Diebesbanden unterwegs Altkleider-Mafia leert Container

Düsseldorf · Der Verkaufspreis pro Tonne Altkleider liegt bei 350 Euro. Professionell organisierte Diebesbanden haben die entsprechenden Sammelbehälter für lukrative Geschäfte entdeckt.

 Allein in Moers räumten vor wenigen Tagen Kriminelle 42 Container aus.

Allein in Moers räumten vor wenigen Tagen Kriminelle 42 Container aus.

Foto: sug

Bundesweit klagen gemeinnützige Organisationen und Kommunen derzeit über einen zunehmenden Diebstahl von Altkleidern. Allein in Moers räumten vor wenigen Tagen Kriminelle 42 Container aus. "Die Firma, die für uns die Behälter leert, steht mittlerweile quasi täglich vor ausgeräumten Boxen", sagte Ulrich Kempken vom regionalen Dienstleistungsunternehmen Enni, das im Auftrag der Stadt Moers die Altkleiderboxen aufstellt. Die Kommune schätzt den Schaden auf mindestens 10.000 Euro.

Von den Tätern in Moers fehlt bislang jede Spur. Ein Augenzeuge will an einem der Tatorte aber ein Fahrzeug mit einem ausländischen Kennzeichen wegfahren sehen haben. Die Ermittler gehen von einer organisierten Bande aus, die zuvor in anderen Städten am Niederrhein aktiv gewesen sein könnte. Bei den Dieben handelt es sich der Polizei zufolge nicht selten um osteuropäische Tätergruppen aus Rumänien, Bulgarien und Serbien, die für diese und andere Taten eigens nach Deutschland einreisen. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) spricht in dem Zusammenhang bereits von einer Altkleider-Mafia. "Manchmal sind es aber auch hier ansässige Familienclans, die die Beutel aus den Behältern für den Eigenbedarf holen", so ein Polizist. Letzteres sei etwa in Städten wie Duisburg und Dortmund der Fall, in denen Zehntausende Armutsflüchtlinge leben.

Das Geschäft mit der gebrauchten Wäsche ist lukrativ. Branchenkenner schätzen, dass in Deutschland jedes Jahr insgesamt bis zu 800 Millionen Euro Umsatz mit diesen Textilien gemacht werden. Das DRK gibt an, jährlich bis zu 13,5 Millionen Euro mit dem Verkauf gebrauchter Kleidung zu erzielen. Ein Behälter fasst zwischen 300 und 400 Kilogramm an Kleiderspenden. "Der Weltmarktpreis liegt derzeit bei 350 Euro pro Tonne", erklärt Thomas Ahlmann, Sprecher des Verbandes Fairwertung, in dem sich gemeinnützige Altkleidersammler zusammengeschlossen haben.

Der Bevölkerung sei die Dimension des Marktes oftmals gar nicht bewusst, so Ahlmann. So würden jährlich eine Million Tonnen Bekleidung in Deutschland zu Altkleidersammlungen gegeben. Gemeinnützige und gewerbliche Sammler verkaufen die Textilien in der Regel ungeöffnet an Textilsortierbetriebe. "Die Spenden übersteigen den Bedarf in Deutschland um ein Vielfaches", sagte der Verbandssprecher weiter.

Die Kriminellen räumen die Container aber nicht nur leer, sondern stehlen sie auch ganz und stellen sie woanders illegal wieder auf. "Wir schätzen, dass es bundesweit über 10.000 nicht genehmigte Container gibt", sagt Ahlmann. "Es ist nicht einfach zu erkennen, wer tatsächlich hinter einer Sammlung steckt und davon profitiert", betont der Fachmann. So wurden im vergangenen Jahr allein im Berliner Bezirk Mitte 65 unerlaubt aufgestellte Container entfernt. Auch wenn der Polizei dieses Kriminalitätsphänomen seit längerer Zeit bekannt ist, können die Sicherheitsbehörden nicht sagen, wie viele Fälle es genau gibt. "Wir führen keine Datenbank, in der diese Delikte explizit aufgeführt werden", sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamtes.

Auch Kommunen sehen in den Textilien seit einiger Zeit eine zusätzliche Einnahmequelle. Einige Städte und Gemeinden haben eigene Sammelsysteme aufgebaut. "Die Erlöse aus der Vermarktung der Altkleider kommen den Bürgern zugute. Sie werden genutzt, um die Gebühren zu stabilisieren", sagt der Vizepräsident des Verbands kommunaler Unternehmen, Patrick Hasenkamp.

(RP)
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