Düsseldorf NRW-Grüne: Die AfD ist gemeingefährlich

Düsseldorf · Landeschef Sven Lehmann ist für die Beobachtung durch den Verfassungsschutz.

Die Alternative für Deutschland (AfD) ist nach Einschätzung von Grünen-Landeschef Sven Lehmann "menschenfeindlich und in Teilen gemeingefährlich". Er begründet dies damit, dass die AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry und NRW-Chef Marcus Pretzell von Waffeneinsatz zur Grenzsicherung gesprochen hätten. "Das ist widerlich", so Lehmann im Interview. Daher wäre es richtig, wenn der Verfassungsschutz die AfD unter die Lupe nähme.

Bei öffentlichen Diskussionen wollten die Grünen der AfD nicht die Bühne überlassen, betonte der Grünen-Politiker: "Sie reden zum Teil als Biedermänner, sind aber Brandstifter." Dies müsse entlarvt werden: "Wir werden dem nicht ausweichen." Auf die Frage, ob Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) ausweiche, sagte Lehmann: "Ich kann verstehen, dass sie nicht gern mit Rassisten diskutiert. Jede Partei entscheidet das aber für sich. Wir Grüne haben von Anfang an auf Konfrontation mit der AfD gesetzt."

Er sei davon überzeugt, dass NRW auch in diesem Jahr wieder wie 2015 rund 250.000 Flüchtlinge aufnehmen könne, erklärte Lehmann. "Wir setzen dabei auf den Staat und die große Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung. Das bringt mehr als Debatten um Obergrenzen und Abschreckung. Im Übrigen ist der Bund in der Pflicht, für schnellere Asylverfahren zu sorgen." Bei der Integration der Flüchtlinge herrsche bisher Fehlanzeige: "Das ist geradezu Arbeitsverweigerung der Bundesregierung."

Trotz zunehmender Übergriffe auf Flüchtlingsheime in NRW ist der Grünen-Chef skeptisch hinsichtlich Video-Überwachung dieser Heime: "Ich hoffe, dass das nicht nötig sein wird. Ich setze auf eine starke Präsenz von Sicherheitskräften und Polizei vor den Flüchtlingsheimen." Video-Überwachung sei ein Eingriff in die Privatsphäre und biete häufig nur Scheinsicherheit. Auch bei der Frage nach Körperkameras (Body-Cams) für Polizisten lehnten die Grünen "Schnellschüsse" ab. Erst müsse das Länder-Pilotprojekt abgewartet werden. Die rechtliche Frage sei zudem, was mit Body-Cams bezweckt werde: "Geht es um den Schutz der Polizei oder der Bürger?" In den USA sollten die Bürger mit BodyCams "vor rassistisch motivierten Übergriffen der Polizei geschützt werden". Auf die Frage, ob eine solche Betrachtung angesichts der zunehmenden Attacken auf Polizeibeamte in NRW nicht weltfremd sei, sagte Lehmann, es gebe bislang keine wissenschaftlich haltbaren Belege, dass solche Kameras zur Abschreckung von Gewalt gegen Polizeibeamte dienten.

Der Grünen-Landesvorsitzende zeigte sich in hohem Maße beunruhigt über die veralteten Atomkraftwerke in Belgien, die schon mehrfach abgeschaltet werden mussten: "Das sind tickende Zeitbomben. Wir können das nicht länger hinnehmen." Die Grünen hätten schon vor Jahren, als Rissbildungen an den Druckbehältern bekanntgegeben worden seien, die sofortige Abschaltung der Schrott-Reaktoren in Tihange und Doel gefordert. Er begrüße es, dass Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD), die anfangs zu zögerlich gewesen sei, endlich aktiv werde. Aber letztlich sei dies eine europäische Angelegenheit: "Die EU muss einschreiten. Strahlung kennt keine Grenzen."

Lehmann bekräftigte, dass die Grünen einen schnelleren Ausstieg aus der Braunkohle-Förderung wollten als die SPD: "Nach der Weltklimakonferenz von Paris sollten wir schnell, aber sozialverträglich aussteigen. Hier stehen wir Grüne der Bundesumweltministerin näher als der NRW-SPD."

Das Interview mit Sven Lehmann im Wortlaut unter www.rp-online.de/lehmann

(hüw/kib/tho)
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