich nach dem Streikwochenende weiter gefestigt in seiner Position und bestärkt in seinen Forderungen. Doch angeblich ist die Unterstützung in den eigenen Reihen nicht so groß wie von ihm selbst immer behauptet. Könnte die GDL bei ihrer Urabstimmung zum Streik sogar geschummelt haben? Die Gewerkschaft bestreitet das. "Nach der Arbeitskampfordnung und der Satzung der GDL ist die Urabstimmung rechtens und absolut wasserdicht", teilte ein Sprecher mit. Demnach hatten sich 91 Prozent der abstimmenden Mitglieder für einen Arbeitskampf ausgesprochen. Die "Bild am Sonntag" hatte berichtet, es bestünden Zweifel, ob wirklich die erforderliche Mehrheit zustande kam. Anstatt der notwendigen 75 Prozent Zustimmung hätten mutmaßlich nur knapp 74 Prozent für den Streik votiert. Dies hätten Berechnungen des Arbeitsrechtlers Manfred Löwisch ergeben.

(csh/dpa)
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