Brauchtum in NRW Gemeinde sucht St. Martin per Inserat

Düsseldorf · In Alpen-Bönninghardt musste der St.-Martin-Darsteller aus beruflichen Gründen absagen. Kurzerhand wurde im Internet nach einem Ersatz gesucht - und gefunden. Drei kleine Martinsgeschichten aus der Region.

St. Martin Düsseldorf 2023: Alle Termine der Martinszüge
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Die Martinszüge 2023 in Düsseldorf

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Foto: Bretz, Andreas (abr)

In diesen Tagen ziehen in Nordrhein-Westfalen in fast jeder Stadt wieder Kinder mit Laternen singend durch die Straßen. Besonders beliebt sind die Martinszüge im Rheinland, wo die Tradition immaterielles Weltkulturerbe der Unesco werden soll. Die Vorbereitungen auf das Fest dauern oft monatelang. Nicht immer läuft alles nach Plan.

Alpen Die Not war groß auf dem schmalen Höhenzug Bönninghardt in der niederrheinischen Gemeinde Alpen. Der Tag des Martinszuges rückte näher, die Laternen waren gebastelt, die Lieder eingeübt und die Vorfreude bei den Kindern im Dorf war groß. Nur das örtliche Martinskomitee konnte die Vorfreude nicht so recht teilen. Denn ihm war der Heilige Martin plötzlich abhanden gekommen - aus ganz weltlichen Gründen. Hendrik Betten, der dem Fackelzug in den vergangenen Jahren stets im wehenden roten Mantel vorangeritten war, musste aus beruflichen Gründen absagen. Florian Spettmann, Vorsitzender des örtlichen Martinskomitees, schaltete daraufhin mit seinem Freund Marc Torke eine Art Stelleanzeige im Internet. Das Anforderungsprofil lautete: Nach Möglichkeit männlich sein, sicher auf dem Pferd und ohne Scheu vor großem Publikum die Szene mit der Mantelteilung zu spielen. Das Inserat hatte Erfolg: Eine Frau aus Bönninghardt rief einen Bekannten in Oberhausen an. Und der hat ihr noch am Telefon zugesagt, die Rolle des St. Martin zu übernehmen. So steigt er nun am Freitag in den Sattel. Die Originalbesetzung wird es dann im nächsten Jahr wieder geben.

Hitdorf Heinz Brinkschulte hat kein Pferd mehr. Aber im Dorf wird er trotzdem immer der Sankt Martin bleiben. In Hitdorf zogen Generationen von Kindern mit ihren Laternen hinter ihm her. 63 Mal saß Brinkschulte als Sankt Martin auf dem Pferd. Bis vergangenes Jahr. Die Grundschulen wollen ihn nicht mehr als Sankt Martin, erzählt der agile Mann: Wahrscheinlich halten sie ihn für zu alt. Zuletzt stieg der heute 84-Jährige mit Hilfe eines Stuhls aufs Pferd, "aber nur weil, das mit dem Kostüm so schwer ist. Ansonsten geht das auch ohne." Er muss das nicht beweisen. Die beiden Schulleiterinnen der Grundschulen im Dorf haben da wohl ihre Zweifel. "Die haben mich gefragt, ob ich denn überhaupt noch gesund genug sei", erzählt Brinkschulte. "Wahrscheinlich gesünder als Sie beide zusammen", habe er geantwortet. Die Schulen machen jetzt ihr eigenes Ding, ohne ihn. Das Martinskommitee im Dorf hat sich aufgelöst, angeblich nach Querelen mit den Schulen. Die Schulleiterinnen wollen dazu nichts mehr sagen.

Hückelhoven Sie freut sich darauf, hoch zu Ross unterwegs zu sein. Auf die vielen Kinder, deren Augen mit den farbenprächtigen Laternen um die Wette leuchten werden. Und auf das traditionelle Verteilen der Weckmänner, das genauso dazu gehört wie die Szene, in der St. Martin seinen Mantel mit dem armen Bettler teilt. Mit Denise Rattinger (22) wird es erstmals einen weiblichen St. Martin in der Region Heinsberg geben. "Ich kenne die Strecke gut, war selbst als Kind immer dabei", sagt die 22-Jährige. Lampenfieber werde sie deshalb nicht haben. Sie tritt in die Fußstapfen ihres Vaters Frank Rattinger und ihres Opas Max Peter Tetz. Angefangen hatte alles 1971. Damals stand der Schaufenberger Bürgerverein plötzlich ohne St.-Martin-Darsteller da - und Max Peter Tetz übernahm die Rolle. Bis 1985 stand er in den Diensten des Bürgervereins. Als er sich die Hand brach, trat Frank Rattinger die Nachfolge seines Schwiegervaters an. Von 1986 bis 2016 war er im Einsatz. Jetzt übernimmt seine Tochter.

(RP)
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