Karneval in NRW Alaaf-Helau-Äquator spaltet das Rheinland

Monheim · Der Süden orientiert sich im Karneval nach Köln, der Norden nach Düsseldorf. Entsprechend sind die Vorlieben beim Bier. Örtlich gibt es eine Vielzahl von Besonderheiten links und rechts des Rheins.

Karneval in NRW: Alaaf-Helau-Äquator spaltet das Rheinland
Foto: Carla Schnettler

Nina Donaubauer (33) hat es in den närrischen Tagen nicht leicht. Sie ist Lehrerin an der Hermann-Gmeiner-Grundschule in Monheim am Rhein. Auf dem Weg von ihrem Wohnort, dem bergischen Witzhelden, zur Arbeit muss sie täglich den Alaaf-Helau-Äquator überwinden. Daheim ist sie eher dem Kölner Karneval zugetan, beruflich muss sie sich Düsseldorf nähern. Ein schwerer Gang.

Aus der persönlichen, weltanschaulichen Not macht Nina Donaubauer aber eine Tugend. Im Karnevalskomitee ihrer Schule macht sie sich um die Völkerverständigung verdient. Sie und ihre Kolleginnen betrachten sich als kleines "Missionswerk rheinischer Frohsinn", das dafür sorgt dass die Kinder zur Sitzung gehen und das Prinzenpaar in die Schule kommt. "Wir rufen bei uns jetzt Alaaf und Helau", sagt sie. "Am Anfang wurden wir auf den Sitzungen komisch angeguckt, aber mittlerweile werden wir akzeptiert."

Die Alaaf-Helau-Grenze, die Nina Donaubauer überwinden muss, wenn sie nicht wie jetzt in Elternzeit ist, trennt das Rheinland — und ist nahezu deckungsgleich mit dem Kölsch-Alt-Äquator an der Theke und im Getränkeshop. Im Osten kommt er aus dem Bergischen Land, wo Radevormwald, Hückeswagen und die Wermelskirchener Karnevalshochburg Dabringhausen Alaaf rufen, wo sich Lennep aber zum Helau bekennt. Leichlingen, der Langenfelder Stadtteil Reusrath und Leverkusen schlagen sich auf die Kölner Seite. Auf der linken Rheinseite wird es kompliziert. Der Dormagener Stadtteil Stürzelberg ruft Helau, Rest-Dormagen Alaaf.

Hinzu kommt eine Vielzahl an Sonderrufen. Das Erkelenzer "Maak Mött" zum Beispiel, das Rheydter "All Rheydt" oder das Mönchengladbacher "Halt Pohl", das sich 1936 bei einem Wettbewerb gegen 1042 andere Vorschläge durchsetzte. "Halt die Stange", heißt das und meint ungefähr "Halt dich aufrecht."

In Tönisvost gibt es neben dem für den Krefelder Raum klassischen Helau auch noch das "Klappertüt". Schöpfer soll der Heimatbund-Ehrenvorsitzende von St. Tönis, Otto Merkelbach, sein. Als er in den 1930er Jahren bei einem Turnfest wegen seiner rheinischen Herkunft gefragt wurde, was denn der Karnevalsruf seines Heimatortes sei, wollte er nicht zugeben, dass es außer dem allgemeinen Helau keinen typischen Tönisvorster Narrenruf gebe. Spontan fiel ihm das St. Töniser "Nationalgericht" mit dem lustigen Namen "Klappertüt" ein. Gemeint ist Panhas, ein Brei aus Wurstbrühe, Buchweizenmehl und Speckstückchen. Das Wort wurde so populär, dass es bis heute noch ausgiebig benutzt wird.

Die Rommerskirchener kokettieren mit der Grenzlage. Die Frage "Alaaf oder Helau?" beantworten sie seit 1954 schon mit einem beherzten und die Regionen verbindenden Alau. Entsprechend verordnete das Langenfelder Ehepaar Franz — er ist gebürtiger Kölner, sie gebürtige Helau-Langenfelderin — der IG Jecke Familien in Reusrath das "Helaaf". Sogar das Festkomitee Kölner Karneval findet, dass "das eine wunderbare Sache zur echten Karnevalsverständigung ist". Ganz im Sinne von Nina Donaubauer, der Pendlerin über den Äquator.

(RP)
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