Düsseldorf Opposition unterstellt Betrug am Wähler

Düsseldorf · Können die Versprechen des Koalitionsvertrages wirklich ohne Mehreinnahmen finanziert werden?

In ihren Wahlprogrammen haben CDU und FDP erklärt, dass geplante Mehrausgaben zwingend durch Einsparungen an anderer Stelle finanziert werden müssten. Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag taucht diese Selbstverpflichtung nicht mehr auf.

Die Opposition im Landtag ist "fassungslos, wie unprofessionell mit den Wahlversprechen umgegangen wird", wie Grünen-Fraktionschefin Monika Düker gestern erklärte. Sie rechnete vor, warum die neue Landesregierung ihre Zusagen nicht einhalten könne: "Die Wahlversprechen von Schwarz-Gelb kosten mindestens drei Milliarden Euro. Entweder sie werden in großen Teilen wieder kassiert, oder die Landesregierung muss sie zu großen Teilen eben doch über Mehreinnahmen finanzieren, die dann aber nicht wie angekündigt in den Schuldenabbau fließen."

In der Tat verspricht die Landesregierung im Koalitionsvertrag etliche Wohltaten: Aufstockung der Polizei, mehr Geld für Kinderbetreuung, mehr Lehrer und Justizangestellte, mehr Geld für Hochschulen, Infrastruktur, Forschung, Pensionsfonds und Digitalisierung. In der Öffentlichkeit hat sie bislang kaum erklärt, was das kostet. Zugleich will sie für Freibeträge bei der Grunderwerbssteuer auf Einnahmen verzichten. NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) bittet um Geduld. Er sagte gestern unserer Redaktion: "Wir arbeiten über den Sommer an einer vollständigen Bestandsaufnahme des uns von der Vorgängerregierung überlassenen Haushalts. Wir überprüfen bei der Bestandsaufnahme den Haushalt also auch auf vorhandene Risiken und Buchungstricks der Vorgängerregierung. Danach legen wir dann das Ergebnis in Form eines Nachtragshaushalts dem Landtag vor."

Im Wahlprogramm der CDU hieß es auf Seite 37: "Bei notwendigen Mehrausgaben (...) ist strikt darauf zu achten, dass ihre Finanzierung durch Einsparungen an anderer Stelle dauerhaft gesichert ist." Im Wahlprogramm der FDP heißt es auf Seite 37: "Neue Ausgaben müssen durch bestehende Steuereinnahmen oder Einsparungen in anderen Bereichen finanziert werden." Auf die Frage, warum von dieser Selbstverpflichtung im Koalitionsvertrag nicht mehr die Rede ist, antwortete Lienenkämper: "Wir haben alles solide durchgerechnet. Die Aussage gilt, dass notwendige Mehrausgaben für Bildung, Innere Sicherheit und Digitalisierung im Laufe der Legislaturperiode an anderer Stelle finanziert werden."

Auch drei haushaltspolitische Kernforderungen der CDU, die sie als Oppositionspartei gerne und oft wiederholte, finden sich im Koalitionsvertrag nicht wieder: Die Wiedereinführung der Studiengebühren, die Abschaffung des beitragsfreien Kindergartenjahres und die Streichung des Sozialtickets. Die neue Regierung führt zwar Studiengebühren ein, allerdings nur für Nicht-EU-Ausländer. Kindergärten sollen langfristig sogar komplett beitragsfrei sein.

(tor)
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